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Der dunkle Herzog

Der dunkle Herzog

Titel: Der dunkle Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Ashley
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großartige Ideen, aber er bemerkt nicht die kleineren Probleme der ganz gewöhnlichen Menschen. Das geschieht jedenfalls erst, wenn es zu spät ist. So, wie er die Fenier nicht beachtet hat, bis sie versucht haben, ihn zu töten. Und dann besitzt er die Unverfrorenheit, überrascht zu sein.«
    Ian sah sie noch immer unverwandt an, als fesselten ihre Augen ihn. Eleanor wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht hin und her.
    »Ian.«
    Er zuckte zusammen und schaute weg.
    Eleanor schob das Erinnerungsbuch beiseite. »Du klingst sehr überzeugt, wenn du sagst, dass du Hart finden wirst. Fast so, als hättest du ihn bereits gefunden. Weißt du, wo er ist?«
    Ian schwieg wieder, sein Blick glitt an ihr vorbei zum Fenster und dem Nebel dahinter. Er schaute so lange dorthin, dass Eleanor zu glauben begann, er wusste es und versuchte zu entscheiden, ob er es ihr sagen sollte.
    Dann stand Ian auf. »Nein«, sagte er und verließ das Zimmer.

21
    Reeve hatte am Südufer der Themse nahe Blackfriars Bridge ein kleines Bootshaus gemietet, aber er und seine Familie verbrachten die meiste Zeit entweder auf dem Fluss oder auf dem auf den Strand gezogenen Boot.
    Er streifte endlos umher und suchte in der Kanalisation und im Fluss, in den Wasserrohren, unter den Brücken und in den Eisenbahntunneln nach Schätzen. Er behauptete, dass alles entlang des unterirdisch fließenden Flusses Fleet ihm gehöre, auch wenn seine Konkurrenten ihm das Gebiet von Zeit zu Zeit streitig machten. Deshalb das Messer.
    Mrs Reeve versorgte ihre Familie jeden Tag mit frischem Wasser aus einer öffentlichen Pumpe – an einem der neuen Brunnen, an denen man weitab vom Fluss Wasser zapfen konnte. Sie schaffte genug für alle herbei, genug sogar für Hart, damit er sich waschen und die Zähne putzen konnte. Nie zuvor hatte er die einfache Freude von Zahnpulver, das er sich von Lewis bei einem Apotheker hatte holen lassen, so empfunden wie jetzt.
    Die Reeves fanden weder heraus, wer Hart war, noch schien es sie zu kümmern. Hart erwies sich als willig, mit anzupacken – er und Reeve schleppten das Boot den Strand hoch und wieder hinunter ins Wasser, Hart lernte, wie man ein Netz auswarf, und er half Lewis dabei, jeden Abend »den Fang« durchzusehen.
    Das Einzige, was Reeve Hart nicht tun ließ, war, mit ihm in die Tunnel zu gehen – das erfordere ein gewisses Geschick, wiederholte Reeve beharrlich, und er habe nicht vor, in ihnen noch einmal nach Hart suchen müssen. Hart war einverstanden, wollte er doch diese verdammten Abwasserrohre nie wieder sehen. Hart wusste auch, dass Reeve nicht das Risiko eingehen wollte, dass Hart sich davonmachen und Reeve seine Belohnung nicht bekommen würde.
    Was Hart anging, so war er noch nicht bereit dazu, zu gehen. Mehr als alles andere auf der Welt wollte er zurück zu Eleanor – er träumte jede Nacht von ihr. Aber seit er aus den weggeworfenen Zeitungen, die Reeve aufs Boot brachte, erfahren hatte, dass Eleanor wohlauf war, ebenso wie Ian, zwang er sich, dem fast übermächtigen Drang zu widerstehen, zu ihr zu eilen. Scotland Yard und andere jagten noch immer diejenigen, die versucht hatten, Hart zu töten, und er konnte Eleanor und seine Familie besser beschützen, wenn er sich weiterhin verborgen hielt. Aber er wollte Eleanor eine Nachricht zukommen lassen, um ihr mitzuteilen, dass es ihm gutging.
    Dazu brauchte er jemandes Hilfe. Hart beobachtete die Reeves, schätzte sie ein, arbeitete daran, ihr Vertrauen zu gewinnen, während er darüber nachdachte, ob er ihnen sein Vertrauen schenken konnte.
    Hart versuchte nicht, auf Reeves Boot das Kommando zu übernehmen oder Reeve zu sagen, was er zu tun habe. Stattdessen machte er Vorschläge, die durchaus Hand und Fuß hatten. Dass er Stiefel brauche, die gut passten, damit er besser dabei helfen konnte, das Boot über den Kiesstrand zu tragen. Einen Fischerpullover, um ihn über seinem dünnen Hemd zu tragen, damit er sich nicht Reeves gute Jacke ausborgen musste. Er brachte Mrs Reeve dazu, für ihn eine Hose aufzutreiben, noch bevor er einen Tag bei ihnen war, damit er sein Plaid als Decke für seine Matratze verwenden konnte. Er ließ sich einen Bart stehen, wirr und rot und stoppelig-kratzig. Aus der Entfernung, und vielleicht sogar aus der Nähe, sah er aus wie ein ganz gewöhnlicher Fischer.
    Hart begann vorzuschlagen, wohin sie mit dem Boot fahren und die Netze auswerfen könnten, um ihre Ausbeute zu vergrößern. Er fing an, nachts Wache zu halten, damit der Junge

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