Der dunkle Punkt
herausgerückt wäre.«
Er warf mir einen hastigen Blick zu. Ich verzog keine Miene.
»Dann hat sie vermutlich nicht mit Miss Fenn gesprochen, oder?«
»Allerdings nicht«, erwiderte ich überrascht. »Wir nahmen an, daß Sie selbst mit ihr sprechen wollten. Anders konnten wir uns Ihr Telegramm nicht erklären.«
»Nun - ganz so war’s nicht gemeint. Miss Fenn wohnt im Gulfpride-Apartmenthaus in der St. Charles Avenue, stimmt’s?«
»Ja.«
»Gut. Dann würde ich vorschlagen, daß wir gleich hinfahren. Haben Sie schon gefrühstückt?«
»Aber ja.«
»Also, dann gehen wir.«
»Möchten Sie denn, daß ich bei der Unterredung dabei bin?«
»Ja, unbedingt.«
Wir nahmen uns ein Taxi und gondelten in Richtung St. Charles Avenue los. Ungefähr auf halbem Wege schob der Fahrer die Zwischenscheibe auf und fragte: »Ist das nicht das Haus, wo heute nacht jemand ermordet worden ist?«
»Welches Haus?« fragte ich zurück.
»Na, das Gulfpride.«
»Keine Ahnung. Wer wurde denn ermordet?«
»Irgend so ein Rechtsverdreher. Nostrander hieß er.«
»Nostrander?« wiederholte ich langsam. »Ich glaube nicht, daß ich diesen Namen schon mal gehört habe. Sind Sie sicher, das es sich um einen Mord handelt?«
»So wurde mir’s jedenfalls erzählt. Jemand hat ihn mit einer Achtunddreißiger umgelegt. Herzschuß.«
»In seiner Wohnung?«
»Nein. Sie haben die Leiche in der Wohnung von ‘nem Mädel gefunden.«
»Ach, eine Liebesgeschichte also?«
»Weiß ich nicht. Das Mädel arbeitet bei einer Bank.«
»Ist sie auch tot?«
»Nein. Sie ist spurlos verschwunden.«
»Ihren Namen wissen Sie nicht zufällig, wie?«
»Moment mal — gehört hab’ ich ihn. Einer von den Jungs hat ihn mir
gesagt... Es war ein ganz kurzer Name - so was wie Pen. Nein, das war’s nicht, aber er klang ganz ähnlich. Warten Sie - Fenn. Ja, so hieß sie: Roberta Fenn.«
»Hält die Polizei sie für die Täterin?«
»Keine Ahnung. Ich weiß nur das, was ein Kollege am Taxistand erzählt hat. Er mußte einen Polizeifotografen ‘rausfahren. Er sagte, es wäre ein scheußlicher Anblick gewesen. Hier ist das Gulfpride. Ein doller Betrieb, was?«
Hale wollte sprechen. Ich kam ihm zuvor. »Allerdings. Für einen Geschäftsbesuch scheint mir hier ein bißchen zu viel Betrieb zu sein. Wie war’s, wenn wir zuerst die andere Partei aufsuchten? Vielleicht legt sich der Rummel inzwischen. Wir können ja dann auf dem Rückweg hier vorsprechen.«
Hale räusperte sich. »Ja, dafür bin ich auch.«
»Also«, sagte ich zum Taxichauffeur, »dann fahren Sie uns bis zur Kreuzung Napoleon und St. Charles Avenue und lassen Sie uns dort ‘raus.« Ich lehnte mich zurück und fügte mit lauter Stimme hinzu: »Unser Freund im Gulfpride dürfte sich im Moment mehr für den Mord als für Geschäfte interessieren. Vermutlich schwatzt er im Haus herum und sammelt den neuesten Klatsch ein. Ich glaube, es ist das beste, wenn wir unseren Besuch auf den Nachmittag verschieben.«
»Ist mir auch recht.«
Danach schwiegen wir, bis das Taxi an der Kreuzung hielt. »Soll ich warten?« fragte der Fahrer.
»Nein. Wir haben hier wahrscheinlich ein bis zwei Stunden zu tun.«
Ich gab ihm ein Trinkgeld, und er fuhr ab.
»Was machen wir nun?« erkundigte sich Hale.
»Wir warten auf die Straßenbahn und gondeln in die Stadt zurück.«
»Hören Sie mal zu, Lam«, sagte er erregt. »Ich möchte möglichst viel über diesen Mordfall herausfinden. Sie sind Detektiv. Könnten Sie sich nicht an die verantwortlichen Beamten wenden und einige Erkundigungen einziehen über...«
»Ausgeschlossen«, erklärte ich entschieden.
»Wieso? Arbeitet denn die Polizei nicht Hand in Hand mit Privatdetektiven?«
»Die Antwort darauf lautet klar und unmißverständlich nein!«
»Mein lieber Lam, dieser Mord wirft alle meine Pläne völlig über den Haufen. Sind Sie dessen gewiß, daß es sich um dieselbe Roberta Fenn handelt, deren Foto ich Ihnen gegeben habe?«
»Ja.«
»Ich möchte wissen, wo sie steckt.«
»Das fragt sich vermutlich auch gerade die Polizei.«
»Glauben Sie, daß Sie sie aufspüren können?«
»Schon möglich.«
»Ich meine, bevor die Polizei an sie ‘rankommt?«
»Vielleicht.«
Seine Miene hellte sich auf. »Wie würden Sie das anstellen, Lam?«
»Weiß ich jetzt noch nicht.«
Eine Straßenbahn ratterte um die Ecke und hielt. Wir stiegen ein und setzten uns. Ich merkte Hale an, daß er inzwischen einen Entschluß gefaßt hatte und darauf brannte, ihn mir
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