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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Pistole direkt auf Aaro richtete. Er sagte etwas in kaltem Befehlston auf Deutsch.
    Aaro stand vorsichtig auf und hob die Hände.
    Der Mann kam noch etwas näher und schnauzte ihn wieder auf Deutsch an. Es klang wie das blutrünstige Knurren eines Schäferhundes.
    »Do you speak English?« ,fragte Aaro so höflich, wie er nur konnte, und wiederholte das Ganze auf Deutsch: »Sprechen Sie Englisch?«
    »Was hast du hier verloren, Bürschchen?«, erwiderte der Mann in plumpem Englisch. »Weißt du, was in diesem Haus mit Einbrechern gemacht wird? Wo ist dein Freund?«
    »Ich habe keinen Freund«, hauchte Aaro.
    Der Mann sah ihn eisig an und warf Nikos selbst gemachten Dietrich auf den Schreibtisch.
    In dem Moment hörte man auf der Straße das Geräusch eines Dieselmotors. Das Auto hielt vor dem Haus an, eine Tür ging auf und wurde zugeschlagen.
     
    Niko schaute entsetzt zur Villa rüber. Er war hinter die große Hundehütte gesprungen, als der Mann mit der Waffe in der Hand aufs Grundstück geschlichen kam. Niko hatte gesehen, wie er durch die Hintertür geschlüpft war, und noch bevor Niko eine SMS an Aaro abschicken konnte, war im Arbeitszimmer oben das Licht angegangen.
    Aaro saß in der Klemme und das war womöglich Nikos Schuld. Aber was hätte er gegen den bewaffneten Mann unternehmen können? Sie waren ein zu großes Risiko eingegangen und das hatten sie nun davon.
    Niko überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Der Mann wusste nichts von seiner Anwesenheit, weshalb er versuchen könnte, ihn zu überraschen. Aber wo stand der Mercedes-Geländewagen und wo war der grauhaarige Deutsche? Niko öffnete das Holztor und schlüpfte in den Verschlag für die Mülltonnen neben der Haustür. Im selben Moment hörte er ein Geräusch vor dem Haus – der Motor eines Fahrzeugs, eine zuschlagende Tür. Schnelle Schritte knirschten auf dem Kies. Niko sah, wie der grauhaarige, sehnige Deutsche mit einem großen Revolver in der Faust geradewegs in die Villa ging. Jetzt war alles im Eimer. Zwei bewaffnete Männer bei Aaro im Haus!
    Niko bemühte sich, seine Lähmung zu bezwingen, und tastete nach dem Handy. Was war die Nummer der Polizei in Bayern? Konnten die Englisch? Niko konnte es selbst nicht besonders gut. Mit zitternden Händen wählte er die Nummer von Aaros Vater Timo Nortamo.
    Es läutete zwölf Mal, dann hörte man die Ansage der Mailbox.
     
    Aaro saß im Ledersessel vorm Kamin in Dietrich Grubers Arbeitszimmer. Es brannte kein Feuer, aber Aaro fand es trotzdem erstickend heiß im Zimmer, sein Atem ging immer schneller. Der Ledersessel knarrte unangenehm bei jeder nervösen Bewegung.
    Der grauhaarige Gruber ging auf dem dunkelroten Orientteppich hin und her. Der Gorilla, der Achim genannt wurde, stand mit verschränkten Armen an der Treppe, der Lauf der schwarzen Pistole in seiner rechten Hand wies zur Decke. Bis jetzt hatte das Verhör nicht mehr ans Tageslicht gebracht als Aaros persönliche Daten.
    Dietrich Gruber wiederholte seine Frage: »Also. Warum bist du in mein Haus eingedrungen? Was hast du gesucht? Du siehst weder aus wie ein Einbrecher noch wie ein Drogenabhängiger.«
    Aaro schwieg. Er hatte befürchtet, der Mann würde ihn wiedererkennen, aber das war anscheinend nicht der Fall. Er blickte zu Boden und merkte, wie seine Füße auf dem Parkett ungewollt zu zittern begannen. Gruber wirkte nervös, so als hätte er keine Zeit für dieses Verhör und schon gar keine Lust darauf. Trotzdem war es besser, dass Gruber die Fragen stellte und nicht der Muskelprotz in der Lederjacke, der direkt aus der schmutzigen Abteilung der Sankt Petersburger Mafia zu stammen schien und vor der Treppe posierte wie ein James Bond für Arme.
    »Du bist ein kleiner finnischer Junge«, sagte Gruber. »Ich will wissen, was so ein kleiner finnischer Junge in meinem Arbeitszimmer sucht. Ich bin mit einer wichtigen Arbeit beschäftigt, und die Tatsache, dass du hier auftauchst, weckt in mir einen sehr, sehr schlimmen Verdacht.«
    Der Deutsche betonte auf unangenehme Weise jedes einzelne Wort. Aaro schluckte.
    In dem Moment hörte man draußen eine Mülltonne umfallen. Der Muskelprotz war blitzschnell die Treppe hinuntergehuscht, Aaro hörte, wie die Hintertür aufgerissen wurde und gegen die Hauswand schepperte. Dann folgte weiteres Gepolter.
    Wenig später kam der Mann zurück. Er atmete heftig, sah seinem Chef in die Augen und teilte mit: »Jemand hatte sich hinter den Mülltonnen versteckt. Ist im Wald verschwunden. Ich wollte

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