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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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mit Abflussöffnungen, die sich gleichermaßen zum Wegschwemmen von Bier, Kotze oder Blut eigneten. Drei Meter weiter saß eine dicke Frau in Shorts; sie hatte den Kopf auf den Tresen gelegt und schlief. An zwei Pooltischen wurde gespielt; Männer mit Bärten, die so schwarz waren, dass sie gewachst aussahen, umkreisten langsam die Tische. Mit gelassener Vertrautheit hantierten sie mit ihren Queues, und zwischen einzelnen Stößen schauten sie zu mir herüber.
    Sarah Yates saß an einem kleinen Tisch in der hinteren Ecke. Ein paar Stühle waren beiseite geschoben worden, um Platz für ihren Rollstuhl zu machen. Zwei Biker saßen bei ihr am Tisch, auf dem ein Bierkrug, drei Gläser und ungefähr fünfzehn leere Schnapsgläser standen. Ich sah, dass die Barfrau sich zwischen den Tischen hindurchschlängelte und noch drei Schnapsgläser mit einer braunen Flüssigkeit ablieferte. Sie stießen klirrend miteinander an, sagten etwas, das ich nicht verstand, und leerten die Gläser in einem Zug. Die Biker stellten ihre mit lautem Knall auf den Tisch, und Sarah setzte es mit zierlichen Fingern ab.
    Dann sah sie mich an.
    Ohne eine Spur von Überraschung winkte sie mich mit gekrümmtem Zeigefinger heran. Die Biker am Billard machten mir Platz, aber nicht viel. Harte Queues streiften meine Schultern, und Rauch wallte mir ins Gesicht. Einer der Männer hatte eine Träne unter den linken Augenwinkel tätowiert. Ich blieb an Sarahs Tisch stehen, und das Billardspiel ging weiter. Die beiden Biker, die bei ihr saßen, waren älter als die meisten anderen. Knast-Tattoos auf dicken Armen waren schießpulvergrau verblasst. Sie hatten weiße Strähnen in den Bärten und tiefe Falten im Gesicht, und sie trugen dicke Ringe und schwere Stiefel, aber sie verhielten sich neutral.
    Sie würden auf ein Stichwort von Sarah warten.
    Sarah musterte mich eine halbe Minute lang. Als sie sprach, klang ihr Stimme laut durch den Raum. »Zweifelst du daran, dass jeder dieser Jungs dir den Schädel spalten würde, wenn ich ihn darum bäte?« Sie deutete in die Runde.
    »Weil Sie ihre Dealerin sind?«, fragte ich.
    Sie runzelte die Stirn, also taten die beiden Biker an ihrem Tisch es auch. »Weil ich ihre Freundin bin«, sagte sie. Ich schüttelte den Kopf. »Daran zweifle ich nicht.«
    »Ich frage, weil ich den gleichen Mist, den dein Alter abgezogen hat, nicht noch einmal erleben will. Das lasse ich nicht zu.«
    »Was hat er abgezogen?«
    »Bist du deshalb hier?«
    »Unter anderem.«
    Sie sah die beiden Biker an. »Ist okay«, sagte sie. Die zwei standen auf, riesige Kerle, die nach Rauch und Schnaps und sonnengegerbtem Leder rochen. Der eine zeigte zum Tresen, und Sarah nickte. »Setz dich«, sagte sie zu mir. »Noch ein Bier?«
    »Ja.«
    Sie schaute zu der Barfrau hinüber, hob den Krug und deutete auf mich. Die Frau brachte mir ein sauberes Glas, und Sarah goss mir ein. »Normalerweise trinke ich nachmittags nicht«, erklärte sie. »Aber dein Vater hat mir den Tag durcheinandergebracht.«
    Ich sah mich um. »Ist das Ihr Stammlokal?«
    Sie lachte. »Früher vielleicht.« Sie deutete mit dem Finger durch den Raum. »Wenn sich dein Leben so lange wie meins innerhalb von zehn Quadratmeilen bewegt, dann lernst du da so ziemlich jeden kennen.«
    Ich betrachtete die beiden Riesen, mit denen sie getrunken hatte. Sie saßen mit dem Rücken zur Bar auf den Hockern, und ihre Füße standen auf dem Boden, als könnten sie in Sekundenschnelle wieder herüberkommen. Im Gegensatz zu den anderen behielten sie uns aufmerksam im Auge. »Anscheinend liegt denen was an Ihnen.«
    Sie trank einen Schluck Bier. »Wir haben die gleiche Einstellung. Und wir kennen uns schon ewig.«
    »Können wir uns unterhalten?«
    »Nur wenn du die Bemerkung mit der Dealerin zurücknimmst. Ich deale nicht.«
    »Dann nehme ich sie zurück.«
    »Worüber willst du dich unterhalten?« Trotz der vielen leeren Gläser schien sie nicht betrunken zu sein.
    Ihr Gesicht war weich und faltenlos, aber unter allem lag etwas Hartes, ein metallischer Glanz, der ihrem Lächeln eine scharfe Kante verlieh. Sie wusste, was hartes Leben und schwere Entscheidungen waren. Ich sah es an ihrem taxierenden Blick und daran, wie sie einen dünnen Draht des Kontakts zu den beiden Jungs an der Bar hielt. Sie beobachteten uns und warteten ab.
    »Zweierlei«, sagte ich. »Woher kennen Sie mich, und was hat mein Vater gewollt?«
    Sie lehnte sich zurück und schob sich auf dem Stuhl zurecht. Ihre Finger fanden ein

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