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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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nicht aushalten, und ich wusste, was er meinte. Die Gitter, den Geruch des Knasts. Die blanke Tatsache, dass es ihn gab. Niemand versuchte, Jamie zu überreden. Er war den ganzen Nachmittag mürrisch gewesen, und er und Dolf hatten nicht viel für einander übrig. Das Gebäude ragte düster vor dem Abendhimmel auf. Wir bogen durch den Gegenverkehr auf den Parkplatz, stiegen die breite Treppe hinauf und gingen durch die Sicherheitskontrolle. Im vorderen Raum roch es nach Heißleim und Fußbodenreiniger. Mit metallischem Krachen fiel die Tür hinter uns zu, und lauwarme Luft wehte seufzend aus den Öffnungen unter der Decke. Vier Leute saßen auf orangegelben Plastikstühlen an der Wand entlang: zwei Hispanics in grasfleckigen Kleidern, eine alte Frau mit teuren Schuhen und ein junger Mann, der sich die Nägel blutig kaute.
    Parks in seinem makellosen Anzug fiel auf, aber niemand war beeindruckt, schon gar nicht der Sergeant hinter der verschrammten kugelsicheren Scheibe. Parks richtete sich auf, kehrte den Anwalt heraus und verlangte Dolf Shepherd zu sprechen.
    »Nein.« Die Antwort war unmissverständlich, und sie kam mit der müden Gleichgültigkeit langjähriger Übung.
    »Wie bitte?« Der Anwalt war anscheinend ehrlich gekränkt.
    »Er ist in der Vernehmung. Niemand kann ihn sprechen.«
    »Aber ich bin sein Anwalt.«
    Der Sergeant zeigte auf die lange Reihe der Plastikformstühle. »Nehmen Sie Platz. Wird ein Weilchen dauern.«
    »Ich verlange meinen Mandanten zu sehen, und zwar auf der Stelle.«
    Der Sergeant lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Das Alter hatte ihm seine Zeichen aufgedrückt: tiefe Stirnfalten und einen Bauch wie ein Koffer. »Werden Sie hier noch einmal laut, und ich werfe Sie eigenhändig aus dem Gebäude«, sagte er. »Bis ich andere Anweisungen bekomme, wird niemand ihn sehen. Das sagt der Sheriff persönlich. Sie können sich hinsetzen oder gehen.«
    Der Anwalt ließ sich auf die Fersen zurücksinken, aber seine Lippen blieben schmal. »Wir sind noch nicht fertig«, sagte er.
    »Doch, sind wir.« Der Sergeant stand auf, ging nach hinten und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Dann lehnte er sich an die Theke und starrte uns durch die schusssichere Scheibe an. Mein Vater legte dem Anwalt die Hand auf die Schulter.
    »Setzen Sie sich, Parks.«
    Der Anwalt stakste in die hintere Ecke, und mein Vater klopfte an die Scheibe. Der Sergeant stellte seinen Kaffee hin und kam herüber. Meinen Vater behandelte er mit mehr Respekt. »Ja, Mr. Chase?«
    »Kann ich mit dem Sheriff sprechen?«
    Die Züge des Mannes entspannten sich. Trotz allem, was in den letzten Jahren geschehen war, hatte mein Vater noch immer eine mächtige Position in diesem County und wurde von vielen geachtet. »Ich werde ihm sagen, dass Sie hier sind. Aber ich kann nichts versprechen.«
    »Mehr will ich gar nicht.«
    Mein Vater zog sich zurück, und der Sergeant griff zum Telefon. Seine Lippen bewegten sich kaum merklich. Dann legte er auf und sah meinen Vater an. »Er weiß, dass Sie hier sind«, sagte er.
    Wir versammelten uns in der Ecke. »Das ist inakzeptabel, Jacob«, flüsterte Parks. »Sie dürfen einen Anwalt nicht von seinem Mandanten fernhalten. Das sollte sogar Ihr Sheriff wissen.«
    »Hier stimmt was nicht«, sagte ich.
    »Nämlich?«
    Die Frustration stand dem Anwalt ins Gesicht geschrieben. Mein Vater zahlte ihm dreihundert Dollar die Stunde, und er kam nicht einmal am Pförtner vorbei.
    »Wir übersehen irgendetwas.«
    Parks wurde blass. »Das hilft uns nicht weiter, Adam ...«
    »Trotzdem ...«
    »Was übersehen wir?«, fragte mein Vater.
    Ich sah ihm an, dass er sich nur noch mühsam beherrschte. Dolf war wie ein Bruder für ihn.
    »Keine Ahnung. Dolf weiß, dass Parks hier ist. Und Parks hat recht. Selbst dieser Sheriff weiß, dass er einen Verdächtigen nicht vernehmen und seinen Anwalt inzwischen im Vorzimmer herumhocken lassen darf.« Ich sah Parks an. »Welche Rechtsmittel haben wir? Was können wir tun?«
    Parks setzte sich hin und sah auf die Uhr. »Es ist nach Feierabend, also können wir bei Gericht nichts mehr erreichen. Nicht, dass die etwas tun könnten. Der Haftbefehl sah einwandfrei aus. Abgesehen davon, dass er mir den Zugang verwehrt, handelt der Sheriff im Rahmen seiner Befugnisse.«
    »Was können Sie uns über den Haftbefehl erzählen?«, fragte ich.
    »In der Kurzfassung? Aus Dolfs .38er stammt die Kugel, die Danny Faith getötet hat. Sie haben die Waffe bei der

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