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Der Duke, der mich verführte

Der Duke, der mich verführte

Titel: Der Duke, der mich verführte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah Marvelle
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Warum hatte er nicht eher schon erwogen, um ihre Hand anzuhalten? Wäre dann alles ganz anders gekommen? Wären all die Frauen, die seinen Weg gesäumt hatten, nicht mehr als flüchtige Gesichter in der Menge gewesen, denen er hätte widerstehen können? Und sein eigenes Gesicht – vielleicht hätte er ihr dann ein unversehrtes Gesicht bieten können. Ein Gesicht, auf das sie hätte stolz sein können.
    Er beobachtete sie unter gesenkten Lidern hervor. Für jemanden, der sich angeblich nichts aus Opern machte, vermittelte sie den Eindruck, von dem Geschehen auf der Bühne reichlich angetan zu sein. Sie schien von der Darbietung vollkommen hingerissen zu sein, und wann immer die mächtigen Stimmen auf der Bühne sich in schwindelerregende Höhen schraubten, hielt sie ergriffen den Atem an, was seinen Blick unweigerlich auf ihre prächtigen, perfekt gepuderten Brüste lenkte.
    Für beides hatte er schon immer eine Schwäche gehabt – gepuderte Brüste und die Oper –, vorzugsweise in dieser Kombination. Denn jedes Mal, wenn die Frau an seiner Seite, von Dramatik und Musik entzückt, nach Atem rang, ließ der weiche Puderschimmer auf ihrer Haut ihre anschwellenden Rundungen im besten Licht erscheinen.
    Im weiteren Verlauf des Abends gab es noch einige solcher Momente, in denen er am liebsten die Hand nach Justine ausgestreckt und ihre Wangen, ihren anmutig geschwungenen Hals mit leichter Geste liebkost hätte. Verstärkt wurden diese Anwandlungen immer dann, wenn er daran dachte, wie sie vorhin im Foyer ganz selbstverständlich seinen Arm genommen hatte.
    Sie musste bemerkt haben, was ihn beschäftigt hatte. Alle hatten ihn angestarrt. Und wenngleich es nur eine einfache, kleine Geste gewesen war – ohne einen Blick oder ein Wort – so war es doch das schönste Geschenk, das eine Frau ihm je gemacht hatte.
    Eigentlich war es ihm schon damals klar gewesen, als er an jenem Sommerabend vor zwei Jahren seinen Salon betreten und die junge Debütantin erblickt hatte, die so majestätisch neben ihren Eltern gestanden hatte. Vielleicht hatte er ja schon damals gewusst, dass sie mehr vermochte, als ihm den Atem zu nehmen. Er hatte gewusst, dass sie sein Leben verändern würde.
    Schon am Abend ihrer ersten Begegnung war er fasziniert von ihr gewesen: von der Art, wie sie ging, sich frei und mit natürlicher Anmut bewegte, wie sie kühn seinen Blick erwiderte, wann immer sie mit ihm sprach. Eine erfrischende Abwechslung von den adeligen Damen seiner Bekanntschaft, denen man beibrachte, den Blick zu gegebener Zeit zu senken und mit Zurückhaltung zu sprechen. Ihm war ein bisschen Leidenschaft schon immer lieber gewesen. Was zugleich auch schon immer sein Problem gewesen war. Seine Obsession ließ ihn leidenschaftliche Herausforderungen lieben.
    Justine hatte an jenem Abend frischen Wind in sein Leben gebracht. Fast war es ihm gewesen, als könnte er von der Sonne versengtes Gras riechen, wann immer sie an ihm vorbeigerauscht war. Sonnenversengtes Gras, in dem er sich liebend gern mit ihr gewälzt hätte. In dem er sich zu wälzen versuchte bei den wenigen Besuchen, die er ihr nach besagtem Abend abstattete, was wiederum den Earl sehr gegen ihn aufbrachte. Unmissverständlich gab ihr Vater ihm zu verstehen, dass Radcliff sich von ihr fernhalten solle, wenn er keine Heiratsabsichten hege. Was er getan hatte, da er weit davon entfernt gewesen war, sich zu binden. Was er nun bereute. Denn hätte er eher um ihre Hand angehalten, dann … Doch es war müßig, darüber nachzudenken.
    Statt seinem immer stärker werdenden Bedürfnis nachzugeben, ihr hier, in aller Öffentlichkeit, die Wange zu streicheln – was in der Tat vulgär und despektierlich gewesen wäre –, ließ er eine behandschuhte Hand auf der Lehne ihres Stuhles ruhen, damit sie nicht auf Abwege geriete und gepuderte Haut berührte.
    „Und was singen sie jetzt gerade?“, flüsterte sie und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
    Schweren Herzens und erleichtert zugleich wandte er sich wieder der Bühne zu, wo eine zierliche Person in grünem Seidenkleid eine Gruppe reglos dastehender Männer und Frauen mit zart schwebendem Gesang bedachte.
    Er versuchte, sich auf die Worte zu konzentrieren – jetzt noch mehr, da er wusste, dass sie durchaus etwas verstand und ihn korrigieren würde, wenn er wieder fabulierte. „Sie fragt sich, warum ihr Leben voller Leid ist und versteht nicht, weshalb das Schicksal ihr nicht wohlgesinnt ist. Trotzdem glaubt sie an ihr Glück und

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