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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Hauswand, und einer von ihnen, vielleicht Grantham, hielt seine Pistole mit beiden Händen, die Mündung senkrecht nach oben gerichtet. Und es sah aus, als nicke er mit dem Kopf. Als zähle er.
    Wieder schaute ich zum Schuppen hinüber. Ein Mann in einer dunklen Hose. Sein Gesicht konnte ich nicht erkennen, aber er war es. Er musste es sein.
    Danny Faith.
    Mein Freund.
    Er duckte sich und sprintete auf die Bäume zu, wo der Pfad von der Hütte wegführte. Ich hörte auf zu denken. Ich fing an zu rennen, zum Rande der Lichtung, auf den Schuppen zu, den Revolver in der Hand.
    Ich hörte die Polizei an der Hütte: Stimmen, krachendes Holz. Jemand schrie: »Alles klar!«, und der Ruf wurde wiederholt wie ein Echo.
    Wir waren allein, wir beide, und ich hörte, wie er durch das Unterholz brach und die Zweige hinter ihm zurückschnellten. Ich erreichte den Waldrand, der Schuppen ragte vor mir auf, und dann war ich da und sah den Feuerschein durch die Türritzen und die schmutzverschmierten Fenster. Im Schuppen brannte es. Lodernde Flammen. Ich war dicht daneben, als die Fensterscheiben herausflogen.
    Die Explosion schleuderte mich zu Boden. Ich rollte auf den Rücken, als die Flammen in die Höhe schossen und die Nacht zum Tage machten. Bis zum Waldrand konnte ich alles sehen. Unter den Bäumen war es immer noch dunkel. Aber er war dort, und ich sprang auf und lief ihm nach.
    Ich hatte die Bäume erreicht, als Grantham meinen Namen rief. Ich sah ihn in der Tür der Hütte und stürzte mich halb blind ins Unterholz. Aber ich war in solchen Wäldern aufgewachsen, ich kannte sie, und als ich stolperte, war ich wie von einer Feder geschnellt sofort wieder auf den Beinen. Doch dann stürzte ich schwer, und der Revolver flog mir aus der Hand. Ich fand ihn nicht wieder, durfte keine Zeit verschwenden — ich ließ ihn liegen.
    Ich sah den Mann auf dem Weg, einen Schimmer seines Hemdes, als er um eine Biegung verschwand. Sekunden später hatte ich ihn eingeholt. Er hörte mich und drehte sich um, und ich rannte mit vollem Lauf gegen seine Brust. Ich landete auf ihm und sah, dass ich mich geirrt hatte. Ich fühlte es, als meine Hände sich um seinen Hals schlossen. Er war zu dünn, zu spröde für Danny Faith. Aber ich kannte ihn, und meine Finger gruben sich tiefer in die welke Kehle.
    Sein eigener, bitterer Hass glühte in seinem Gesicht, und er wand sich unter mir. Er drehte den Kopf zur Seite, um mich zu beißen, konnte meine Hand jedoch nicht erreichen. Seine Finger krallten sich um meine Handgelenke, und er versuchte, meine Hände wegzuziehen. Er krümmte die Knie, und seine Fersen trommelten auf dem harten Lehmboden. Halb wusste ich, dass ich mich geirrt hatte. Halb war es mir gleichgültig. Vielleicht war es Danny gewesen. Vielleicht war er in der Hütte, festgenommen und in Handschellen. Vielleicht hatten wir uns alle geirrt, und es war gar nicht Danny gewesen, der meine Grace vergewaltigt hatte. Nicht Danny, sondern dieser elende alte Drecksack. Dieser jämmerliche, wertlose, nichtswürdige Motherfucker, der mit den Füßen auf die Erde trommelte, während ich ihm das Leben aus dem Hals quetschte.
    Ich drückte noch fester zu.
    Seine Hände ließen meine Handgelenke los, und ich spürte, dass er an seiner Hüfte herumfummelte. Als ich etwas Hartes zwischen uns fühlte, begriff ich meinen Fehler. Ich rollte von ihm herunter, als die Schüsse knallten. Zwei gewaltige Explosionen zerrissen die Dunkelheit und blendeten mich. Ich rollte weiter, vom Weg herunter und ins feuchte Dickicht zwischen den Bäumen. Ich prallte gegen einen dicken Stamm, presste mich mit dem Rücken dagegen und wartete darauf, dass der Alte herankam und die Sache zu Ende brachte. Aber es fiel kein Schuss mehr. Ich hörte Stimmen, sah Lichter — blinkende Dienstmarken und Gewehrläufe, glatt wie Glas. Grantham stand vor mir und leuchtete mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht. Ich wollte aufstehen. Ein krachender Schlag traf meinen Kopf, und ich lag auf dem Rücken. »Legen Sie dem Schwanzlutscher Handschellen an«, sagte Grantham zu einem der Deputys. Der Deputy packte mich, drehte mich auf den Bauch und rammte mir sein Knie ins Kreuz.
    »Wo ist die Waffe?«, wollte Grantham wissen.
    »Das war Zebulon Faith«, sagte ich. »Er hat geschossen.«
    Grantham sah sich um und leuchtete den Pfad entlang. »Ich sehe hier draußen nur Sie«, sagte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Er hat den Schuppen angezündet und ist abgehauen. Als ich ihn aufhalten wollte, hat

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