Der dunkle Kreuzzug
ging für ihn eine Art perverser Faszination von diesem Nichts aus, die ihn dazu brachte, es aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.
»Da gibt es absolut nichts zu sehen.«
Alan schaute in die Richtung, aus der die Stimme kam, und entdeckte ein unbekanntes Gesicht und eine allzu vertraute Uniform: komplett grau, ohne markante Abzeichen, auch ohne sonstigen Schmuck bis auf einen einzelnen Ohrring, der vier Hände zeigte, die sich gegenseitig am Handgelenk fassten.
»Die Zor nennen es anGa’e’ren «, erwiderte Alan schließlich. »Ich kenne Sie nicht. Ich bin …«
»Ich weiß, wer Sie sind«, sagte der Hüter ohne jegliche Gefühlsregung. »Colonel Howe, der FS9 der Emperor Ian .«
»Stimmt. Und Sie sind …«
»Ah.« Er kam auf Alan zu. »Bradford. Cameron Bradford. Ich bin eben erst der Ian zugeteilt worden.« Gut fünf Meter von Alan entfernt blieb er stehen und deutete eine Verbeugung an, die mehr ein Kopfnicken als sonst etwas war. Ein Händeschütteln oder Salutieren gehörte nicht zu den Stärken der Hüter.
»Tatsächlich? Was ist mit Tom Jimenez passiert?«
»Er wurde versetzt.« Bradford sah zum Monitor, dann auf die Konsole. Die zeigte an, dass sie eine Projektion der Bugkameras der Emperor Ian darstellten.
» anGa’e’ren . Die ›Schleichende Finsternis‹, wenn ich mich recht entsinne.«
»Ja, richtig.«
»Und Sie unterstützen diesen Zor-Mythos, darf ich annehmen?«
Alan versuchte sich vorzustellen, was Jackie Laperriere darauf wohl erwidert hätte, fuhr aber fort: »Ich würde nicht sagen, dass ich irgendetwas unterstütze. Für das Volk, das daran glaubt, ist es eine Realität. Ihr Vorgänger und ich haben über dieses Thema einige Male diskutiert. Wohin wurde er eigentlich versetzt?«
Bradford drehte sich zu ihm um und sah ihn an. Einen Moment lang schien ein Anflug von Wut in den Augen des Hüters aufzublitzen, dann war der Eindruck auch schon wieder verschwunden. Alan kannte diesen Blick: Er wurde mithilfe der Hüter-Techniken durchleuchtet.
Außer uns artha ist niemand hier , dachte er.
»Woandershin«, antwortete Bradford schließlich. Er klang fast enttäuscht darüber, dass sich Alan doch als Mensch entpuppt hatte.
»Ich bin nur neugierig.«
»In meiner Einweisung wurde ich darauf hingewiesen, dass Sie sehr viele Fragen stellen«, meinte der Hüter. »Sie haben sich mit Jimenez recht gut verstanden, nicht wahr?«
»Sie stellen auch sehr viele Fragen.«
Es war nicht als Vorwurf gemeint, doch Bradford schien einen Schritt zurückzuweichen.
»Ich bin nicht hier, um wie Jimenez Zeit zu vergeuden. Ich habe an Bord dieses Schiffs eine Pflicht zu erfüllen«, hielt der Hüter dagegen. »Ich darf annehmen, dass Ihnen das bewusst ist.«
»Jeder an Bord der Emperor Ian hat eine Pflicht zu erfüllen, Bradford«, fuhr Alan ihn an. »Ich darf annehmen, dass Ihnen das bewusst ist.«
Bradford sah ihn sekundenlang schweigend an. Na, das läuft ja bestens, dachte Alan.
»Ich habe Arbeit«, sagte der Hüter schließlich, drehte sich ohne ein weiteres Wort auf dem Absatz um und verließ das Aussichtsdeck. Die Zugangstür glitt zur Seite und schloss sich gleich hinter ihm wieder.
»Sie sind niemandem Rechenschaft schuldig«, sagte Agropoulous, trank sein Glas aus und stellte es zurück auf die Theke. »Aber keine Sorge. Zivilisten sind im Offiziersclub nicht zugelassen.«
»Das höre ich gern. Allerdings schien er auch nicht daran interessiert, sich unters Volk zu mischen.« Alan nippte an seinem Drink. »Ich meine, er war unhöflich , Jim. Auf eine beleidigende Art.«
»So sind sie alle … als wäre ihre Uniform zwei Nummern zu eng.«
»Tom Jimenez war nicht so.«
»Ausnahmen bestätigen die Regel.«
»Wieso wurde er versetzt?«
»Jimenez?« Agropoulous zuckte mit den Schultern. »Weiß ich nicht so genau. Ich glaube, der Admiral erhielt den Befehl, unmittelbar bevor wir Zor’a verließen. Da kam Bradford an Bord. Ich hatte so verdammt viel mit den Vorbereitungen für den Sprung nach Ariel zu tun, dass ich gar nicht weiter darüber nachgedacht habe.«
»Ich war auch beschäftigt, und mir ist es ebenfalls nicht aufgefallen … Ist schon ein bisschen seltsam, oder? Dass ein Hüter
unmittelbar vor dem Angriff auf ein wichtiges Ziel ausgetauscht wird.«
» Alle Ziele sind wichtig.«
»Sie wissen, wie ich das meine. Wir arbeiten uns an eine bedeutende Operationsbasis der Vuhl heran, an einen Ort, den se Ch’en’ya für die Heimatwelt der Aliens hält. Und da
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