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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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sagte er, zog eine Grimasse und rieb sich den Kopf, und Aziz murmelte: » Zu früh für Abfahrt.« Beide Männer machten es sich wieder bequem, und ich ging ins Haus zurück, um zu frühstücken. Zu dem Pfefferminztee gab es das mir inzwischen vertraute ungesäuerte Brot mit Feigenmarmelade.
    Ich wartete bis nach sieben Uhr, als von der Straße bereits vielfältige Geräusche hereindrangen: von Männern mit Handwagen, Kamelen und Eseln und kleinen Jungen, die mit Holzstöcken Ziegen vor sich hertrieben. Dann ging ich abermals zum Wagen hinaus. Es war mir schleierhaft, wie Mustapha und Aziz bei diesem Lärm schlafen konnten. Als es mir schließlich gelang, sie zu wecken, setzten sie sich auf und zogen eine mürrische Miene. Doch Mustapha schlurfte ins Haus und holte meine Koffer, um sie wieder neben Aziz zu verstauen, der zwar aufrecht, aber noch immer mit geschlossenem Auge auf dem Sitz saß. Über Nacht waren seine Bartstoppeln beträchtlich gewachsen. Bis zu unserer Ankunft in Marrakesch, so vermutete ich, würde er womöglich einen Vollbart haben.
    Als wir losfuhren, fragte ich Aziz, ob sie die ganze Nacht im Wagen geschlafen hätten.
    » Ein bisschen, Madame«, sagte er. » Zuerst haben wir Häute verkauft. Dann tanken, essen, Freunde besuchen. War gute Nacht. Lalla Huma auch gut zu Ihnen? Sie auch eine gute Nacht haben?«
    » Ja«, sagte ich lächelnd. » Ja, danke, Aziz.«
    Ich hatte mich einigermaßen vom Straßenstaub und -schmutz befreien können, ein herzhaftes Mahl eingenommen und tief geschlafen. Zwar hatte ich mich einsam gefühlt und traurig, doch das war seit der letzten Nacht, die ich mit Etienne verbracht hatte, im Grunde nichts Neues für mich.
    » Wo lebt Ihre Familie, Aziz?«, fragte ich.
    » Settat. Wie Mustapha.«
    Ich hatte keine Ahnung, wie groß Settat war und ob es dort ein ähnliches Haus wie das von Lalla Huma gab, in dem ich übernachten konnte, oder ob ich bei Aziz oder Mustapha und ihrer Familie wohnen würde.
    » Heute ich sehe Frauen und Kinder. Sie einen Monat nicht gesehen. Ich fahre an viele Orte mit Mustapha.«
    Hatte er » Frauen« gesagt? Von Etienne wusste ich, dass Muslime bis zu vier Frauen haben konnten. » Wie viele Kinder haben Sie?«
    Er lächelte stolz. » Sechs. Vier von erste Frau. Zwei von zweite Frau. Aber sie ist jung, zweite Frau. Mehr Kinder werden kommen. Inschallah.«
    » Und Mustapha?«, fragte ich, indem ich den Fahrer anschaute. » Haben Sie auch zwei Frauen?«
    Mustapha schüttelte den Kopf, und seine Mundwinkel bogen sich nach unten. Er hob den Zeigefinger.
    » Mustapha haben kein Glück. Er kein Geld für zweite Frau. Aber vielleicht bald Schicksal ihm geben noch eine Frau.« Aziz sagte etwas auf Arabisch zu Mustapha, und der zeigte ein schiefes Lächeln.
    » Ihr Mann«, sagte Aziz zu mir, » warum lassen seine Frau allein nach Marrakesch reisen?«
    » Ich bin nicht verheiratet.«
    Er runzelte die Stirn und schüttelte ungläubig den Kopf. » Quoi?«, sagte er und zog das Wort in die Länge. » Was?«, wiederholte er. » Warum keinen Ehemann?«
    Ich atmete tief ein. » Vielleicht … vielleicht weil ich kein Glück hatte, so wie Mustapha.« Diese Frage war mir noch nie gestellt worden.
    Aziz nickte traurig. » Das nicht gut. Ich bete für Sie, Madame. Ich bete, damit Sie Mann bekommen. Sie wollen, dass wir Sie zu Schrein bringen? Auf Weg nach Marrakesch wir an Gräbern von Heiligen vorbeikommen.«
    » Nein, aber trotzdem danke, Aziz.« Ich drehte den Kopf zur Seite, um aus dem Fenster zu schauen. Aziz verstand die Geste und lehnte sich schweigend auf seinem Sitz zurück.
    Von Sale aus folgten wir der Straße bergab in Richtung Flussmündung, wo ich eine Art Dampfboot sah, das am Ufer festgemacht hatte.
    » Wir müssen Bou-Regreg passieren«, erklärte Aziz, und während unser Wagen langsam in Richtung der Landebrücke rollte, betrachtete ich neugierig die Menschenmenge, die sich versammelt hatte und offenbar ebenfalls den Fluss überqueren wollte, um nach Rabat zu gelangen. Da waren die unvermeidlichen Kamele, Esel und Ziegen, ebenso wie Scharen von Frauen in ihren weiten Gewändern mit Kleinkindern, die vorn aus ihren Falten oder aus einem Tuch auf ihren Rücken lugten; kleine Kinder, die sich an die Röcke ihrer Mütter klammerten.
    Ein großer Mann in einem Gewand aus burgunderroter und blauer Seide saß auf einem Esel, der viel zu klein für ihn war und dessen Zügel von einem hochgewachsenen Mann mit dunkler, glänzender Haut in einem schlichten

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