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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Sie ragten nun neben den Soldaten auf. Eine Chance. Oder mein Todesurteil. Alles oder nichts .
    »Und wenn ich meine Geheimnisse mit ins Grab nehme wie einst Tana?«
    »Wir sorgen schon dafür, dass du am Leben bleibst, bis wir wissen, was wir wissen wollen. Nur deine Familie wird denken, du seist tot.«
    »Und wie wollt Ihr den Höchsten Richtern erklären, wie ihre Töchter ums Leben kamen?«
    Der Mégan war offensichtlich amüsiert. »Sie werden denken, es ist deine Schuld. Du hattest dich im Gefängnis verschanzt und Vida sollte dich über die Gegensprechanlage zur Vernunft bringen. Leider hörte sie nicht auf meinen Befehl und näherte sich dir ohne meine Erlaubnis. Du hast sie angegriffen. Den Soldaten blieb keine Wahl, als dich zu töten. Aber trotzdem war es für deine Schwester zu spät.« Vida gab einen erstickten Laut von sich, der mir durch und durch ging. Ich ballte die Hände zu Fäusten. Das Lächeln des Mégan war so kalt wie der Onyxfluss. Seltsamerweise war ich mit einem Mal ganz ruhig. Zeit gewinnen!
    »Und Ihr denkt, unsere Eltern werden das glauben?«
    Der Mégan zog spöttisch den linken Mundwinkel hoch. Auch eine von Amads Gesten. Ich musste wegschauen.
    »Du bist verrückt geworden wie so viele in unserer Stadt. Leider. Immer mehr Hohe verfallen der Traumkrankheit. Und Verrückte sind unberechenbar, das weiß niemand besser als die Richterzweiheit. Deine Eltern sind es, die entscheiden, wer so krank ist, dass er in der Öffentlichkeit nur noch eine Gefahr wäre.«
    Und deshalb begrabt ihr die Verrückten unter Glas und verkauft ihre Gaben , hätte ich ihm am liebsten entgegengeschleudert.
    »So wie Ihr entscheidet, wann Wächter zu viel wissen? Die Leibwächter der Familie Labranako haben mich ohne meine vierte Gabe gesehen. Nur deshalb habt Ihr sie hinrichten lassen. Und euch wird es nicht besser ergehen«, wandte ich mich an die zwei Soldaten, die auf mich zielten. Keiner zeigte eine Regung. Der Mégan lachte. »Nicht schlecht. Aber nutzlos. Wer weder Zunge noch Stimme hat, erzählt keine Lügen. Und im Gegensatz zu den Labranako-Leuten wissen meine Soldaten, was sie sehen – und was nicht. Aber Wächter, die feige genug sind und lügen, um ihre Verfehlungen zu rechtfertigen und ihre erbärmliche Haut zu retten, sind nicht besser als winselnde Hunde, und sie haben es nicht anders verdient, als hingerichtet zu werden wie Hunde. Die zwei Männer haben eine von uns misshandelt und behauptet, sie nicht als Hohe erkannt zu haben. Was, wie jeder weiß, absurd ist.« Die Schatten der Toten schienen einen kälteren Glanz zu bekommen. Darum geht es ihnen also , schoss es mir durch den Kopf. Sie wurden als Feiglinge und Lügner geschmäht und hingerichtet. Offenbar hatten selbst die Toten mehr Stolz und Ehre als ihr Mörder. Hoffentlich.
    Jede Faser meines Körpers war so angespannt, dass die Muskeln bereits zitterten. Komm dem Feind so nahe, dass du das Weiße in seinen Augen siehst.
    Deine einzige Chance, Canda. Zwei Schritte! Nur zwei Schritte. Aber das war es nicht, was mich die größte Überwindung kosten würde.
    »Ich glaube Euch zwar, dass ihr so kaltblütig wärt, eine Tochter der Stadt zu töten«, sagte ich betont langsam. »Aber nicht den Köder. Den opfert Amad nämlich nie.« Ich schnellte aus dem Stand los. Und alle Augenblicke implodierten zu einem einzigen Moment, in dem alles gleichzeitig geschah: Zwei Schatten, die in Soldatenohren flüsterten, Gewehrläufe, die wie fremdgesteuert ihre Richtung änderten. Der Doppelschuss machte mich taub und ließ Vida aufschreien. In der gleichen Sekunde: Mein Kuss, der das Herz des Jägers aus dem Takt brachte und Amad aus seinem Albtraum weckte. Das Messer, das dem Mégan vor Überraschung aus der Hand fiel. Als ich ihn losließ, blickte Amad mich eine Sekunde durch seine Augen an. »Du hattest recht: Ein Herz stört nur bei der Jagd«, flüsterte ich ihm zu.
    Der Herrscher sackte auf die Knie, getroffen von dem Schuss, der mir gelten sollte. »Canda!«, schrie meine Schwester. Der Soldat, der auf Befehl der Toten seinen eigenen Herrscher erschossen hatte, schien aus einem Traum zu erwachen. Dann blickte er benommen auf seine Brust, wo sich seine Uniform dunkel färbte. Er fiel, niedergestreckt von dem Schuss des zweiten Soldaten, den die Wächterschatten gelenkt hatten. Ich wirbelte herum, als das Gewehr ein zweites Mal schnappte. Mein Ellenbogen traf ein Kinn, der Soldat stürzte gegen die Wand. Ich entriss ihm das Gewehr.
    Hinter der

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