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Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Titel: Der dunkle Geist des Palio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Frank
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verständnislos an.
    »Warum zerstört Ihr mein Glück?«
    »Dein Glück, mein Kind«, antwortete ihr Vater und seine Stimme war jetzt wieder ruhig. Gefährlich ruhig. »Dein Glück hast du in einem unachtsamen Moment ganz allein zerstört.«
    Instinktiv legte Eva Maria eine Hand schützend auf ihren Bauch. Dann drehte sie sich um und rannte davon. Vorbei an Hunderten von Menschen, die fröhlich lachend auf der Piazza del Campo gemeinsam arbeiteten, bevor sie sich in wenigen Tagen an der gleichen Stelle gegenseitig bekämpfen würden. Vorbei an Lorenzo, der, auf seine Schaufel gelehnt, mit der jungen rothaarigen Frau scherzte, die bei seinen Worten aufreizend den Kopf nach hinten warf und lachte.
    Doch Eva Maria bekam nichts davon mit. In ihren Augen schimmerten Tränen.

 
    Glaube und Heilung von der Waffe,
    die ich vorne trage.
    Motto des Einhorns (leocorno)
     

     
    8
     
    9. August, eine Woche vor dem Palio
     
    M aria steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Man musste die schwere alte Holztür ein wenig zu sich heranziehen, um sie öffnen zu können. Aber dies waren Dinge, die nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut übergingen und über die man nicht mehr nachdachte. Maria stieß die Tür auf und genoss die kühle Luft, die ihr augenblicklich aus der großen und stets dunklen Eingangshalle des Palazzo entgegenströmte.
    Im Inneren des alten italienischen Herrenhauses herrschte selbst bei gleißendem Sonnenlicht eine diffuse Dämmerstimmung. Denn die Fenster waren, wie bei Häusern im Süden üblich, recht klein, um die wärmende Wirkung der Sonne so wenig wie möglich ins Haus zu lassen. Nach einem Stadtbummel genoss Maria stets die erfrischende Kühle des Hauses. Sie warf ihren Schlüsselbund auf die kleine antike Anrichte im Flur und rief gleichzeitig nach ihrem Vater. Als sie keine Antwort bekam, fiel ihr wieder ein, dass Filipo heute Morgen gesagt hatte, er wolle zu einem Rennen etwas außerhalb der Stadt, um sich dort die Pferde anzusehen, die für den Palio in Betracht kamen.
    Also stieg Maria die Treppe zu ihrem Zimmer im ersten Stock hinauf und war froh, ein wenig Zeit für sich zu haben. Die Papiertüte, in der die neue, sonnengelbe Bluse steckte, die sie soeben erworben hatte, raschelte an ihren Beinen. Maria lächelte vor sich hin. Vielleicht schaffte Angelo es, sich heute Nachmittag noch für ein paar Stunden freizumachen. Da war es gut, dass sie die Gelegenheit hatte, sich frisch zu machen. Beschwingt öffnete sie die Tür zu ihrem Zimmer – und blieb wie angewurzelt stehen. Die Tüte entglitt ihr und fiel leise auf den Boden.
    Erschrocken hielt sich Maria die Hand vor den Mund, während sie mit weit aufgerissenen Augen die Szenerie vor sich zu erfassen versuchte. Überall in ihrem Zimmer waren rote Rosen verteilt. Auf dem Bett, auf ihrem Schreibtisch, dem Lesesessel vor dem Bücherregal und auf dem Boden. Das ganze Zimmer war regelrecht übersät mit roten Rosen, die einen beinahe schon unangenehm süßen Duft verbreiteten.
    War das Angelos Werk? Wollte er ihr auf diese Weise seine Liebe zeigen?
    Doch dann fiel ihr Blick auf die Wand über ihrem Bett. Ein leiser Aufschrei des Entsetzens kam über ihre Lippen, denn im ersten Moment dachte sie, es sei Blut. In großen, roten Lettern stand dort ihr Name:
    M A R I A
     
    Sie schüttelte den Kopf. Nein, das konnte unmöglich Angelo getan haben. Er würde niemals mit roter Farbe ihre Wände vollschmieren! Erst jetzt entdeckte sie, dass jemand auch ihre Schränke durchwühlt hatte. Die Schubladen ihres Schreibtischs standen ebenso offen wie die Fächer ihre Kommode, in der sie ihre Unterwäsche aufbewahrte, und über der normalerweise die Fotos von ihr und Angelo hingen, die jetzt allerdings mit zum Teil zerbrochenen Rahmen ebenfalls kreuz und quer im Zimmer verteilt waren, als hätte sie jemand wutenbrannt durch die Gegend geschleudert.
    Dann fiel ihr Blick auf einen zarten türkisfarbenen Slip aus glänzender Seide, der zusammengeknüllt mitten auf dem Boden zu ihren Füßen lag. Unwillkürlich fingen ihre Hände an zu zittern, als sie nun die sorgfältig auf ihrem Bett drapierte Unterwäsche bemerkte, die nicht sie dort hingelegt hatte: Der BH aus rosa Spitze lag oben, säuberlich geschlossen, und etwas tiefer der dazugehörende, ebenfalls rosafarbene Slip.
    Mit bebenden Fingern zog Maria das Handy aus ihrer Handtasche.
    »Angelo, bitte, komm, ich brauche dich. Pronto! «
     
    »Pezzo di merda«, fluchte Angelo und stolzierte wütend im

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