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Der dunkle Herzog

Der dunkle Herzog

Titel: Der dunkle Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Ashley
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wir Sie gefunden haben.«
    »Kilts«, sagte Hart.
    »Er wird vermisst, seit die Bombe im Eustoner Bahnhof hochgegangen ist. Manch einer glaubt, dass er in die Kanalisation gefallen ist, und die meisten denken, dass er tot ist und in die Themse gespült worden ist.« Reeve schwieg, bis er Tabak in seine Pfeife nachgestopft und ihn angezündet hatte. »Sieht so aus, als hätte ich ihn finden müssen, wenn der Mann in einem der Gitter hängengeblieben wäre.«
    Hart sagte nichts. Reeve musterte ihn aus seinen lebhaften dunklen Augen, während er weiter seine Pfeife stopfte.
    »Menschen verschwinden zu allen Zeiten«, sagte Hart. »Und manches Mal, um nie gefunden zu werden.«
    Reeve zuckte die Schultern. »Kommt schon vor, dass der eine oder andere seine Gründe hat, zu verschwinden.«
    »Kann schon sein. Sie werden gefunden, wenn sie bereit sind, gefunden zu werden.«
    »Dieser Mann war jedenfalls unglaublich reich. Ich könnte mir vorstellen, dass er gern in seinen Palast zurückkehren würde und in seinem weichen Bett schlafen und von Silbertellern essen.«
    Hart rieb sich das Kinn mit dem noch nicht ganz vertrauten Bart. Er hatte morgens einen Blick auf sich erhascht, in dem kleinen, blinden Spiegel in der Kabine, und ihm war fast schlecht geworden, hatte er doch geglaubt, den Geist seines Vaters zu sehen. Ein bärtiger Mann mit funkelnden Augen hatte Hart aus dem Spiegel angesehen – ein übellauniger, arroganter Mann, der zu sehr von sich überzeugt war.
    War er das? Vielleicht hatte Harts Vater sich mit dem gleichen Selbstekel gehasst, den Hart manchmal empfand. Der Mann hatte um sich geschlagen statt seine Wut nach innen zu richten. Doch der alte Duke war tot, deshalb würde Hart es niemals wissen.
    Reeve paffte seine Pfeife. »Es könnte diesem Duke doch vielleicht ’ne Menge wert sein, nicht gefunden zu werden, eh?«
    Hart erwiderte Reeves Blick. »Könnte es. Wenn er wirklich so reich ist, kann er tun, was ihm gefällt. Genau wie ein Mann, der seine Familie damit durchbringt, anderer Leute Müll zu durchsuchen, statt sich einen Job in einer Fabrik zu suchen.«
    Reeve schnaubte. »Fabriken. Knochenarbeit Tag und Nacht, eingesperrt, ohne deinen Jungen aufwachsen zu sehen. Freiheit, die ist mehr als all ihre Silberteller und ein schönes Haus wert.«
    »Da stimme ich zu.«
    Sie tauschten noch einen Blick. »Dann bleibt alles beim Alten?«, fragte Reeve.
    »Ich glaube schon.«
    Reeve zuckte noch einmal die Schultern, lehnte sich zurück und saugte heftig an seiner Pfeife. »Nun, ich hoffe, sie finden den Burschen. Die Rohre in Londons Untergrund können tödlich sein.«
    »Das ist mir klar.«
    Reeve fuhr fort, still seine Pfeife zu rauchen, und Hart schaute über den Fluss, während er sich vieles durch den Kopf gehen ließ.
    Nach einer Weile rührte Reeve sich wieder. »Pub?«
    Hart nickte stumm, und die beiden Männer verließen das Boot, gingen über den Kiesstrand und stiegen die Stufen zur Straße hinauf.
    Die Besucher des Pubs hatten sich daran gewöhnt, Reeve in Harts Begleitung zu sehen. Sie akzeptierten Reeves Geschichte, dass Hart ein Wanderarbeiter sei, den das Glück verlassen habe, und der Reeve gegen Kost und Logis bei der Arbeit helfe. Reeve unterhielt sich mit seinen Bekannten, und keiner kümmerte sich weiter um Hart, der ein Bier vom Wirt spendiert bekommen hatte. Er hielt den Kopf gebeugt, während er die Zeitung von vorn bis hinten durchlas.
    David Fleming hatte die Führung der Koalition übernommen, las er. Gut. David wusste, was zu tun war. Die Koalition war populär, weil Gladstone für die meisten Leute zu sehr nach Radikalismus und Revolution schmeckte, und die Tories die großen Landbesitzer begünstigten. Harts Partei stand irgendwo dazwischen und war etwas für jeden. Diese Strategie hatte Hart festgelegt.
    Die Wahlen, so stand es in dem Zeitungsartikel, würden die Männer der Koalition an die Macht bringen, und Fleming, als der neue Kopf, würde die Regierung leiten. Die Königin schätzte Fleming nicht sonderlich – Hart übrigens auch nicht –, aber Gladstone konnte sie noch weniger leiden.
    Die Zeitung war eher voller Sorge über Khartum und Gordon und die Deutschen, die sich langsam über das südliche Afrika ausbreiteten, als über den vermissten Duke of Kilmorgan. Eine kleine Notiz berichtete, dass Harts Leiche noch nicht gefunden worden sei. Aber die Themse war tief und kannte keinen Stillstand. Ein trauriges Ende für einen so stolzen Mann wie Hart MacKenzie. Schottland

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