Der dunkle Highlander
abgesperrt gewesen war. Verzweifelt versuchte sie, die Verriegelung in die andere Richtung zu drehen, aber Dageus stemmte die Handfläche über ihrem Kopf gegen die Tür und drängte sie in die Ecke. Instinktiv hob sie das Schwert. Als die Spitze der Klinge seine Brust auf Herzhöhe berührte, erstarrte er.
Sie sahen sich an. Ihr wurde vage bewusst, dass er ebenso flach atmete wie sie.
»Tu es, Mädchen«, sagte er ruhig.
»Was?«
»Töte mich. Ich bin ein Dieb. Die Beweise sind hier in dieser Wohnung. Du brauchst nur die Polizei zu rufen. Dann kannst du ihnen zeigen, dass ich das gälische Gespenst bin - oder war - und dich gefangen gehalten habe. Niemand wird dich verurteilen, wenn du mich tötest, um zu entkommen. Jedes anständige, ehrliche Mädchen würde das tun.«
Sie schnappte nach Luft. Ihn töten? Es gefiel ihr nicht, dass er von sich in der Vergangenheitsform sprach. Ihr Magen verkrampfte sich dabei.
»Tu es«, insistierte er.
»Ich möchte Sie nicht töten. Ich will nur gehen.«
»Weil ich dich so schlecht behandelt habe?«
»Weil Sie mich hier als Gefangene halten.«
»Und das war so schrecklich?«
»Treten Sie einfach zurück«, zischte sie.
Er drängte sich bewusst ein wenig der Schwertspitze entgegen. Chloe spürte, dass die Klinge ihm in die Haut drang. Er lächelte kalt.
Sie erschrak. Wenn sie jetzt das Schwert zurückzog, würde sie sein rotes Blut auf der Klinge sehen. Ihr wurde übel.
»Töte mich oder leg die Waffe weg«, forderte er sie eindringlich auf. »Eine andere Möglichkeit hast du nicht.«
Chloe sah ihm forschend in die Augen, in diese blitzenden goldenen Augen. Dunkle Schatten lagen in ihren Tiefen, die Farbe veränderte sich, wurde zu einem glühenden Kupferton ... aber das war doch nicht möglich! Gefahr lag in der Luft. Chloe hatte plötzlich das unheimliche Gefühl, dass etwas ... oder jemand ... dass noch jemand hier in diesem Penthouse war. Jemand, der sehr, sehr alt war. Und kalt, sehr kalt. Oder ging ihr die Kälte in seinen Augen durch Mark und Bein? Sie versuchte, diese absurden Gedanken abzuschütteln.
Er meinte es ernst. Sie musste ihn töten, wenn sie gehen wollte. Aber das brachte sie nicht fertig. Es war ganz und gar unmöglich. Sie wollte nicht, dass Dageus MacKeltar starb. Er sollte nicht sterben, niemals. Lieber sollte er, ein gemeiner Dieb und schön wie ein gefallener Engel, weiterhin da draußen herumlaufen, Gesetze brechen und Kunstgegenstände stehlen.
Als sie das Schwert sinken ließ, bewegte er schnell wie der Blitz seine Hand. Sie schrie, und das Schwert fiel auf den Boden. Etwas silbrig Glänzendes flog durch die Luft auf ihr Gesicht zu und bohrte sich knapp neben ihrem Ohr in die Tür.
»Sieh ihn dir an, Mädchen!«
»W-was?«
»Den Dolch. Es ist ein skean dhu aus dem vierzehnten Jahrhundert.«
Sie wandte vorsichtig den Kopf, sah die Waffe an und wandte sich wieder seinem Gesicht zu. Er stand dicht vor ihr und hatte beide Handflächen rechts und links von ihrem Kopf an die Tür gelegt. Der Dolch an ihrem Ohr. Dageus hatte ihn die ganze Zeit bei sich getragen. Er hätte ihn jeden Moment als Waffe einsetzen können. Aber er hatte es nicht getan.
»Du magst Kunstgegenstände, hab ich Recht?«
Sie nickte.
»Nimm den Dolch an dich.«
Chloe zwinkerte. Er ließ die Hände sinken und trat zurück. »Nur zu, nimm ihn.«
Chloe behielt ihn wachsam im Auge, während sie die Klinge mit einem leisen Ächzen aus dem Holz zog. Sie brauchte beide Hände, um sie zu befreien. »Oh«, hauchte sie. Der prachtvolle Griff war mit Smaragden und Rubinen besetzt. Es war der schönste Dolch, den sie je zu Gesicht bekommen hatte. »Er ist bestimmt ein Vermögen wert! Und er ist wunderbar erhalten. Nicht die kleinste Scharte in der Klinge. Tom würde für ein solches Stück alles geben.«
Und sie fürchtete fast, er würde auch sie, seine Angestellte, dafür geben.
»Der Dolch ist mein Eigentum. Er trägt das Wappen der Keltar auf dem Heft. Jetzt gehört er dir. Du kannst ihn behalten, wenn du gehst. Für den Fall, dass du deinen Job wirklich verloren hast.«
Er drehte sich um und ging zurück zum Sofa. Setzte sich hin und nahm erneut seine Arbeit an dem Text auf. Chloe blieb verdattert stehen. Ihr Blick wanderte zwischen dem skean dhu und Dageus hin und her. Mehrmals machte sie den Mund auf, um etwas zu sagen, aber sie brachte kein Wort hervor.
Sein Handeln hatte ihr gezeigt, dass er wirklich nicht vorhatte, ihr etwas anzutun. Was hatte er gestern Abend
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