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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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haben. Bukarest stellte Nachforschungen an, die ergaben, daß Gesteinsprengungen durchgeführt worden waren. Bloß hatten sie sich dafür merkwürdig unzugängliche Orte ausgewählt. Orte, von denen man das gesprengte Gestein überhaupt nicht abtransportieren kann. Dann haben sie für die Armee Rekruten geworben, indem sie den Sold erhöhten. Damit nicht genug, führten sie Manöver durch. Dabei passierte nun etwas auffällig Komisches. Ixanische Soldaten sind schon normalerweise alles andere als große Kämpfer vor dem Herrn, aber es scheint, daß diese Manöver noch komischer waren als gewöhnlich. Unsere Leute in Bukarest witterten etwas. Haben Sie schon einmal von einer Armee gehört, die mit Telefonzentralen angreift? Nun, genau das haben diese Spaßvögel getan. Ich kenne mich ein wenig in Strategie aus und habe ihre Manöverkarten gesehen. Dort, wo die Unterstützungsartillerie hätte sein müssen, hatten sie Telefonzentralen. Und was dem Faß den Boden ausschlägt: Das ganze Manöver bestand in Rückzugsübungen. Verstehen Sie das?«
    »Sie werden lachen, aber ich glaube, ich verstehe es. Doch fahren Sie bitte fort«, sagte Carruthers.
    »Und dann gab’s da noch ein paar Sachen, aber die waren politischer Natur. Der allgemeine Eindruck jedoch war, daß das kleine Ixanien anfing, den starken Mann zu markieren, sozusagen zu verstehen gab, daß es auch jemand sei. Das allein ist natürlich noch nichts Besonderes. Das Entscheidende an der Sache aber war, daß das Land jede Möglichkeit wahrnahm, um seinen Nachbarstaaten lästig zu fallen. In Paris gab es gerade nicht viel zu tun, und da die Redaktion es für möglich hielt, daß hier etwas im Busch war, hat man mich hierher geschickt, damit ich einige Artikel schreibe, so im Stil: ›Ein abgelegenes Land Europas‹, ›Im Herzen Ixaniens‹, ›Der Balkan aus der Wandervogelperspektive‹ – Sie kennen ja das Zeugs. Nun, nachdem ich mich ein bißchen umgetan hatte, schien mir einiges mehr drinzuliegen als bloß Material für eine solche Artikelserie. Ich berichtete es nach Hause, und sie sagten mir, ich solle ein, zwei Wochen hierbleiben.
    Das erste, worüber ich stolperte, war Rovzidskys Tod. Die Gräfin Schverzinsky regiert das Land, und er war ihr Vertrauter. Sie reiste sogar mit ihm von London nach Hause, wie mir dann einfiel. Warum wurde er umgebracht? Ich fand heraus, daß er der Leiter einer neuen Fabrik werden sollte, die sie an den Ufern des Stausees gebaut hatten. Niemand schien aber zu wissen, was man dort zu fabrizieren gedachte. Ich tippte auf Munitionsherstellung, etwas in der Richtung auf jeden Fall, und als dann Cator & Bliss gleich zwei Mann hoch hier auftauchte, glaubte ich schon, richtig geraten zu haben. Wollte Cator & Bliss Waffen an Ixanien verkaufen? Es kostete mich nicht wenig, um das herauszufinden, aber ich habe es herausgefunden. Cator & Bliss wollte Ixanien keine Waffen verkaufen, und Ixanien seinerseits wollte weder von Cator & Bliss noch von irgendjemand sonst Waffen kaufen. Die Regierung hatte schon bei Skoda Granatwerfer bestellt, was ich Ihnen – soviel ich weiß – ja schon gesagt habe. Auf jeden Fall war ich verwirrt, und Sie, Professor, trugen zu meiner Verwirrung nicht wenig bei. Es war mir klar, daß Sie etwas wußten, aber ich kam nicht dahinter, und ich wußte auch nicht, warum Sie hier waren und was Sie hier wollten. Ich hoffe es zu erfahren, bevor die Nacht um ist. Kurzum, ich kam zum Schluß, daß die Gräfin der Schlüssel zu dem Geheimnis ist. Also behielt ich sie im Auge. Das ist ein angenehmer Job, man sieht sie sich gern an, aber klüger wurde ich dadurch auch nicht. Dafür fand ich aber einiges über einen Offiziersorden heraus, der sich der Rote Fehdehandschuh nennt und der Rovzidsky und noch viele andere auf dem Gewissen hat. Ich erfuhr auch, daß hoch droben in den Bergen so eine Art Laboratorium steht, über das aber niemand etwas Bestimmtes sagen wollte oder konnte. Heute war ich dort droben, um mir die Sache selbst einmal anzusehen, und dabei haben Sie mir eine übergezogen.«
    »Verzeihung, wenn ich Sie unterbreche«, warf Carruthers ein, »aber es würde mich interessieren, wie Sie das herausgefunden haben, Mr. Casey.«
    »Wenn Sie glauben, ich hätte es ganz besonders klug angestellt, dann irren Sie sich«, antwortete Casey offen. »Es war ein purer Glückstreffer. Haben Sie schon einmal etwas von der Jungbauern-Partei gehört?«
    Carruthers überlegte einen Moment, durchsuchte dann seine

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