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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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der Sergeant längst jede Hoffnung auf eine Antwort aufgegeben
     hatte und geradeaus auf die nun wieder feindlichen Straßen starrte.
    Der Sergeant reagierte nicht. Für ihn musste diese Antwort trivial klingen. Aber sie war es nicht.
    »Ich möchte noch einmal mit Reeves sprechen«, sagte Harrisburg, als sie die Kaserne erreicht hatten. Früher waren hier Saddam
     Husseins Truppen stationiert gewesen. Es gab einen ausgedehnten Gefängniskomplex, in dem man Jordan Reeves, den einzigen amerikanischen
     Überlebenden des Vorfalls, untergebracht hatte – isoliert von den anderen Soldaten, die wegen Trunkenheit im Dienst oder anderer
     vergleichsweise harmloser Delikte einsaßen.
    Reeves sah nicht auf, als Harrisburg die Zelle betrat. Er saß mit angezogenen Knien auf seiner Pritsche, die Arme um die Schienbeine
     geschlungen. Er war hochgewachsen, fast so groß wie Harrisburg, aber weniger muskulös, eher drahtig, wie ein Marathonläufer,
     und seine Haut war etwas heller.
    »First Private Reeves?«
    Reeves drehte den Kopf, sah jedoch Harrisburg nicht an, sondern starrte an die Wand neben ihm. Seine Augen wirkten abwesend,
     als sei er in einem Tagtraum gefangen.
    |44| »Wie viele Kinder waren in dem Klassenraum, als sie eintraten?« Er kannte natürlich die Antwort. Die Frage sollte nur bewirken,
     dass sich Reeves auf das Geschehen in dem Schulgebäude konzentrierte. Eine Faktenfrage half ihm dabei, die Situation mit einer
     gewissen Distanz zu betrachten.
    »Siebzehn, Sir.« Seine Stimme war leise, fast flüsternd.
    »Woher wissen Sie das? Haben Sie die Kinder gezählt, als Sie eintraten?«
    »Nein, Sir. Ich habe es erst später erfahren. Wir … wir haben vierzehn Kinder getötet. Nur drei haben überlebt.« Er sagte
     das tonlos, ohne erkennbare Emotion.
    »Waren Erwachsene im Raum?«
    »Ja, Sir. Die Lehrerin. Wir haben sie ebenfalls erschossen. Vierzehn Kugeln, Sir, soweit ich weiß.«
    »Sonst niemand? Keine Männer?«
    »Nein, Sir.«
    »Wer hat zuerst geschossen?«
    »Ich weiß es nicht, Sir.«
    »First Private Reeves, sehen Sie mich bitte an!«
    »Sir, ich bin nicht mehr First Private Reeves, Sir. Nur noch Reeves.«
    »Jordan, sehen Sie mich an!«
    Es schien Reeves Mühe zu machen, seinen Gesprächspartner zu fokussieren. Seine Augen zitterten hin und her, fast, als sei
     er blind. Er stand immer noch unter Schock.
    »Was ist passiert, Jordan?«
    »Wir haben einen Attentäter verfolgt, Sir. Er hatte eine Schnellfeuerwaffe und gab Schüsse auf unsere Patrouille ab. Er floh
     in die Schule. Wir folgten ihm, und dann waren wir in dem Klassenraum.« Wieder diese tonlose, neutrale Stimme, als berichte
     er darüber, was er in einem Film gesehen oder irgendwo gelesen hatte.
    »War der Verdächtige noch im Klassenraum, als Sie eintraten?«
    |45| »Nein, Sir. Er muss durch die gegenüberliegende Tür entkommen sein.«
    »Warum haben Sie ihn nicht weiter verfolgt? Warum sind Sie in dem Raum geblieben und haben um sich geschossen?«
    Reeves’ Augen waren geweitet. Plötzlich brach seine Stimme. Es klang, als weine er, aber es flossen keine Tränen. »Ich weiß
     es nicht, Sir. Verdammt, ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern. Wir sind gerannt, die Treppen hinauf. Corporal
     Miller war vor mir. Er ist plötzlich stehen geblieben. Und dann …« Reeves umschlang seine Beine noch fester, als könne er
     sich dahinter verstecken. Er wippte langsam vor und zurück.
    Harrisburg ließ ihm Zeit.
    Nach einer Minute des Schweigens fuhr Reeves unvermittelt fort: »… und dann war plötzlich alles rot.«
    »Sie meinen, alles war voller Blut?«
    »Nein, Sir. Es war, als sei die Welt plötzlich rot. Etwas war in mir. Wut. Zorn. Es gibt kein passendes Wort dafür.« Er schüttelte
     langsam den Kopf.
    So weit waren sie bisher noch nicht gekommen. Behutsam fasste Harrisburg nach. »Zorn? Sie meinen, Sie waren wütend auf die
     Kinder?«
    »Nein … das heißt, ja, ich glaube, ich war schrecklich wütend, aber nicht auf die Kinder …«
    »Auf was dann?«
    »Auf alles, Sir. Ich war … einfach wütend auf alles. Es … es war, als ob …«
    Harrisburg wartete.
    »… als ob etwas in mir wäre. Als ob ich nicht mehr ich selbst wäre.«
    »Sie meinen, eine Art Dämon oder so?«
    »Ja, Sir. Ein Dämon. Das ist es, was ich meinte.«
    »Jordan, es gibt keine Dämonen.«
    |46| »Ja, Sir. Ich weiß das. Aber so war es. Als ob ein Dämon in mir wäre.«
    »Jordan, glauben Sie, dass der Dämon auch ihre Kameraden befallen

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