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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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mir leid; ich will dich nicht bei der Arbeit stören. Ich dachte, wir sollten reden. Über … nun, du weißt schon.«
    Ich nicke. Ich weiß.
    Er setzt sich, dann sieht er sich kurz um, als wollte er sich vergewissern, dass niemand da ist, den er kennt. Das Pfeifen des Milchaufschäumers unterbricht das peinliche Schweigen.
    »Léon, entschuldige wegen neulich …«
    »Bitte schön.« Rilla stellt einen Espresso vor Léon und einen Cappuccino vor mich und einen Teller mit Macarons zwischen uns. Ananas und Buttertoffee – Une Vie Tranquille . Sie lächelt, dann geht sie zurück in die Küche.
    Wieder will ich etwas sagen, doch Léon hebt die Hand.
    »Grace, bitte. Wenn ich kann, möchte ich es erklären.«
    »Okay.«
    »Vielleicht ist da etwas, äh, falsch rübergekommen. Ich weiß es nicht. Dein Mann war sehr wütend. Offensichtlich denkt er, dass da irgendetwas läuft zwischen uns.«
    »Léon, Pete … er …«
    Pete und ich haben tagelang kaum miteinander gesprochen. Und wenn, dann nur über die Sachen, die aus der Reinigung abgeholt werden müssen, über die Milch, die noch eingekauft werden will. Ich kann ihn kaum ansehen, ohne Wut und eine ätzende Bitterkeit zu verspüren. Ich sage ihm nicht Bescheid, wenn es abends später wird, erzähle ihm nicht, was im Lil’s passiert. Unser Schweigen ist ein langsam wirkendes Gift.
    Léon seufzt und beugt sich zu mir vor. Er riecht nach Aftershave und, wie immer, nach Brot.
    »Grace, ich muss da etwas klarstellen. Du bist eine bemerkenswerte Frau.«
    Ich spüre, wie ich rot werde.
    »Was du hier alles geschaffen hast, noch dazu mit so wenig Erfahrung. Weißt du, du hast Talent zum Kochen, Talent für diese Branche. Das respektiere ich.« Er deutet auf die Theke, wo Rilla summend die Macaron-Tabletts auffüllt. »Deine Leute … sie scheinen dich wirklich zu mögen, ihr steht euch sehr nahe. Ich glaube, du bist eine sehr gute Führungskraft. Du bist wie eine Mutter für sie.«
    Ich möchte seine Hand berühren, doch er hat beide Hände in den Schoß gelegt.
    »Ich bin sehr beeindruckt von dir, von alldem hier. Aber, Grace …« Seine Augen blitzen in der Farbe eines wolkenlosen Himmels. »Ich interessiere mich nicht für dich als Frau. Ich wollte dir oder Pete keine falschen Signale senden.« Er macht eine Pause. »Es tut mir leid.«
    Ich nicke und zwinge mich, mir nichts anmerken zu lassen. Um wenigstens den Schein der Normalität zu wahren. Meine Kehle ist wie zugeschnürt, als ich nach meiner Tasse greife. Mein Gesicht brennt, meine Wangen sind vermutlich feuerrot. Ich trinke einen Schluck, obwohl der Kaffee zu heiß ist und ich mir die Zunge verbrenne.
    »Natürlich. Es gibt nichts, das dir leidtun muss.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln. »Da läuft nichts zwischen uns; das ist … das ist verrückt.« Ich stelle meine Tasse ab, und sie scheppert gegen die Untertasse.
    Léon seufzt und tätschelt meine Hand. »Ich bin so froh, dass du auch siehst, dass das alles ein Missverständnis ist.«
    Ich höre mich lachen, gezwungen und zu hoch. »Ja, sicher. Herrgott, du hast doch nicht etwa gedacht …«
    Er lacht auch, tief und erleichtert. »Celine hat gedacht, dass du vielleicht gedacht hast … Egal, du und ich, wir verstehen uns. Wir sind einfach zwei Feinschmecker, richtig?«
    »Genau.«
    Er nimmt sich ein Macaron und isst es langsam. Ich tue es ihm gleich.
    »Vielleicht bin ich manchmal …« Er zuckt mit den Schultern. »Also, Celine sagt, dass ich oft flirte. Um Aufmerksamkeit zu bekommen, wie ein kleiner Junge, sagt sie.« Er schüttelt den Kopf, wenig überzeugt. »Aber das ist lächerlich. Ich will einfach nett zu allen sein, verstehst du?«
    Ich nicke. Es ist, als würde er zu sich selbst sprechen. Er sieht mich noch immer nicht an, sondern rührt in seinem Kaffee. Die schwarze Flüssigkeit in seiner Tasse dreht sich im Kreis.
    »Ich mag Menschen. Ich mag Frauen. Was soll’s? Ich mag auch Essen und Trinken und Kartenspielen, ich meine, das ist das Leben .« Er legt den Löffel weg und hebt die Tasse an die Lippen. »Wie dem auch sei, du sagst es ja selbst – es ist verrückt. Du und ich ?« Er schnaubt erneut, als wollte er die Lächerlichkeit dieses Gedankens unterstreichen. »Richtig?«
    »Richtig.« Ich lache mit ihm, obwohl meine Brust eng ist und meine Wangen brennen und ich die Tasse am liebsten gegen die Wand werfen würde. Ich erinnere mich an die Bratensauce, die hinter Petes Kopf die Tapete hinuntergelaufen ist. Das Adrenalin rauscht durch meinen

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