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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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weißen Gewand gehalten wurden.
    Als das Dampfboot so dicht gepackt war, dass auch nicht mehr eine Ziege, geschweige denn ein weiterer Passagier Platz gefunden hätte, wurden wir endlich über den braunen Fluss transportiert. Die kurze Fahrt war erfüllt vom Lärm der Tiere mit ihren verschiedenen Lauten – den Schreien der Esel, dem Blöken der Schafe und dem Meckern der Ziegen – sowie Kindergeschrei, den hohen Stimmen der Frauen, die schnell sprachen, und dem tieferen Gemurmel der Männer. Unser Wagen war der einzige auf der Fähre, und ähnlich wie in Larache starrte man mich unverblümt an. Eine Frau bückte sich, um in den Wagen zu spähen, und zischte etwas durch ihren Schleier hindurch, während sich ihre Augen zu Schlitzen zusammenzogen.
    Ich wich vom Fenster zurück und lehnte mich zu Mustaphas Seite hinüber. »Was hat sie gesagt?«, fragte ich, an Aziz gewandt.
    » Frauen denken, Sie schlecht, weil Sie alle Männer Ihr Gesicht zeigen.«
    Von da an hielt ich mein Gesicht geradeaus gerichtet und blickte nicht nach links und rechts. Ich war heilfroh, als wir das gegenüberliegende Ufer erreichten und in Richtung Casablanca weiterfuhren.
    Das Rif-Gebirge war schon unserem Blick entschwunden, ehe wir Sale erreichten, doch nun konnte ich weit im Osten die Umrisse anderer Berge erkennen.
    » Atlasgebirge«, erklärte Aziz. » Aber nicht Hohe Atlas. Kleiner. Hohe kommen später, bei Marrakesch. Hohe Atlas.«
    Die Straße folge der Küstenlinie des Atlantiks. Ich sah zu, wie die Sonnenstrahlen auf dem Wasser tanzten und die Möwen blitzschnell herabstießen. Auch hier war die Küstenlandschaft durchzogen von Olivenhainen und Orangenplantagen und die Luft frisch und rein. Die Ebene schien fruchtbar zu sein.
    » Werden wir nach Casablanca hineinfahren?«, fragte ich, doch Aziz schüttelte den Kopf.
    » Nein, nicht nach Casa. Zu groß, zu viele Menschen, schlecht zu fahren. Straße führen an Stadt vorbei.«
    Wir passierten Casablanca auf der Küstenseite. Es lag groß und weiß und prächtig da, ein Meer aus Minaretten, Türmen und Befestigungsmauern. Wir ließen die herrlich anzusehende Stadt hinter uns und kehrten auch dem Atlantik den Rücken, indem wir in Richtung Landesinnere weiterfuhren, nach Marrakesch.
    Eine Stunde später hielten wir vor der Mauer eines kleinen Lehmdorfs. » Wir essen«, sagte Aziz und bedeutete mir auszusteigen.
    Erst da fiel mir das kleine Gebäude mit dem Wellblechdach auf. Zwei Männer standen an einem Kohlebecken mit Bratrost; beim Näherkommen erblickte ich eine verrußte Pfanne, in der in einer Fettlache Eier brieten. Schwärme blauer Fliegen schwirrten gefährlich nah über dem heißen Dunst. In der Nähe lag ein altes Kamel, die schwieligen Knie angewinkelt, und starrte uns mit hochmütigem Blick an, während es hin und wieder brummte und spuckte. Der Geruch, den es verströmte, überlagerte den der Spiegeleier.
    Ich stand neben Mustapha und Aziz und schaufelte aus meinem Blechteller mit großen Brotstücken die fetttriefenden Eier in den Mund. Mustapha ging zum Wagen zurück und kam mit einer Tüte klebriger Feigen sowie einer Tüte Oliven zurück. Die Männer an dem Kohlegrill kochten Pfefferminztee für uns; ich trank ihn aus einer verbeulten Blechtasse. Dann stiegen wir wieder in den Wagen. Mustapha und Aziz hatten die Mahlzeit offensichtlich sehr genossen, denn sie rieben sich die Bäuche und rülpsten ausgiebig. Ich hingegen hatte noch immer den öligen Geschmack der Eier im Mund, obwohl ich danach Oliven und Feigen gegessen hatte.
    » In drei oder vier Stunden wir nach Settat kommen«, sagte Aziz lächelnd. Ich ahnte, dass er es kaum erwarten konnte, seine Familie wiederzusehen.
    Doch einige Meilen weiter wurde die Makadamstraße jäh blockiert. Haufen von entwurzelten Kakteen sowie rostiger Fässer lagen mitten auf der Fahrbahn. Jenseits der Blockade hatte sich die Straße gesenkt, und der Makadambelag war aufgerissen und lag in einzelnen Stücken kreuz und quer herum, so weit das Auge reichte.
    » Aaaahhhh«, sagte Aziz schnaufend. » Nicht gut. Straße kaputt.« Dann sprach er mit Mustapha auf Arabisch.
    Der drehte das Lenkrad scharf herum und lenkte den Wagen auf eine Fahrspur in der getrockneten Erde, die von der Straße wegführte. Ohne die kühle Brise vom Ozean blies der heiße Wind durch den Wagen, als wäre die Tür eines Backofens geöffnet worden, und bedeckte uns mit einem Staubfilm. Mustapha deutete zu der schmalen Fahrspur, die in das absolute Nichts zu

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