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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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sage?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Warum machst du dir dann die Mühe zu fragen? Es ist passiert.«
    Wir waren beide ausgelaugt, und unsere Nerven lagen bloß. Robin hatte ihr Polizistengesicht aufgesetzt; ich erkannte es allmählich ziemlich gut. »Warum hat Grantham mich laufen lassen?«, fragte ich. »Er hätte mir das Leben zur Hölle machen können.«
    Sie überlegte kurz und zeigte dann auf den Haufen schwarzer Asche. »Zebulon Faith hatte in den Schuppen ein Methamphetamin-Labor. Wahrscheinlich hat er mit dem Geld die Schulden bezahlt, die er für seinen Grundstückskauf aufnehmen musste. Er hatte den Brandsatz schon vorbereitet. Er muss gewusst haben, dass die Polizei kam. Wir werden etwas Entsprechendes finden — einen Bewegungssensor an der Straße, einen Anruf aus einem der Trailer, an denen man unterwegs vorbeikommt. Etwas, das ihn gewarnt hat. Viel ist nicht mehr davon übrig.«
    »Reicht es?«
    »Für eine Anklage? Vielleicht. Aber Geschworene sind unberechenbar.«
    »Und Faith?«
    »Der dürfte komplett verschwunden sein, und für seine Beteiligung an dem Labor gibt es nur Indizien.« Sie drehte sich auf dem Sitz herum und sah mich an. »Wenn die Sache vor Gericht kommt, braucht Grantham deine Aussage zum Nachweis dafür, dass Zebulon Faith hier war. Das hat er bei seiner Entscheidung, dich gehen zu lassen, berücksichtigt.«
    »Ich bin trotzdem überrascht.«
    »Crystal ist ein großes Problem. Eine Verurteilung wird Eindruck machen. Der Sheriff ist Politiker.«
    »Und wenn Grantham glaubt, ich hätte etwas mit Grace' Vergewaltigung zu tun? Würde er auch sie dafür verkaufen?«
    Robin zögerte. »Grantham hat guten Grund zu bezweifeln, dass du etwas mit dem Überfall auf Grace zu tun hast.«
    Da war etwas Neues, das in ihrem Gesicht für Anspannung sorgte. Ich kannte sie zu gut. »Etwas hat sich geändert«, stellte ich fest.
    Sie dachte darüber nach, und ich wartete ab. Schließlich gab sie nach. »Der Angreifer hat einen Zettel am Tatort zurückgelassen. Eine Botschaft.«
    Mir wurde kalt. »Und das hast du die ganze Zeit gewusst?«
    »Ja.« Sie sagte es ohne Reue.
    »Was stand drauf?«
    »>Sag dem Alten, er soll verkaufen.<«
    Ich starrte sie ungläubig an.
    »Das stand da.«
    Ich sah nur noch rot. Ich stieg aus und ging los.
    Ich hätte ihn umbringen sollen.
    »Adam.« Ich spürte ihre Hände auf meinen Schultern. »Wir wissen nicht, ob es Zebulon Faith war. Oder Danny. Viele Leute wollen, dass dein Vater verkauft, und mehr als einer hat ihm gedroht. Das mit dem Ring könnte ein Zufall sein.«
    »Irgendwie bezweifle ich das.«
    »Sieh mich an«, sagte sie. Ich drehte mich um. Sie stand in einer kleinen Mulde, und ihr Kopf reichte mir gerade bis an die Brust. »Du hast heute Glück gehabt. Ist dir das klar? Jemand hätte sterben können. Du. Faith. Eigentlich hätte die Sache schlimmer ausgehen müssen, als sie es getan hat. Wir werden uns darum kümmern.«
    »Ich bin dir keine Versprechungen schuldig, Robin.«
    Ihr Mund verzog sich in plötzlicher Bitterkeit. »Selbst dann käme es auch nicht darauf an. Ich weiß, was deine Versprechungen wert sind.«
    Sie wandte sich ab, und als sie aus der Dunkelheit unter den Bäumen hervortrat, legte sich der Tag wie eine Last auf ihre Schultern. Sie verschwand in ihrem Wagen; die Hinterräder ließen die Erde in weitem Bogen nach hinten spritzen, als sie schleudernd wendete. Ich trat hinter ihr auf die Straße hinaus und sah, wie ihre Heckleuchten aufstrahlten, als sie davonraste.
    Ich brauchte eine halbe Stunde, um Dolfs Revolver zu finden, aber schließlich entdeckte ich ihn — ein schwarzer Fleck unter Millionen anderen. Dann wanderte ich auf dem Pfad am Fluss entlang, meine Schritte lautlos auf der weichen Erde. Der Fluss bewegte sich dahin wie immer, aber sein Murmeln war gedämpft, und nach einiger Zeit hörte ich es nicht mehr. Ich ließ die Gewalt hinter mir und suchte so etwas wie Frieden, eine Stille, die über taube Empfindungslosigkeit hinausging. Durch den Wald zu laufen half dabei. Genau wie die Erinnerung an Robin in der ersten Zeit, an meinen Vater vor dem Prozess, an meine Mutter, bevor das Licht in ihr erlosch. Ich ging langsam und berührte die raue Rinde mit den Fingern. Hinter einer Wegbiegung blieb ich stehen.
    Fünf Schritte vor mir, den Kopf zum Saufen gesenkt, stand ein weißer Hirsch. Seine Decke glänzte noch feucht von der Nachtluft, und ich sah ein Zittern in seiner Schulter, wo sie das Gewicht des mächtigen Halses und des

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