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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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dass ich nicht allein war. Ich wollte endlich wieder dieses eine Gefühl haben, das Etienne in mir geweckt hatte.
    Während ich meine Glieder streckte, die Schultern kreisen ließ und den Hals hin und her drehte, nahm ich einen unbekannten Geruch in der Luft wahr. Ich wollte wissen, was es war. Auch die Landschaft hatte sich kaum merklich verändert, die Berge waren nicht mehr zu sehen. Wir fuhren an einem dichten Wald vorbei. Die Rinde der Bäume war bis etwa einen Meter über dem Boden abgelöst, sodass der untere Teil des Stamms braun und glatt und der obere Teil weißlich und uneben war.
    » Was sind das für Bäume?«, fragte ich Aziz, und er sagte: » Korkeichen. Der Mamora-Wald.« Da wurde mir klar, woher der Geruch kam. Wir fuhren durch den Wald, und oben auf der Anhöhe erstreckte sich eine gelbliche Fläche mit den ausgefransten Umrissen einer Stadt, jenseits derer wieder das blaue Band des Atlantiks zu sehen war.
    » Das da Sale, die Stadt da vorn, und der Fluss heißt Bou-Regreg«, erklärte Aziz. Er beugte sich vor, um besser zu sehen, während er sich mit den Händen auf den Rückenlehnen der Vordersitze abstützte. » Und auf andere Seite von Fluss Rabat«, fügte er hinzu. » Sale und Rabat sind wie …« – er berührte Mustapha an der Schulter – » Cousins. Oder Brüder.«
    Als wir uns der Stadt näherten, erblickte ich Feigen- und Olivenbäume. Sale, dessen Häuser ebenso weiß wie die Tangers waren, wurde von einer Mauer umgeben, war terrassenförmig angeordnet, und zahlreiche Minarette stachen in den Himmel. In der Ferne, weiter südlich, sah ich eine weitere Stadt, deren Silhouette sich am Abendhimmel ähnlich abhob, mit dem Unterschied, dass die Häuser lohfarben waren: Das also war Rabat.
    » Wir Sie zu einem Haus bringen, wo Sie essen und schlafen«, sagte Aziz.
    Haus? Meinte er ein Hotel?
    » Und wie weit ist es noch bis nach Marrakesch?«, fragte ich.
    » Morgen wir kommen Sie abholen, dann fahren an Casablanca vorbei und übernachten in Settat. Und nächste Tag Marrakesch. Inschallah«, schloss Aziz.
    » Sie kommen mich abholen? Heißt das, dass Sie nicht im selben Haus übernachten?« Nun fühlte ich mich noch mehr allein, und die Aussicht, dass die einzigen beiden Menschen, die ich kannte, mich an einem fremden Ort zurücklassen würden, ängstigte mich.
    Er schüttelte den Kopf. » O nein, Madame.«
    Wir fuhren durch das massive, bogenförmige Stadttor und an einem von Bäumen beschatteten Marktplatz vorbei. Aus uralten Waagen auf Dreifüßen quoll rohe weiße Wolle heraus, und im angrenzenden Souk erblickte ich Stände mit Melonen, Feigen und Oliven, mit leuchtend roten und grünen Paprika, roten Zwiebeln. Der Duft von brutzelndem Fleisch in einer Pfanne stieg mir in die Nase. Vor den Ständen standen verschleierte Frauen, die mit den Verkäufern feilschten, und ihr Kreischen ließ mich vermuten, dass sie ihnen Wucherpreise vorwarfen. Bestimmt gehörte diese laute Art des Handelns zur marokkanischen Lebenskultur, denn die Frauen kauften die Waren dann doch, und die Verkäufer, die in gespielter Empörung den Kopf schüttelten, reichten ihnen die Einkäufe hinüber. Ich spähte in die engen Gassen, wo in winzigen Mauernischen kleine Jungen hockten und wunderschöne Läufer webten oder Körbe flochten und beleibte Händler miteinander plauderten, über ihren Köpfen die Waren, die an Haken baumelten.
    Ich lehnte mich aus dem Wagenfenster, und als ich einen der Händler ansah, blickte er feindselig und finster zurück, ehe er die Lippen schürzte und einen Schleimklumpen in Richtung Wagen spuckte. Augenblicklich zog ich den Kopf zurück und drückte mich so weit wie möglich in meinen Sitz, um mein Profil hinter dem Autorahmen zu verbergen. Wieder fühlte ich mich unbehaglich. Obwohl Sale eine einigermaßen große Stadt war, waren nirgendwo Ausländer zu sehen. Ebenso wenig wie ein Gebäude, das auch nur im Entferntesten an ein Hotel erinnerte.
    Ich zerbrach mir gerade den Kopf darüber, als Mustapha vor einem verschlossenen, abgesplitterten Holztor anhielt. Aziz stieg aus und bedeutete mir, es ihm gleichzutun. Dann trug er meine Koffer zum Tor, stellte einen auf den Boden, um mit der Hand an die Holztür zu pochen. Es war offensichtlich ein Hotel, aber eines, wie ich es noch nie gesehen hatte.
    Durch eine vergitterte kleine Öffnung drang das leise Gemurmel einer Frauenstimme, woraufhin Aziz durch das Metallgitter sprach. Wieder kam ein Murmeln als Antwort, und das Tor wurde von einer

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