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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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legte sie zusammengerollt auf die Bauchwunde und befahl ihr, sie fest anzudrücken. Der Schmerz glühte in ihren Augen, und sie stöhnte, als sie tat, was ich sagte. Ich legte meine Hand auf ihre.
    »Sie ist nichts Besonderes«, sagte Miriam.
    »Sie braucht einen Arzt.«
    Miriam stand auf. »Lass sie sterben.«
    »Du bist keine Mörderin«, sagte ich und begriff sofort, dass ich mich irrte. Ich sah es am Glitzern in ihren Augen, an den Funken eines irren Lichtes. »0 mein Gott.«
    Ich sah alles.
    »Danny hat mit dir Schluss gemacht.«
    »Halt den Mund.«
    »Er hat mit allen seinen Freundinnen Schluss gemacht. Er wollte Grace heiraten.«
    »Halt den Mund!«, schrie Miriam und kam näher. »Er hat dich benutzt, Miriam.«
    »Halt den Mund, Adam.«
    »Und Gray Wilson —«
    »Halt den Mund, halt den Mund, halt den Mund!« Fast unverständlich. Ein anschwellendes Kreischen. Die Pistole in ihrer Hand machte einen Satz. Eine Kugel fuhr in den Boden und riss helle weiße Splitter aus dem Holz. Die nächste traf mein Bein, und jäher Schmerz schoss durch meinen Körper. Ich stürzte neben Grace zu Boden und umklammerte die Wunde. Miriam fiel neben mir auf die Knie. Ihr Gesicht war verzerrt von Sorge und wilder Reue.
    »Es tut mir leid«, rief sie hastig und laut. »Es tut mir so leid. Das wollte ich nicht. Es war ein Unfall.«
    Mühsam zerrte ich meinen Gürtel herunter. Blut spritzte auf den Boden, bevor ich den Gürtel um mein Bein schlingen konnte. Dann ließ der Strom nach. Der Schmerz nicht.
    »Alles okay?«, fragte Miriam.
    »0 Gott ...« Qualen erfüllten mich, heiße, ätzende Dornen. Miriam kam auf die Füße. Sie ging mit schnellen Schritten im Kreis herum und fuchtelte erregt mit der Pistole. Das schwarze Auge richtete sich auf mich und schwenkte wieder weg. Ich beobachtete es angstvoll und wartete auf sein rotes Zwinkern.
    Ihre Schritte wurden langsamer, und die Farbe wich aus ihrem Gesicht. »Was Danny für mich getan hat. Was für ein Gefühl er mir gegeben hat.« Sie nickte. »Er hat mich geliebt. Er muss mich geliebt haben.«
    Ich konnte nicht anders. »Er hat viele Frauen geliebt. So war er eben.«
    »Nein!« Ein wutentbrannter Aufschrei. »Er hat mir einen Ring gekauft. Er sagte, er braucht Geld. Viel Geld. Er wollte nicht sagen, wofür, aber ich wusste es. Eine Frau weiß so etwas. Also hab ich es ihm geliehen. Wozu hätte er es sonst haben wollen? Er hat einen Ring gekauft. Einen wunderschönen Ring für die Ewigkeit. Er wollte mich überraschen.« Sie nickte. »Aber ich wusste es.«
    »Lass mich raten«, sagte ich. »Dreißigtausend Dollar.« Sie erstarrte. »Woher weißt du das?« Ihr Gesicht verzerrte sich. »Hat er es dir erzählt?«
    »Er hat seine Wettschulden damit bezahlt. Er hat dich nicht geliebt, Miriam. Grace hat nichts Böses getan. Sie wollte Danny nicht mal.«
    »Oh! Sie ist ja auch so was verdammt Besonderes.« Etwas trat in ihren Blick, eine neue Erkenntnis. »Du glaubst, du weißt alles«, sagte sie. »Hältst du dich für so verdammt schlau? Du weißt nichts. Gar nichts!« Sie weinte plötzlich. Hilflos. Sie wiegte sich von einem Fuß auf den anderen. »Daddy liebt sie mehr.«
    »Was ...?«
    »Mehr als dich!« Ihre Stimme versagte. »Mehr als mich ...« Sie wiegte sich weiter und klopfte mit dem Pistolenlauf an ihren Kopf, wie Zebulon Faith es getan hatte.
    Eine Stimme kam durch die offene Tür. »Das ist nicht wahr, Miriam.« Es war mein Vater. Ich hatte ihn nicht kommen hören. Er füllte den Türrahmen aus in seinen lehmverschmierten Buschstiefeln und der dornenfesten Hose. Er hielt sein Gewehr gesenkt, aber es war auf Miriam gerichtet. Sein Gesicht war grau unter der Sonnenbräune, und sein Finger war unter den Abzugsbügel geschoben. Als Miriam ihn sah, zuckte sie zusammen und richtete ihre Pistole wieder auf Grace. Ihre Tränen flossen stärker.
    »Daddy ...«, sagte sie.
    »Es ist nicht wahr«, wiederholte er. »Ich habe dich immer geliebt.«
    »Aber nicht so wie sie«, sagte Miriam. »Nie so wie sie.« Mein Vater trat ins Zimmer. Er sah Grace an, dann Miriam. Er widersprach nicht noch einmal.
    »Ich habe gehört, was du sagst«, rief sie. »Du und Dolf, wenn ihr euch abends unterhaltet. Du bemerkst mich nie. Du würdest mich nicht sehen, wenn ich neben dir säße. Oh, aber Grace! Die vollkommene, liebe Grace! Als ob ein Licht von ihr ausginge... Das sagst du doch gern, oder? Sie ist so rein. So anders als alle anderen. Anders als ich.« Wieder schlug sie sich mit der Pistole an

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