Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
Vom Netzwerk:
Frage.
    Ich ging zurück zum Sheriff und suchte in seinem Gesicht nach irgendeinem Hinweis. Nichts. Tote Augen, und der Mund ein Schlitz im Fett. »Okay«, sagte ich. »Gehen wir.«
    Der Sheriff wandte sich ab, und etwas flackerte über das Gesicht des Deputys an seiner Seite. Ich sah mich nach meinem Vater um. Er hob die Hand, und Parks beugte sich zu mir. »Hören Sie sich an, was er zu sagen hat, Adam, aber halten Sie den Mund. Da drinnen ist niemand Ihr Freund. Nicht einmal Dolf.«
    »Was reden Sie da?«
    »Man hat schon gehört, dass eine Mordanklage aus Freunden Feinde gemacht hat. Das passiert ständig. Wer als Erster einen Deal macht, darf als Erster nach Hause gehen. Dieses Spiel spielt jeder Staatsanwalt im County. Und jeder Sheriff weiß es.«
    Meine Stimme klang unnachsichtig. »Dolf ist nicht so.«
    »Sie würden nicht glauben, was ich schon alles erlebt habe.«
    »Nicht diesmal.«
    »Seien Sie einfach vorsichtig, Adam. Sie haben einen der größten Mordprozesse überstanden, die in diesem County jemals geführt wurden. Das wurmt den Sheriff seit fünf Jahren. Politisch hat es ihm geschadet, und ich garantiere, dass es ihn schlaflose Nächte gekostet hat. Er will immer noch ein Stück von Ihrem Fleisch. Das liegt in der menschlichen Natur. Also denken Sie daran: Wenn ich nicht dabei bin, genießt Ihr Gespräch nicht den Vertrauensschutz einer Unterredung zwischen Anwalt und Mandant. Gehen Sie davon aus, dass man Sie belauscht, ja, sogar auf Tonband aufnimmt. Auch wenn man Ihnen ausdrücklich das Gegenteil versichert.«
    Die Warnung war überflüssig. Ich war schon einmal hinter dieser Tür gewesen, und ich machte mir keine Illusionen. Einseitig verspiegelte Fenster, Mikrofone, harte Fragen. Ich erinnerte mich. An der Tür blieb der Sheriff stehen. Ein Summer ertönte. Ein Schloss öffnete sich klickend.
    »Kommt's Ihnen bekannt vor?«, fragte der Sheriff. Ich ignorierte den spöttisch verzogenen Mundwinkel und trat durch die Tür. Nach fünf langen Jahren war ich wieder drin.
    Ich hatte viel Zeit hier verbracht und kannte es wie mein eigenes Zuhause, die unübersichtlichen Ecken, die Wachtposten, schnell reizbar und mit einsatzbereiten Schlagstöcken. Es roch immer noch nach Erbrochenem, Desinfektionsmittel und schwarzem Schimmel.
    Ich hatte mir geschworen, nie wieder nach Rowan County zurückzukommen, aber ich hatte es doch getan. Und jetzt war ich hier — im Knast. Aber es ging um Dolf, und ich war nicht in Haft. Das war ein großer Unterschied.
    Wir begegneten Gefangenen in Overalls und Flip-Flops. Manche bewegten sich frei, andere schlurften in Handschellen und unter Bewachung durch die Gänge. Die meisten hielten den Blick gesenkt, aber manche starrten mich herausfordernd an. Ich starrte zurück. Ich wusste, wie es funktionierte; ich kannte die Regeln in diesem Dschungel. Ich hatte gelernt, die Raubtiere zu erkennen. Sie hatten mich eines Tages angefallen. Ich war reich, ich war weiß, und ich hatte mich geweigert wegzuschauen. Mehr war eigentlich nicht nötig, und sie hatten schon sehr bald beschlossen, mich kleinzumachen.
    In der ersten Woche hatte ich drei Schlägereien. Es kostete mich eine gebrochene Hand und eine Gehirnerschütterung, um meinen Platz in der Hackordnung zu erkämpfen. Ich stand nicht an der Spitze, nicht mal annähernd, aber das Urteil war gefallen.
    Tough genug, um in Ruhe gelassen zu werden.
    Also — ja, ich erinnerte mich.
    Der Sheriff führte mich in das größte der Vernehmungszimmer und blieb an der Tür stehen. Ich sah ein Stück von Dolf durch das kleine Fenster in der Tür, aber dann versperrte der Sheriff mir die Sicht. »Es läuft folgendermaßen«, sagte er. »Sie gehen allein da rein, und Sie kriegen fünf Minuten. Ich bin hier draußen, und was immer Ihr Anwalt Ihnen erzählt hat, Sie werden unter vier Augen miteinander sprechen.«
    »Tatsächlich?«
    Er kam dicht heran, und ich sah den Schweiß auf seinem Gesicht, das kurz geschorene graue Haar und die sonnengebräunte Kopfhaut darunter. »Ja. Tatsächlich. Wird schwer sein, da was zu vermasseln. Selbst für Sie.«
    Ich reckte mich nach links und spähte durch die Scheibe. Dolf saß vorgebeugt da und starrte auf die Tischplatte. »Warum tun Sie das?«, fragte ich.
    Er verzog den Mund und senkte die fleischigen Lider. Dann drehte er sich um, schob den Schlüssel in das breite Schloss und drehte ihn mit geübter Handbewegung. Die Tür schwang auf. »Fünf Minuten«, sagte er und trat zur Seite. Dolf blickte nicht

Weitere Kostenlose Bücher