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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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verwirrte Miene ist einer kühlen Maske gewichen. »Es tut mir sehr leid, aber du irrst dich, Pete. Ich habe dich nicht absichtlich getroffen«, sagt er.
    »Ha!«, schreit Pete.
    »Warum sollte ich das tun? Das … das ist doch absurd.«
    Marjory sieht mich erneut an, wird unfreiwillig Zeugin dieses plötzlichen Konflikts.
    »Ich weiß nicht, warum du mir den Ball ins Gesicht geschlagen hast. Scheiße! Ich weiß auch nicht, warum du auf mich gezielt hast oder warum du dauernd mit meiner Frau flirtest. Woher soll ich das denn wissen?« Pete schreit jetzt beinahe. »Ihr seid doch alle gleich, ihr französischen Arschlöcher.«
    Léon tritt noch einen Schritt zurück.
    »Pete, vielleicht hast du eine Gehirnerschütterung, ich glaube, du …«, stammelt Marjory.
    »Was redest du denn da?«, flüstere ich eindringlich auf Pete ein. Mir ist übel.
    »Mein Gott, hör bloß auf. Du weißt ganz genau, wovon ich rede, Grace!« Er wirft die Hände hoch. »Er hilft dir im Supermarkt, er macht Macarons mit dir, er kauft dir Champagner, verdammte Schokoladengabeln …«
    »Was ist denn hier los?«, raunt Marjory mir über Petes Kopf hinweg zu.
    »Du bist meine Frau, Grace«, faucht er. »Oder hast du das vergessen?« Seine Augen blicken anklagend, als sich unsere Blicke begegnen.
    Wieder verspüre ich dieses schlingernde Schuldgefühl und weiche Léons Blick aus. Pete stützt sich auf seine Handflächen, drückt das Gewicht in die Beine und versucht aufzustehen. Er stöhnt leicht. Wenn er seine nackten Emotionen so zur Schau stellt, wirkt er einfach nur hässlich. »Hey, was soll denn das? Bleib sitzen«, sage ich und greife nach seiner Schulter. »Bitte setz dich wieder hin und reg dich nicht auf.«
    »Ich bin doch nicht blöd!«, schreit er Léon an.
    Léon steht aufrecht da. Er ist ein wenig blass. »Ich habe nie … ich würde nie … deiner Frau nachstellen.« Er wirft einen Blick über seine Schulter, als wollte er sich nach Celine umsehen, doch die ist noch im Clubhaus. Er nimmt seinen Tennisschläger und will weggehen, als Pete auf ihn zuspringt. Petes Faust landet unterhalb des Brustkorbs in Léons Magen, und Léon krümmt sich zusammen. Ich höre ihn beim Ausatmen leise röcheln. Marjory stößt einen schrillen Schrei aus, und genau in diesem Moment sehe ich Don hinter uns. Er greift nach Petes Schulter und reißt ihn zurück. Léon blickt kurz auf, und für einen Sekundenbruchteil sehe ich in seine blauen Augen.

V erre de Mer – Meerglas
    Pistazie mit einer Buttercremefüllung
    Der Arzt empfiehlt ganz normale Schmerztabletten und einen Eisbeutel und schickt uns nach Hause. Die Spannung zwischen uns ist förmlich mit Händen zu greifen, doch wir erwähnen den Zwischenfall nicht. Ich habe Angst, den Mund aufzumachen, weil ich etwas Grässliches sagen könnte, etwas, das ich nicht mehr zurücknehmen kann. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen. Pete sagt, dass er Brathähnchen machen will, in seiner Stimme schwingt vielleicht eine leise Entschuldigung mit. Ich nicke schweigend und gehe ins Arbeitszimmer, um ein paar Bestellungen für das Lillian’s fertig zu machen. Einer der Lieferanten für Bäckereibedarf in Hongkong liefert jetzt auch nach Macao. Ich habe mich sehr darüber gefreut, doch als ich nun durch die Seiten mit Microplane-Orangenschneidern, Tarteformen, Zuckerthermometern und Mauviel-Schüsseln scrolle, empfinde ich nur Schuld und Verwirrung und Wut.
    Pete schiebt das Essen auf seinem Teller hin und her. Yorkshire-Pudding, glasierte Möhren, knusprig gebratene Kartoffelstücke. Es duftet betörend. Wir sitzen uns am Esstisch gegenüber.
    Ich räuspere mich. »Da war nichts, Pete. Léon ist nur ein Freund.«
    Pete legt Messer und Gabel beiseite und faltet die Hände. Er sieht mehr auf seinen Teller, als dass er mich ansieht.
    »Er … er hat mir geholfen. Mit dem Lillian’s. Da läuft nichts .«
    Ich denke an die Schokoladengabel, das Blau von Léons Augen, meinen Traum. Ich schlucke ein Stück Hähnchen hinunter, das mit meiner Schuld größer geworden zu sein scheint.
    »Ich merke doch, wie du ihn ansiehst«, sagt Pete leise.
    Ich öffne den Mund, um zu antworten, doch mir fällt nichts ein. Er hat recht. Für meine Taten kann ich Rechenschaft ablegen, für meine Fantasien nicht. Mein Schweigen offenbart meine Gefühle, das wird uns beiden bewusst.
    »Zwischen uns ist nichts passiert«, wiederhole ich und klammere mich an die Wahrheit dieser Worte, obwohl mein Gesicht glüht. »Pete? Da war gar

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