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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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Augen sind gerötet.
    »Ich will keine Reitstunden.«
    »Natürlich willst du. Du sprichst doch von nichts anderem mehr.«
    »Da war ich acht, Mama.«
    »Nein…«, beginnt sie, dann starrt sie mich an. Zu lange Beine. Akne im Gesicht. Die zarten Brüste eines Teenagers. Ihr Blick ist seltsam distanziert, sodass ich mich unwohl fühle.
    »Ich bin sechzehn, Mama. In ein paar Jahren gehe ich auf die Uni.«
    Sie starrt mich weiter an. »Nein, Gracie«, sagt sie.
    »Doch. Ich will Geografie studieren, schon vergessen?«
    Ihr Gesicht verdunkelt sich, und sie beginnt eindringlich zu flüstern. »Nein, nein, Gracie. Das kannst du nicht tun. Du bist noch zu jung; du musst hierbleiben.«
    »Aber du hast gesagt …«
    Mama lässt sich nicht unterbrechen. Sie flüstert verzweifelt weiter. »Du kannst nicht gehen, Liebling. Du bist viel zu jung.«
    »Ich bin sechzehn, Mama.«
    »Und außerdem brauche ich dich hier. Du siehst doch, was hier los ist.«
    Ich sehe mich in der dunklen Küche um. Hier ist nichts bis auf uns beide und ein Boden, der dringend gewischt werden muss.
    Ihre Stimme wird verzweifelter. »Du wirst nicht gehen, nicht wahr, Gracie?« Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hand und dreht es zu sich hin. »Du gehst nicht weg, nicht wahr, Gracie?«
    »Mama …«
    »Du kannst deine Mama doch nicht allein lassen, Gracie. Wir sind doch aufeinander angewiesen. Du musst hier bei mir bleiben.«
    »Ich möchte …« Selbst in dem spärlichen Licht sehe ich die Tränen, die aus ihren Augen quellen. Ihr Gesichtsausdruck ist so verzweifelt, dass ich verstumme. Ich sehe den verwischten Lippenstift und ihre hohlen Wangen. Sie ist mager geworden im letzten Monat; es macht sie älter.
    »Sag, dass du nicht gehst.«
    »Mama …«
    »Versprich es mir, Grace. Versprich mir, dass du nicht gehst.«
    Ich atme tief durch und spüre eine Last auf meinen Schultern.
    »Gracie?«
    »Ich verspreche es. Ich verspreche …«
    Sie lässt mein Gesicht los und tätschelt mir das Knie. Wir sitzen schweigend da, starren auf den Boden.
    »Hast du heute etwas zu Mittag gegessen?«
    »Ja, ich glaube schon«, sagt sie geistesabwesend.
    »Was hast du gegessen?«
    »Das weiß ich nicht mehr, Liebling. Ich war außer Haus. Ich hatte so viel zu tun. Ich habe dieses blaue Vogelei gefunden, habe ich dir das nicht gezeigt? Es ist unglaublich. Ein Kunstwerk der Natur, Gracie.«
    »Ich habe es gesehen.«
    »Es ist wunderschön.«
    »Ja, es ist schön.«
    Sie lächelt und nimmt meine Hand. Sie führt sie an ihre Wange, küsst sie und seufzt. Ich spüre ihr hartes Jochbein unter meinen Fingern. Sie ist so blass wie eine Schachfigur.
    »Soll ich uns eine Quiche machen?«, biete ich an.
    Sie nickt. »Das wäre wunderbar, Liebling.«
    Ich stehe auf, dann helfe ich Mama hoch. Mein Blick schweift über die Arbeitsplatte zu der Tüte mit den Zwiebeln.
    Ich schüttele den Kopf.
    Die Küche meiner Kindheit verblasst und wird zu der Küche in unserer Wohnung in Gee Jun Far Sing . Meine Hand ist voller Scherben. Ich werfe sie in den Mülleimer, dann gieße ich mir ein frisches Glas Wasser ein und gehe ins Schlafzimmer, vorbei an Petes dunkler, schlafender Gestalt. Ich falle ins Bett und lege den Kopf auf das Kissen. Der Schlaf kommt schnell und mit ihm heiße, fiebrige Träume.
    Ich fliege durch einen dunklen Himmel, übersät mit leuchtenden Sternen. Der Wind fährt mir mit langen, kalten Fingern durchs Haar.
    Ich seufze, mein Mund ist zu einem schwachen Lächeln verzogen, meine Augen sind weit geöffnet und feucht. Da ist jemand über mir – nein, er hält mich zärtlich im Arm wie eine Geliebte.
    »Bist du glücklich, Grace?«, murmelt er. Seine Stimme geht mir durch Mark und Bein. Jenseits unserer Umlaufbahn herrscht allumfassende, friedvolle Stille. Ich atme seinen Geruch ein, seine nackte Brust streift meine Haut. Sie riecht vertraut. Er riecht nach frisch gebackenem Brot. Ich atme tief durch, lasse mich von dem Duft erfüllen.
    Plötzlich gleiten wir aufwärts, immer höher, wo die Luft hauchdünn wird. Wir stehen für einen Moment still, bevor wir in engen Spiralen in Richtung Boden trudeln. Er hält mich fester, und ich verschmelze mit ihm, überlasse ihm die Kontrolle und fühle mich gleichzeitig geborgen. Bald fliegen wir wieder in langen, weiten Kreisen durch die Luft. Ich bin leicht benommen und erregt, als wäre ich gerade langsam und leidenschaftlich geküsst worden. Ich blicke auf und sehe, dass er leuchtende orangefarbene Seidenschleifen in der freien Hand

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