Der Dunkle Code
haben Besuch im Haus«, sagte er schnell. Er wollte nicht verraten, dass er vergessen hatte, die Haustür abzuschließen, darum sagte er nur: »Die Tür muss mit einem Dietrich geöffnet worden sein. Ich bitte um Anweisungen.«
Am anderen Ende der Leitung war es eine Sekunde lang still. »Das Beste wird sein, schnell zu handeln«, sagte Grubers Stimme metallisch aus dem Hörer. »Bring die Lage unter Kontrolle, ohne die nötigen Mittel zu scheuen. Ich komme mit dem Taxi.«
Achim sprang aus dem Wagen, schloss ab und ging langsam im Schatten der Hecken zum Haus zurück. Dabei zog er seine Sig-Sauer-Pistole aus dem Schulterhalfter und entsicherte sie. Das Magazin war wie immer voll.
DRITTER TEIL
25
Aaro hatte auf dem ganz oben liegenden Blatt Papier eine seltsame Folge von Zahlen und Buchstaben entdeckt: PRF30YX4857. Spielte hier jemand ein primitives Zahlenspiel? Ein Erwachsener vertrieb sich doch mit so etwas nicht die Zeit.
Außer wenn die Geheimschrift etwas mit einem echten Geheimnis zu tun hatte.
Sein Blick fiel auf ein Stück Stoff, auf dem in Schwarz ebenfalls eine Zahlen-Buchstaben-Kombination stand: 16186C152 423DHEG. Was hatte das alles mit dem Raub des Caravaggio zu tun? Worum ging es hier? Das Gemälde war inzwischen zurückgegeben worden, aber noch immer wusste niemand, wie viel Lösegeld dafür bezahlt worden war.
Aaro nahm das Stück Stoff in die Hand. Das Material fühlte sich nicht nach einem Kleiderstoff oder einem Möbelbezug oder so etwas an. Trotzdem kam ihm das Gewebe irgendwie bekannt vor.
Plötzlich nahm er den Geruch von Firnis wahr und in dem Moment wusste er, was für ein Stoff das war. Einer, auf dem man normalerweise Bilder malte. Seine Mutter hatte sich einmal für Ölmalerei begeistert und Stoffe mit heller Gesso-Grundierung bestrichen, auf die sie dann gemalt hatte. Der Gedanke an seine Mutter löste bei Aaro prompt Gewissensbisse aus. Er schüttelte den Kopf, als würde er seine Mutter dadurch schneller wieder vergessen – er wollte sich gar nicht erst vorstellen, was sie über seinen Ausflug sagen würde.
Gleich darauf kehrte sein Blick zurück auf die DIN-A3-Kopie, die zusammengerollt im Regal steckte. Er nahm sie wieder heraus und rollte sie auf. Am unteren Rand des Caravaggio-Bildes war mit Kugelschreiber ein Viereck eingezeichnet, auf dem derselbe Code stand wie auf dem Stoffviereck: 16186C152 423DHEG.
Hatte der sich auf dem Gemälde gefunden? Aaro spürte, wie die Fantasie mit ihm durchgehen wollte. Er hatte sich schon immer für Geheimcodes interessiert. Die Kombination von Buchstaben und Zahlen könnte theoretisch mit dem Geheimschriftsystem zusammenhängen, das den Namen Julius Cäsars trug. Es beruhte auf dem Verschieben der Buchstaben um einige Stellen in die eine oder andere Richtung, worauf sich die Botschaft in ein unverständliches Kauderwelsch verwandelte. Der Empfänger musste den Schlüssel kennen, um die Nachricht entziffern zu können. Zum Beispiel bedeutete C3, dass der Text mit um drei Stellen nach vorne verschobenen Buchstaben geschrieben worden war. Der Empfänger musste anstelle des C dann das A des normalen Alphabets einsetzen. Mitunter tätowierten die Römer ihre geheimen Botschaften einem Sklaven in die Kopfhaut, ließen seine Haare wachsen und schickten ihn dann auf die Reise. Am Ziel wartete ein Barbier, der die Botschaft dann mit natürlichen Mitteln freilegte. Im alten Rom musste noch nicht alles so schnell gehen wie heute, wo man immer gleich eine Mail oder eine SMS schickte …
Im Erdgeschoss fiel eine Tür zu. Oder wurde sie zugeschlagen? Sollte Niko nicht draußen Wache halten? Aaro hatte kein Auto kommen gehört, nur das Rufen der Eule aus dem Wald.
Jetzt aber kamen elastische Schritte die Treppe herauf. Und das waren nicht Nikos Schritte.
Aaros Herz fing an zu pochen. Kein Laut war zu hören, kein Licht ging an, nur die Treppe aus Eichenholz knarrte. Aaro spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufrichteten.
Er ließ sich zu Boden sinken und verkroch sich wieder in seinem Versteck unter dem Schreibtisch. Auf einmal ging der Kristalllüster im Arbeitszimmer an und jemand betrat den Raum. Aaro sah nur die schwarzen Schuhe.
Der Mann ging zum Fenster, blieb aber plötzlich stehen.
Aaro spürte seinen Herzschlag in den Ohren.
Der Mann näherte sich dem Schreibtisch. Hatte er Aaro gesehen?
Aaro ballte die Fäuste so heftig, dass es wehtat.
Der Ankömmling ging in die Hocke: Es war ein Mann in schwarzer Lederjacke, der seine schwarze
Weitere Kostenlose Bücher