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Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Titel: Der dunkle Geist des Palio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Frank
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indem sie ihre Pferde nach links oder rechts ausscheren ließen, hielt sich Gabriel, der Jockey des Waldes, im Hintergrund. Er wartete hinter dem zweiten Startseil und beobachtete das Scharmützel der anderen, um den bestmöglichen Zeitpunkt für seinen Start nicht zu verpassen. Erst wenn er sein Pferd Callimero in den Bereich zwischen den beiden Startseilen, die mossa, lenkte, senkte der mossiere das vordere Seil und gab das Rennen damit frei.
    »Vai! Vai!«, riefen die Menschen um Maria herum voller Ungeduld. Das lange Warten hatte die Nerven aller bis aufs Äußerste strapaziert. Lauft! Lauft!
    Und dann war es endlich so weit: Gabriel auf Callimero stieß seinem Hengst die Fersen in die Flanken und das Tier preschte davon. Das Startseil fiel, die Pferde galoppierten los und die Menge begann zu schreien.
    Die unerwarteten Böllerschüsse ließen Maria zusammenzucken.
    Claudia stöhnte und mit ihr etwa zehntausend weitere Zuschauer. Alessandro hingegen kicherte schadenfroh und Maria fragte sich insgeheim, wie ihre Freundin zu Alessandros oftmals kriminellem Engagement als Tierschützer stand. Wusste sie überhaupt davon? Und was würde sie davon halten?
    »Fehlstart«, stellte Claudia unnötigerweise fest und lenkte Marias Aufmerksamkeit damit wieder auf das Geschehen.
    Es dauerte einige Meter, bis die fantini ihre Pferde zum Stehen gebracht hatten und zum Startbereich umkehren konnten.
    Marias Herz klopfte, als sie sah, dass Angelo Ambrosa etwa auf ihrer Höhe anhalten ließ. Und als er die Stute wendete, blickte er ihr genau in die Augen. Maria hielt die Luft an. Auf Angelos Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus, als er sie erkannte. Dann führte er eine Hand zum Mund, legte die Finger auf seine Lippen und streckte ihr die offene Hand entgegen. Marias Erleichterung in diesem Moment war so groß, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. Sie lächelte zurück und spitzte ebenfalls die Lippen zu einem Kussmund.
    »Oh, wie süß«, zischte Claudia neben ihrer Freundin. »Wenn das keine wahre Liebe ist.«
    Und zum ersten Mal seit Langem war Marias Lächeln, das sie ihrer Freundin schenkte, kein bemühtes. Endlich ließ die Anspannung, die sie die ganze Zeit gespürt hatte, nach und sie konnte sich voll und ganz auf den Palio konzentrieren. Angelo liebte sie noch! Er hatte ihr die dumme kleine Eifersuchtsszene, die sie ihm geliefert hatte, verziehen.
    Maria atmete einmal tief ein und stieß die Luft wieder aus, dann sah sie zu, wie die Pferde erneut Aufstellung nahmen. Über der Piazza lag eine drückende Hitze und Maria fühlte sich mittlerweile etwas erschöpft. Das lange Stehen zwischen Tausenden anderer Menschen empfand sie als anstrengend. Die Hitze war neben den Gefahren, die dieses Rennen unter Umständen auch für die Zuschauer barg, wohl der Hauptgrund dafür, dass beim Palio keine kleinen Kinder unter den Zuschauern waren. Über die Köpfe der Erwachsenen hinweg hätten sie ohnehin nichts von dem Rennen mitbekommen.
    Zum zweiten Mal lieferten sich die Jockeys jetzt ein ruppiges Hin und Her. Jeder versuchte, für sich selbst die beste Startposition zu erkämpfen und die anderen bereits in dieser Phase des Rennens zu benachteiligen. Die Pferde wurde mit Tritten in die Flanken dazu gebracht, einander aus dem Weg zu schieben oder nach hinten abzudrängen, bis sich Vento, das Pferd der Wölfin, schließlich weigerte, seinen Platz zwischen Fabioncello und Manolo wieder einzunehmen. Der Startrichter machte Tino, den Jockey der Wölfin, darauf aufmerksam, dass er das Rennen nicht starten könne, wenn er Vento nicht endlich auf seine Position zurückbrachte, und Tino wies mit einer empörten Geste auf seine Kollegen, die ihre Pferde so eng nebeneinandergestellt hatten, dass zwischen ihnen nicht einmal ein Schweifhaar Platz gefunden hätte. Schließlich trieb er Vento barsch voran, sodass Fabioncello und Manolo gar keine andere Wahl blieb, als ihm Platz zu machen.
    Das Ohrspiel der Pferde verriet ihre Nervosität. Ambrosa schlug unwillig mit dem Kopf und bleckte sogar einmal die Zähne, als Pinnochio ihr zu nahe kam.
    »Siehst du das?«, wandte sich Alessandro an Maria. »Die Pferde sind alle total gestresst!« Er schüttelte wütend den Kopf.
    Maria schwieg. Von Alessandro darauf aufmerksam gemacht, musste sie zugeben, dass das stimmte. Ihr Augenmerk hatte bislang stets nur auf dem taktischen Spiel der Jockeys gelegen. Über die Pferde hatte sie sich dabei wenig Gedanken gemacht.
    Noch einmal dauerte es

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