Der dunkle Highlander
auch nicht wirklich auf diesem winzigen Plumpsklo war.« Mit Stroh statt Toilettenpapier. »Und ich weiß auch, dass ich dieses Kleid eigentlich gar nicht trage, und erst recht nicht diese ...« - sie sah hinab auf ihre Füße - »... Satinschühchen mit Schleife.« Sie straffte den Rücken und löffelte sich Marmelade aus einem Schüsselchen. »Und ich weiß auch, dass diese Erdbeermarmelade reine Einbildung ist... he, was ist das?« Sie verzog den Mund.
»Eingelegte Tomaten, meine Liebe«, erwiderte milde der Mann, der sich in ihrem Traum als Silvan vorgestellt hatte, und verkniff sich ein Lächeln.
Nicht gut, befand Chloe im Stillen. In einem Traum bestimmte der Träumende selbst, wie die Dinge schmeckten. Sie hatte an süße Erdbeermarmelade gedacht und grässliches, bitteres Gemüse geschmeckt. Noch ein Beweis, dachte sie trostlos, als ob sie noch weitere brauchen würde. Ihre Augen suchten den Tisch nach etwas Trinkbarem ab.
Dageus schob ihr einen großen Becher mit sahniger Milch hin. Sie trank gierig und spähte über den Becherrand zu Dageus. Sie hatte in der letzten Nacht wieder erotische Träume von ihm gehabt. Erschreckend intensive Träume, in denen er sie auf jede nur erdenkliche Art genommen hatte. Sie hatte jeden Augenblick genossen und war mit dem Gefühl aufgewacht, ein weiches, schmiegsames Kätzchen zu sein, das fast zu schnurren anfing.
Dageus hatte sein Haar zu einem losen Zopf geflochten, und er trug ein Leinenhemd mit Schnüren, die er jedoch nicht zugebunden hatte, so dass seine muskulöse Brust zu sehen war. Er war wie immer kraftvoll, schön, furchteinflößend und sexy.
Aber Chloe war nicht dumm. Sie wusste, dass dies kein Traum war. Im Grunde hatte sie das schon gestern Abend begriffen, und genau deswegen war sie auch in Ohnmacht gefallen. Das war an sich schon auf seltsame Weise ein Beweis: eine Träumende, die wegen der Wirklichkeitsnähe ihrer eigenen Träume ohnmächtig wird. Das Unterbewusstsein driftet in die Bewusstlosigkeit. Verwirrend, wenn man sich damit beschäftigte.
Heute Morgen war sie im oberen Stockwerk herumgewandert, durch Korridore gelaufen, hatte in Zimmer und aus Fenstern geschaut und versucht, Informationen zu sammeln, die sie zu einem Ganzen zusammensetzen konnte. Sie hatte Dinge berührt, betrachtet, in die Hand genommen - und bei dieser genaueren Untersuchung waren sogar ein paar Kleinigkeiten zu Bruch gegangen.
Alles - die Beschaffenheit der Gegenstände, die Gerüche und der Geschmack - war zu klar, um eine Fiktion zu sein. Zudem hatte man im Traum einen engeren Blickwinkel; Randerscheinungen wie Burgwächter und Dienstboten, die draußen vor den Fenstern Arbeiten verrichteten, die Chloe gar nicht kannte, so etwas nahm man im Traum nicht wahr.
Sie befand sich eindeutig in Maggie MacKeltars Schloss ... aber es sah ein wenig anders aus. Mehrere Anbauten fehlten, ein ganzer Flügel ebenfalls. Etliche Möbel waren gestern noch nicht hier gewesen, noch mehr Möbel fehlten heute - von den Menschen ganz zu schweigen! Allem Anschein nach war dies Maggies Schloss vor fünfhundert Jahren, auch wenn das unbegreiflich war.
»Willst du mich nicht vorstellen?« Sie schob Dageus den Becher hin und musterte neugierig die Frau, die sie auf Anfang bis Mitte vierzig schätzte. Seine Mutter kann das nicht sein, dachte sie, es sei denn, sie war selbst für mittelalterliche Verhältnisse noch sehr jung, als sie Dageus und Drustan geboren hat. Die Frau besaß eine leicht verblasste, aber zeitlose Schönheit und trug ein blaues Kleid, das dem von Chloe ziemlich ähnlich war. Das aschblonde Haar war zu einem komplizierten Zopf geflochten, und einige fransige Strähnen umrahmten ihr Gesicht; Gwen hat auch solche Fransen, dachte Chloe.
»Es ist doch dein Traum. Also denk dir ihren Namen selbst aus«, sagte Dageus spöttisch. Er wusste, dass sie selbst nicht an ihre Traum-Theorie glaubte, dieser verdammte Kerl.
»Ach, Dageus.« Chloe sank auf ihrem Stuhl zurück. »Was hast du bloß mit mir gemacht? Ich dachte, du bist nur ein reicher, exzentrischer Frauenheld. Na ja, und eine Zeit lang habe ich dich für einen Dieb gehalten. Und für einen Kidnapper, aber ich hätte nie gedacht ...«
»Möchtest du die Bibliothek sehen, Mädchen?«, bot er ihr belustigt an.
Chloes Augen wurden schmal. »Du glaubst wohl, dass es so einfach ist? Zeig dem Mädchen ein paar eindrucksvolle Folianten, und es macht ihr nichts mehr aus, dass du sie ins Mittelalter gezerrt hast?« Bekümmert gestand
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