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Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Titel: Der dunkle Geist des Palio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Frank
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Filipos Angebot abgelehnt, weil sie den Palio lieber in Gesellschaft ihrer Freunde erleben wollte. Auch wenn Alessandros finstere Miene ihre Freude ein wenig minderte.
    Jetzt galoppierten die Pferde in ihrer zweiten Runde an ihr vorbei. Erneut zog sich das Feld vor der San-Martino-Kurve, wo die Geschwindigkeit gedrosselt werden musste, enger zusammen. Maria sah, dass Angelo sich bis auf den ersten Platz vorgekämpft hatte. Dicht gefolgt von seinem ärgsten Feind Danilo, der so heftig mit der Reitgerte auf die Kruppe seines Pferdes einschlug, dass Maria glaubte, der nerbo würde jeden Moment zerbrechen. Hinter den beiden Führenden prallten die Pferde aufeinander auf, und Fabio, der Jockey der Welle, konnte sich nicht länger auf dem Rücken seiner Stute Stella halten, als sie gegen die Bahnbegrenzung gedrückt wurde und stolperte.
    Zum Glück rappelte sich Fabio direkt wieder auf. Stella humpelte ein Stück alleine weiter, blieb dann aber einfach mitten auf der Bahn stehen. Ihr linkes Vorderbein hielt sie angehoben und ihr Huf hing in einem merkwürdigen Winkel hinunter.
    Alessandro neben Maria fluchte. »Siehst du?«, wandte er sich mit zornesrotem Gesicht an seine Cousine. »Das ist der Grund, warum dieser Palio nichts weiter ist als Tierquälerei!« Er stieß harsch die Luft aus. »Von wegen Tradition«, schimpfte er. »Tradition war es auch mal, dass Frauen nicht wählen durften. Und dass man ihnen verbot, lesen und schreiben zu lernen. Wie fändest du das, hä?«
    Maria antwortete nicht. Ihr Blick ruhte auf der verletzten Stute. Widerwillig musste sie Alessandro in diesem Moment zustimmen, während Stella so ungünstig in der Mitte der Bahn stand, dass niemand es wagen konnte, das arme Tier in Sicherheit zu bringen, ohne das eigene Leben dabei aufs Spiel zu setzen.
    Und schon preschten die Reiter erneut heran. Immer noch führte Angelo mit Ambrosa das Feld an. Und immer noch folgte Danilo auf Pinocchio ihm in weniger als einer Pferdelänge Abstand. Maria atmete erleichtert auf, als Angelo die gefürchtetste Kurve der Rennstrecke zum dritten Mal unbeschadet überwand und unfallfrei an Stella vorbeigaloppierte. Jetzt konnte eigentlich nicht mehr viel schiefgehen!
    Von ihrem Platz aus hatte Maria ein langes, gerades Stück der Rennstrecke im Blick. Und doch verschwand Angelo schnell hinter der nächsten Kurve und sie musste sich auf ihr Gehör verlassen, wenn sie wissen wollte, was geschah. Die entsetzten Aufschreie am andere Ende des Platzes verhießen nichts Gutes. Maria spürte Panik in sich aufsteigen. Was hätte sie darum gegeben, sehen zu können, was sich in diesem Augenblick an der zweitgefährlichsten Stelle der Rennbahn abspielte!
    Doch sie konnte nichts sehen.
    Sie konnte nicht sehen, wie Angelo in der zweiten Kurve von Danilo weit nach innen gedrängt wurde. So weit, dass er an der Ecke der scharf zu nehmenden Kurve anstieß und von Ambrosas Rücken rutschte. Sie konnte nicht sehen, wie sich ihr Verlobter verzweifelt am Zügel der Stute festzuhalten versuchte und einige Meter weit mitgeschleift wurde, während Danilo die Führung übernahm. Sie konnte ebenso wenig sehen, wie Angelo von dem nachfolgenden Pferd überrannt wurde und völlig bewegungslos auf dem ockerfarbenen Sand liegen blieb.
    Nun übernahm Danilo in Führung und wurde von Camillero verfolgt, der sich reiterlos bis an die zweite Position vorgekämpft hatte und immer noch näher herankam. Die Zuschauer kreischten. Würde ein cavallo scosso diesen Palio für sich entscheiden? Die Regeln des Palio sahen vor, dass auch ein reiterloses Pferd das Rennen gewinnen konnte, solange es nur sein spennachiero noch am Kopf trug. Und Callimero wäre nicht das erste Pferd, dem ein solcher Sieg gelang.
    Doch in der letzten Kurve vor der Zielgeraden verlor Callimero plötzlich den Halt unter den Hufen. Er stolperte, stürzte und riss Pinnochio mit sich zu Boden, als er mit seinen fast fünfhundert Kilo Gewicht von hinten in ihn hineinrutschte. Danilo flog in hohem Bogen vom Rücken seines Pferdes und konnte nur noch zusehen, wie der junge, unerfahrene Jockey Santo auf dem Rappen Mirtillo regelrecht an ihm vorbeiflog.
    Santo hatte das Beste aus seiner guten Startposition an der Innenseite der Bahn herausgeholt. Das gesamte Rennen über hatte er seinen vierten Platz verteidigen können. Und nun, nachdem die drei Pferde vor ihm sich selbst aus dem Rennen geworfen hatten, sah er seine große Chance gekommen. Er warf einen kurzen Blick zurück über die

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