Der dunkle Highlander
Er gehörte zu Gwen, und Gwen war schwanger - Chloe hingegen war es nicht. Das wusste sie genau, weil Gwen sie vor ein paar Tagen überredet hatte, einen Schwangerschaftstest zu machen. Sie sagte, dass Chloe - wenn der Test positiv ausfiel - etwas hätte, woran sie sich aufrichten konnte. Unglücklicherweise blieb ihr die frohe Botschaft, die Gwen vor sieben Monaten erhalten hatte, versagt.
Das Testresultat war negativ. Wie ihr Leben. Negativ und ein Flop auf der ganzen Linie.
»Ich finde, du solltest nicht allein sein«, protestierte Gwen.
Chloe versuchte zuversichtlich zu lächeln, aber aus Gwens Miene schloss sie, dass sie bloß ein beängstigendes Zähnefletschen zustande gebracht hatte. »Ich komme schon zurecht, Gwen. Aber ich kann wirklich nicht länger hier bleiben. Ich kann es nicht ertragen ...« Sie verstummte, weil sie Gwens Gefühle nicht verletzen wollte.
»Ich verstehe«, sagte Gwen traurig. Sie hatte sich ganz ähnlich gefühlt, als sie glaubte, Drustan für immer verloren zu haben, und plötzlich Silvans Nachkommen gegenüberstand. Sie konnte sich gut vorstellen, was Gwen beim Anblick von Drustan empfand. Und Chloe konnte sich nicht mal darauf freuen, wenigstens seine Kinder zur Welt zu bringen.
Am schlimmsten war, dass es keine Gewissheit gab. Dageus war wie vom Erdboden verschluckt - einfach nicht mehr da. Gwen hatte in den ersten Tagen auch die Hoffnung, dass er wieder auftauchen würde. Doch dann hatte Drustan ihr gestanden, dass er seit dem Verschwinden seines Zwillingsbruders nicht mehr diese einzigartige Verbundenheit spürte, die es nur unter Zwillingen gab und die Dageus und er auch über weite Entfernungen hinweg gespürt hatten.
Sie beschlossen, vorerst nicht mit Chloe darüber zu sprechen. Gwen war nicht sicher, ob diese Entscheidung richtig gewesen war. Sie wusste, dass Chloe im Stillen immer noch hoffte.
»Wir kommen in ein paar Wochen nach Manhattan«, verkündete Gwen und nahm Chloe fest in die Arme. Sie verharrten eine ganze Weile in der Umarmung, dann riss Chloe sich los und rannte durch das Gate, als könnte sie Schottland nicht schnell genug hinter sich lassen.
Gwen sah ihr weinend hinterher.
Das Spiel mit dem Vielleicht war, wie Chloe bald feststellte, das grausamste Spiel von allen - weit schlimmer als das Spiel Was-hätte-sein-können.
Es war wie damals, als ihre Eltern zum Abendessen und für einen Kinobesuch ausgingen und nie wieder nach Hause kamen. Als sie mit vier Jahren vor den geschlossenen Särgen stand und die glatten, polierten Holzkisten und die verwirrenden Rituale der Beerdigung in ihr wilde Fantasien hervorriefen.
Sie hatte in einem leeren, mit Blut besudelten Raum gestanden und wusste nicht, was geschehen war.
Vielleicht hatte Dageus die Macht der Draghar genutzt, um sie zu befreien, die Sektenmitglieder zu töten und ihre Leichen mit Zauberkraft an einen anderen Ort zu schaffen, damit ihr der grausige Anblick erspart blieb. Und vielleicht hatte er sich anschließend das Leben genommen, damit sich die Prophezeiung nicht erfüllte.
Das zumindest glaubte Drustan. Und tief in ihrem Herzen glaubte Chloe das auch. Dageus hätte niemals zugelassen, dass das uralte Böse erneut sein Unwesen trieb. Nicht einmal um ihrer Liebe willen. Davon war sie felsenfest überzeugt. Denn es ging nicht um die Liebe zwischen zwei Menschen, sondern um das Schicksal und die Zukunft der ganzen Welt.
Immer wieder sah sie den Dolch vor sich, der ihr die Haut aufgeschlitzt hatte, und wie er plötzlich durch die Luft gewirbelt war. Er war in Richtung Dageus geflogen.
Aber vielleicht, insistierte eine hinterhältige innere Stimme, hatte er die Sekte der Draghar und umgekehrt diese ihn verschwinden lassen, und sie kamen alle zurück. Irgendwann. Es waren schon seltsamere Dinge vorgekommen. Buffy passierten ständig noch viel seltsamere Dinge. Vielleicht waren sie in einen erbitterten Kampf verwickelt...
Vielleicht, suggerierte ihr die Hoffnung, vielleicht ist er noch am Leben - irgendwo. Das war das furchtbarste Vielleicht.
Wie viele Jahre hatte sie geglaubt, dass ihre Eltern eines Tages durch die Haustür kommen würden? Als ihr Großvater sie mit nach Kansas nehmen wollte, hatte sie sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Sie hatte ihn angeschrien und ihm klar gemacht, dass sie nicht wegkonnte, denn wenn Mommy und Daddy heimkommen, dann wissen sie nicht, wo sie mich finden können!
Jahre hatte sie sich an diese schmerzliche Hoffnung geklammert, bis sie schließlich alt
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