Der Duft von Tee
Unsicherheit, die ich seit dem Taifun verspürt habe, fällt von mir ab. Ich habe das Gefühl, wieder Luft zu bekommen. Meine Lippen berühren seinen Hals, und ich seufze.
»Ich habe dich vermisst«, flüstere ich, es wird mir selbst gerade erst bewusst. Er sieht zu mir herunter und dann wieder traurig zur Toilette hinüber.
»Ist schon okay«, sage ich. Und meine es auch so.
Es herrscht die nachmittägliche Flaute, die Mütter sind gegangen, um ihre Kinder von der Schule abzuholen. Die untergehende Sonne erfüllt das Café zu dieser Jahreszeit mit einem goldenen Licht. Die neue Tapete ist hell und vornehm, die Tischplatten sind auf Hochglanz poliert. Das Telefon klingelt.
Rilla nimmt ab, während ich die Fliesen fege. Sie drückt den Hörer ans Ohr und sieht mich mit einem Stirnrunzeln an. Sie wiederholt mehrmals etwas und hört dann schweigend zu.
Ich hebe eine Serviette auf, die auf den Boden gefallen ist, noch immer säuberlich zu einem Dreieck gefaltet.
Rilla sagt schnell etwas und legt auf. Sie gibt einen lauten Freudenschrei von sich.
»Jippiii!«
»Alles klar?« Ich schüttele den Kopf über sie, als sie ein paar Worte in Tagalog singt. Ein Lied, das ich noch nie gehört habe. Lala, lala, Baby, Baby.
»Ja, natürlich!«, schreit sie. »Das war Yok Lan – also, es war eine Krankenschwester, die für Yok Lan übersetzt hat.«
Ich sehe abrupt auf und denke an Gigi, die heute ihren freien Tag hat.
»Gigi hat gerade ihr Baby bekommen!«, lacht Rilla.
»Was?« Ich lasse den Besen fallen.
»Eine der Krankenschwestern dort kann Englisch. Yok Lan hat ihr gesagt, dass sie Rilla und Grace ausrichten soll, dass Gigi ihr Baby bekommen hat. Es hat lange gedauert, aber alles ist gut verlaufen.« Rilla grinst so stolz, dass man denken könnte, es ginge um ihre Schwester.
»Oh«, ich halte inne, sprachlos.
»Es ist ein Mädchen , Grace, es ist ein Mädchen.« Sie singt noch ein paar Worte und greift nach meinen Händen. Die Freude ist ansteckend. Ich muss lachen.
»Du bist verrückt«, sage ich lachend.
»Ein Mädchen!«
»Ein Mädchen.«
»Sie wiegt um die sieben Pfund, hat sie gesagt. Gesund wie ein Fisch im Wasser. Ist das nicht toll?«
»Allerdings.« Ich lächle.
»Gigi hat ein Mädchen, Gigi hat ein Mädchen!«, singt Rilla und schwingt meine Hände von einer Seite zur anderen.
Ich schüttle erneut den Kopf. »Wow. Gigi hat ein Mädchen.«
Es ist ein Mädchen.
Unsere kleine Gigi hat ein Mädchen.
Es ist ein Mädchen.
Niemand wird das jemals zu mir sagen.
Es ist ein Mädchen.
Aber sie haben es einmal zu Mama gesagt.
La Foi – Glaube
Walderdbeere gefüllt mit einer rosa Grapefruitbuttercreme
Es ist Sonntagmorgen, und das Lil’s hat geschlossen. Ich setze das letzte Macaron in einen Eierbecher und platziere ihn behutsam oben auf der Torte, als die Klingel über der Tür ankündigt, dass jemand hereinkommt. Es ist Pete. Ich erkenne seinen Schritt, den Klang, mit dem er die Füße aufsetzt. Dinge, die ich vorher nicht bemerkt habe, sind mir durch die vielen Tage des Schweigens vertraut geworden.
»Wow. Das ist ja unglaublich. Wie lange hast du dafür gebraucht?«
Ich komme aus der Küche und sehe, dass sein Haar vom Duschen noch nass und sein Gesicht von der morgendlichen Joggingrunde gerötet ist.
Ich hatte eigentlich nur ein paar Girlanden aufhängen wollen, doch als ich erst einmal dabei war, konnte ich nicht mehr aufhören. Man sieht die Wände vor lauter Krepppapier kaum – als wäre Karneval in Rio. Dutzende von Luftballons sind zu Sträußen gebunden und die Tische mit einem Stoff in einem leuchtenden Lippenstiftrosa verkleidet, den ich bei Three Lamps gekauft habe.
»Es hat ein bisschen gedauert. Findest du, dass es … zu viel ist?«
Pete hebt einen getupften Luftballon vom Boden auf und befestigt ihn an einem Gebinde auf einem der Tische. »Ich finde es wunderbar. Sie wird begeistert sein.«
Ich lache. »Nun, das wäre mal was Neues. Gigi kann man nicht so leicht begeistern. Es ist nicht cool. Aber vielleicht gefällt es ihr ja zumindest ein bisschen – mehr will ich gar nicht.«
Pete legt den Arm um mich. Er riecht so frisch wie die Schale eines grünen Apfels. Das liegt an der Haarspülung, die er benutzt.
»Und was ist das?«, ruft er. Er zeigt auf die Torte, die auf der Arbeitsplatte in der Küche steht.
»Die musst du dir ansehen. Guck.«
Ich habe mich von einer Torte inspirieren lassen, die ich in einer Hochzeitszeitschrift gesehen habe. Bei ihrem Anblick ist mir
Weitere Kostenlose Bücher