Der dunkle Kuss der Sterne
Mann. Ich kann sie nicht verkaufen, weil sie mir nicht gehört. Sie ist eine Freie, so wie ihr. Und selbst wenn es anders wäre – glaubt mir, diesen Handel würdet ihr bald bereuen.«
»Das wirst du noch bereuen«, flüsterte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Aber zu meiner Überraschung zuckten Amadars Mundwinkel. Er verbiss sich tatsächlich ein Lachen! »Besser, du steigst auf und wir verschwinden«, raunte er mir zu. »Sie glauben mir kein Wort. Gib ihnen noch zehn Sekunden und sie kommen auf dumme Gedanken.«
Ich packte nervös den hölzernen Sattelrand und hangelte mit dem Fuß nach der ledernen Schlaufe mit einer Holzhülse, die als Steigbügel diente. Aber dann fiel mir auf, dass etwas fehlte. »Wo sind die Hunde?«
»Eingetauscht gegen die Pferde«, erwiderte Amadar.
Ich musste mich beherrschen, um ruhig zu bleiben. »Du hast meinen Hund verschachert?«
»Du meinst wohl den Hund der Mégana. Was soll ich sonst mit ihm machen? Tausch ist die Währung der Wüste.«
Diesmal war es mir völlig gleichgültig, was die Barbaren von mir dachten. Ich ließ das Pferd stehen und kehrte um. Ziegen stoben meckernd auseinander, als ich mitten zwischen ihnen hindurchrannte – zurück zu den Hütten. »Graue«, rief ich. Ein Bellen antwortete mir. Ich fand sie hinter der zweiten Hütte, festgebunden mit einem Ziegenstrick.
»Warte!« Amadar war vom Pferd gesprungen und mir gefolgt. »Was soll das?«
»Das solltest du mir erklären!«
»Was gibt es da zu erklären? Die Mégana hat uns ihre alten Hunde als Zahlmittel mitgegeben – drei Hunde gegen zwei Pferde, das ist der Wüstenpreis, und ein Hund für Wasser und Proviant.«
»Und du behauptest, ich habe kein Herz?«
Er hob in echter Ratlosigkeit die Brauen. »Die Hunde sind alt. Wie sollen sie mit den Pferden mithalten? Sie kosten uns nur Zeit.«
»Ich habe die Graue nicht gerettet, um sie jetzt im Stich zu lassen.«
»Im Stich? Immerhin hat sie es hier besser als in dem dunklen, staubigen Verschlag in der Stadt.«
Ich sparte mir eine unfreundliche Antwort, löste den Knoten und ließ den Hund frei. Die Graue drückte sich an mein Bein und ich strich ihr über den Nacken.
Amadar sah aus, als würde er mich liebend gerne an den Haaren zum Pferd zurückschleifen. »Warum zum Henker ist dir der Hund so wichtig?«
»Weil ich niemanden zurücklasse, der mir am Herzen liegt!«
Ich machte mich schon auf seinen Spott gefasst, aber offensichtlich machte ihn meine Antwort sprachlos. Vermutlich hielt er mich für unglaublich dumm. Und meine Eltern würden ihm beipflichten.
Er stöhnte auf und fuhr sich mit einer hektischen Geste durch das Haar.
»Und wie sollen wir mit ihr so schnell vorankommen, dass wir Tian einholen, Canda Hundeherz? Willst du dir den Hund wie einen Schal um den Hals binden?«
»Ich nehme sie vor mir auf den Sattel.«
»Sagt die Frau, die noch nicht einmal reiten kann!«
»… zu dem Sklaven, der meinen Befehlen zu gehorchen hat, Amad-Ar !« Schlagartig schien die Luft abzukühlen. Er wurde blass. Seine Kiefermuskeln traten hervor, und seine Haltung bekam eine Spannung, als müsste er sich beherrschen, mir nicht an die Kehle zu gehen.
»Verstehe«, sagte er gefährlich leise. »Tja dann: Viel Spaß beim Verhandeln!«
Jemand packte meinen Oberarm und riss mich grob herum. »He!«, schrie ich. Der Junge mit der zerschlagenen Nase ließ mich zwar los, aber er baute sich so dicht vor mir auf, dass der Gestank nach Ziege und Schweiß mich fast zum Würgen brachte.
Amadar ging seelenruhig zu den Pferden zurück und drehte sich nicht einmal um.
Der zweite Bruder war ebenfalls aufgetaucht und musterte mich so ungeniert, als wäre ich eine Ziege, deren Wert er schätzte. »Du bindest den Hund meines Bruders los?«, fragte er drohend. »Diebe mögen wir hier aber gar nicht!«
Hilfe suchend sah ich mich nach der Frau um, aber sie machte keine Anstalten, ihre Söhne zur Ordnung zu rufen. »Mit den Hunden habe ich nichts zu tun, Mädchen.« Damit wandte sie sich ab und verschwand mit dem Greis zusammen in der Hütte. Sogar ich verstand, dass ich jetzt in Schwierigkeiten war.
»Ich bin keine Diebin«, sagte ich zu dem Älteren.
»Nicht? Dann willst du meinem Bruder die Hündin also abkaufen? Was gibst du ihm dafür?« Sein Grinsen machte ihn nicht hübscher. Die schöne Fremde hatte ihn auch einen Schneidezahn gekostet. Über seine Schulter hinweg konnte ich beobachten, wie Amadar aufs Pferd stieg und mit meinem Reittier im Schlepptau in
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