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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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ein langes Gesicht bei der Erkenntnis, dass Grace wohl kaum den Mann umarmen würde, der sie so misshandelt hatte. In meinem Blick war keine Nachsicht, als ich ihm in die Augen sah. Er kam einen halben Schritt näher und sprach meinen Namen noch einmal aus, fragend, flehend, und eine Sekunde lang dachte ich darüber nach. Er litt an seiner Reue und den Jahren, die so unversöhnlich zwischen uns standen.
    »Ich glaube nicht«, sagte ich und ging hinaus.

ACHT
    A ls ich in die Nachtluft hinaustrat, sah ich mich nach Jamie um und entdeckte ihn am Rande des Parkplatzes. Er saß am Steuer eines dunklen Trucks, trank einen Schluck aus einer Flasche und stieg nicht aus. Ein Krankenwagen erschien mit ausgeschalteten Blinklichtern.
    »Ich brauche eine Zigarette«, sagte Grantham und ging davon, um eine aufzutreiben.
    Wir blickten ihm nach, und zwischen uns herrschte das verlegene Schweigen, das bekümmerte Leute so gut kennen. Ich hörte eine Hupe; das Licht an Jamies Laster strahlte auf. Er deutete nach rechts, zur Einfahrt des Parkplatzes. Ich drehte mich um und sah, wie ein langer schwarzer Wagen zwischen den schmalen Betonmauern hindurchfuhr und anhielt. Der Motor wurde abgestellt, zwei Türe gingen auf, und sie stiegen aus: meine Schwester Miriam und ein untersetzter Mann in schwarzen Stiefeln und Polizeiuniform. Beide sahen mich gleichzeitig und hielten inne. Miriam machte ein erschrockenes Gesicht und blieb beim Wagen stehen. Der Mann grinste und kam herüber.
    »Adam.« Er nahm meine Hand und schüttelte sie wie einen Pumpenschwengel.
    »George.«
    George Tallman war ein Mitläufer gewesen, so lange ich mich erinnern konnte. Er war ein paar Jahre jünger als ich und war mit Danny sehr viel besser befreundet gewesen als mit mir. Ich zog meine Hand zurück und musterte ihn. Er war über eins achtzig groß, vielleicht fünfundneunzig Kilo schwer und hatte dichtes, aschblondes Haar und runde braune Augen. Er war massig, aber nicht fett, und er war stolz auf seinen Händedruck.
    »Als ich dich das letzte Mal mit einer Waffe gesehen habe, George, warst du betrunken und hast Bierdosen mit dem Luftgewehr von einem Baumstumpf geschossen.«
    Er warf einen Blick zu Robin, und seine Augen wurden schmal.
    Der Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. »Das ist lange her, Adam.«
    »Er ist kein richtiger Coup«, sagte Robin.
    Einen Augenblick lang sah George wütend aus, aber es war gleich wieder vorüber. »Ich mache Schulbetreuung«, sagte er. »Halte den Kids Vorträge über Drogen und so weiter.« Er sah Robin an. »Und ich bin Polizist.« Seine Stimme klang ungerührt. »Mit Dienstpistole und allem Drum und Dran.«
    Ich hörte eine zögernde Stimme, und als ich mich umdrehte, stand Miriam da. Sie wirkte blass in ihrer lässig weiten Hose und der langärmeligen Bluse. Nervös lächelte sie mich an, aber ihr Blick war nicht ohne Hoffnung. Sie war erwachsener geworden, doch sie sah nicht aus wie auf ihrem Porträt. »Hallo, Miriam«, sagte ich.
    »Hi, Adam.«
    Ich umarmte sie und fühlte ihre Knochen. Sie erwiderte die Umarmung, aber ich spürte, dass sie noch immer von Zweifeln geplagt war. Sie und Gray Wilson waren gute Freunde gewesen. Dass ich wegen Mordes an ihm vor Gericht gestanden hatte, war ein schwerer Schlag für sie gewesen. Ich drückte sie noch einmal an mich und ließ sie dann los. Kaum war ich zurückgetreten, füllte George die Lücke aus. Sein Arm legte sich um ihre Schultern, und er zog sie an seine Seite. Das überraschte mich. Er war immer hinter Miriam hergelaufen wie ein Hündchen, das man gerade noch tolerierte.
    »Wir sind verlobt«, verkündete er.
    Ich schaute hinunter und sah den Ring an ihrer Hand: gelbgold mit einem kleinen Brillanten. Fünf Jahre, erinnerte ich mich. Die Dinge ändern sich. »Glückwunsch«, sagte ich.
    Miriam machte ein unbehagliches Gesicht. »Dies ist eigentlich weder die Zeit noch der Ort, um darüber zu reden«, sagte sie.
    Er drückte sie fester an sich, pustete durch die Nase und hob den Kopf. »Du hast recht.«
    Ich warf einen Blick hinüber zum Wagen, einem glänzenden schwarzen Lincoln. »Wo ist Janice?«
    Miriam sagte: »Sie wollte mitkommen —«
    »Wir haben sie nach Hause gebracht«, unterbrach George.
    »Warum?«, fragte ich, kannte die Antwort jedoch schon.
    George zögerte. »Die Zeit. Die Umstände.«
    »Mit anderen Worten, ich?«
    Miriam schrumpfte unter meinen Worten zusammen, und George sprach es aus. »Sie sagt, diese Geschichte überführt dich, wie das Gericht

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