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Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Titel: Der dunkle Geist des Palio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Frank
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erschreckten Schreie, spuckte sie sogar voller Hass an! Mitten ins Gesicht. Dann endlich rannte er davon.
    Maria war zutiefst erschrocken. Zeigte ihr sein Verhalten doch, wozu Gianluca fähig war, wenn er sich abgewiesen und verletzt fühlte. Aber nach diesem Zwischenfall kehrte für einige Monate Ruhe ein. Bis sie ihn, gemeinsam mit Angelo, vor wenigen Tagen im Garten ihres Hauses entdeckt hatte.
    Ob es jetzt auch wieder Gianluca war, der sie verfolgte? Sie hatte geglaubt, die Sache gehöre endlich der Vergangenheit an. In Maria stieg die Angst hoch. Was sollte sie tun, wenn tatsächlich er es war, der ihr erneut auflauerte?
    Noch einmal drehte sie sich um und ließ ihren Blick über die Passanten gleiten. Konnte sie ihn irgendwo entdecken? Was sollte sie bloß tun, wenn es wieder zu einer Konfrontation kam? Ihr Herz raste bei diesem Gedanken. Dann stutzte sie, als sie ein Gesicht bemerkte, das ihr bekannt vorkam. Erleichtert atmete sie auf. Es war Antonia, die immer wieder für einen kurzen Moment in der Menschenmenge hinter ihr auftauchte und gleich darauf wieder verschwand. Das war es also! Vermutlich hatte sie das Gesicht der Haushälterin unbewusst wahrgenommen. Sie blieb stehen, um auf Antonia zu warten, schließlich wollte sie nicht unhöflich erscheinen. Sicher hatte die junge Frau sie auch längst entdeckt und bemerkt, dass Maria sich mehrmals nach ihr umdrehte. Was sollte sie denken, wenn sie jetzt einfach so tat, als hätte sie Antonia nicht gesehen?
    Doch kurz bevor die Haushälterin zu Maria aufgeschlossen hätte, bog sie plötzlich scharf nach rechts ab und verschwand in einem Lebensmittelgeschäft.
    Maria zuckte mit den Achseln. So war es ihr natürlich auch recht. Genau genommen war es ihr sogar lieber so. Was hätte sie schon mit Antonia zu bereden gehabt? Obwohl sie nun dank Alessandro ja sogar wusste, dass Antonia sich für Musik und Katzen interessierte.
    Erleichtert wandte Maria sich ab und überquerte die Piazza del Campo. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf, während sie darüber nachdachte, wie übertrieben ängstlich sie reagiert hatte. Gianluca hatte doch längst verstanden, dass sie nichts von ihm wissen wollte.
    Am Rande des Platzes lagerten bereits riesige Sandhaufen für den Palio. Meterhohe Berge feinster, ockerfarbener Erde, die Terra di Siena, die eigens aus dem Hinterland angekarrt und mit Planierraupen festgewalzt wurde, damit die Pferde während des Rennens den nötigen Grip auf dem Untergrund fanden.
    Maria musste über diesen ganzen Irrsinn beinahe lachen. Natürlich war sie stolz auf das, was ihre Stadt auf die Beine stellte und was sie auszeichnete. Beim Anblick des kostbaren Sandes fiel ihr aber auch Alessandro wieder ein, der seit Jahren erbittert das große Ereignis bekämpfte, um das die Stadt so viel Wirbel machte. Was für eine Aktion die Tierschützer wohl diesmal ausgeheckt hatten? Ein bisschen unwohl war ihr schon bei dem Gedanken – immerhin ritt auch Angelo mit und sie wollte nicht, dass ihm etwas zustieß. Früher, so überlegte Maria, war jeder Sienese für den Palio gewesen. Jeder, ohne Ausnahme. Gemeinsam hatten die Menschen, alte und junge, Männer und Frauen, den Sand auf dem Campo festgestampft, als es noch keine Planierraupen gab.
    Das musste ein herrliches Fest gewesen sein.
    Damals.

 
    Ich steche nur zur Verteidigung.
    Motto des Stachelschweins (istrice)
     

     
    7
     
    Montag, 9. August 1880, eine Woche vor dem Palio
     
    L achen hallte über den muschelförmigen Platz, auf dem sich einige hundert Menschen in der Abenddämmerung versammelt hatten. Pferdekutschen standen über die Piazza del Campo verteilt, auf deren Ladeflächen sich Berge von feinstem ockerfarbenem Sand türmten. Männer hoben den Sand mit Schaufeln herunter und verteilten ihn auf dem Boden, während die Frauen ihn mit gerafften Röcken feststampften.
    Diese Verrichtung war anstrengend. Und so liefen zwischen den Arbeitenden ältere Frauen umher und versorgten die Durstigen mit Getränken.
    Mädchen kicherten, wenn junge Männer ihnen unanständige begehrliche Blicke zuwarfen. Die eine oder andere Liebe nahm hier ihren Anfang. Unter den strengen Augen der Mütter und Väter.
    Eva Maria half natürlich auch mit, den Bodenbelag für das Rennen vorzubereiten. Doch immer wieder verharrte sie, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Sie war kurzatmig und das Arbeiten fiel ihr schwerer als sonst. Das Schlimmste war jedoch, dass sie sich nichts anmerken lassen durfte.
    Immer

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