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Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Titel: Der dunkle Geist des Palio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Frank
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gehört?«
    Der Jockey nickte und kratzte sich dabei im Nacken. Signore Morelli rieb sich innerlich bereits in Vorfreude die Hände. Was konnte es Besseres geben, als einen guten alten Bekannten zu treffen, mit dem man schon mehr als einen Abend lang getrunken und gelacht hatte, und ihn um einen klitzekleinen Gefallen zu bitten?
    »Das freut mich«, fuhr er deshalb fort und klopfte seinem Gegenüber freundschaftlich auf die Schulter. »Der Wald kann sich glücklich schätzen, einen so erfahrenen, guten Jockey wie dich zu bekommen.«
    Gabriel grinste und entblößte dabei eine wenig attraktive Zahnlücke, die er sich bei einem seiner Reitunfälle zugezogen hatte. »Ich habe gehört, der Adler hat Fernando an Land gezogen?«
    »Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, also haben wir ihn gefragt.«
    »Ich verstehe.«
    »Hör mal, Gabriel.« Der Ton des capitano wurde vertraulicher. »Ich mache mir ein bisschen Sorgen wegen Danilo.«
    »Er reitet wieder für den Panther, nicht wahr?«
    »Genau. Und der Panther und der Adler … na, du weißt schon …«
    Wie viele seiner Kollegen war Gabriel gebürtiger Sizilianer. Die Feinheiten der sienesischen Freundschaften und Feindschaften erschlossen sich ihm deshalb nicht automatisch. Trotzdem wusste jeder Jockey, der am Palio teilnahm, darüber Bescheid, wie die einzelnen Contraden zueinander standen.
    »Danilo ist ein guter Jockey«, sagte Gabriel. »Aber für seinen Erfolg geht er auch über Leichen.«
    »So ist es«, bestätigte Morelli. »Und deshalb mache ich mir Sorgen.«
    Gabriel nickte stumm.
    »Meinst du …« Der capitano zog einen Fünfhunderter aus seiner Hosentasche, fasste in einer freundschaftlichen Geste nach Gabriels Hand und drückte den Schein hinein, den Gabriel, ohne einen Blick darauf zu werfen, in seiner Jackentasche verschwinden ließ.
    »Aber klar doch, Filipo«, sagte er. »Wir sollten mal wieder zusammen einen trinken gehen, was?«
    »Auf jeden Fall, alter Freund. Und das geht auf meine Rechnung, verlass dich drauf.«
    Gabriel lachte, winkte dem capitano noch einmal zu und verschwand im Gedränge.
    Signore Morelli sah ihm zufrieden hinterher. Dieser Fünfhunderter war gut investiert. Da war er sich sicher. Und während er seinen Blick weiter über die Menge schweifen ließ, erblickte er Danilo, der in ein Gespräch mit dem fantino des Stachelschweins vertieft war. Als hätten sie gerade über ihn gesprochen, sahen beide gleichzeitig zu ihm hinüber. Müde hob Morelli eine Hand und winkte den beiden zu, die augenblicklich zurückwinkten. Selbst wenn man gerade die boshaftesten Gemeinheiten ausheckte, war es eine Frage des Anstands und der Ehre, einen dargebotenen Gruß zu erwidern. Doch trotz der demonstrierten Freundlichkeit nahm sich der capitano vor, nach einer passenden Gelegenheit zu suchen, um mit dem Jockey des Stachelschweins ein Wort zu wechseln. Natürlich würde ihm der Mann nur versichern, dass ihm nichts ferner läge, als sich in den Streit zwischen Panther und Adler einzumischen. Und Morelli wusste jetzt schon, dass das eine saftige Lüge sein würde. Aber was sollte er machen? Seufzend wandte er sich ab und entdeckte Marcello, den Jockey des Einhorns – auch er ein alter Bekannter. Und Signore Morelli hatte nicht die Absicht, auch nur eine einzige Chance ungenutzt zu lassen.
    »Ciao, Marcello!«, rief er und der Jockey wandte sich sofort zu ihm um, als hätte er nur darauf gewartet, angesprochen zu werden.
    »Ciao, Filipo! Was machst du denn hier?«
    »Ach, du weißt doch, wie das ist«, erwiderte Morelli, »man sieht und hört sich um.«
    Marcello nickte. »Natürlich. Ich verstehe. Und was machen deine Vorbereitungen für den Palio, capitano? «
    »Sind in vollem Gange. Apropos Palio … hör mal, Marcello, du reitest dieses Jahr doch fürs Einhorn, oder?«
    Marcello nickte stumm.
    »Und der Panther hat ausgerechnet Danilo wieder verpflichtet.«
    »Ein scharfer Hund.«
    Jetzt war es Morelli, der nickte. »Meinst du …« Er tastete erneut nach einem Geldschein, als Marcello einen Ausfallschritt nach vorne machte und genau auf seinen Zehenspitzen landete. Der capitano trug weiche Slipper und musste einen Aufschrei unterdrücken, indem er die Augen zukniff. Als er sie wieder öffnete, blickte er genau in Danilos Gesicht, der ihn und Marcello unter zusammengezogenen Augenbrauen finster anstarrte, bevor er betont gelassen weiterschlenderte, als sei nichts gewesen.
    Marcello stieß einen leisen Fluch aus. »Dieser figlio di puttana hat

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