Der dunkle Punkt
mitzuteilen. Aber ich gab ihm keine Gelegenheit dazu. Ich saß steif auf meinem Platz und starrte unverwandt zum Fenster hinaus. Als wir am Gulfpride vorbeikamen, verrenkten wir uns beide den Hals. Es parkten noch immer eine stattliche Anzahl Wagen vor dem Haus. Auf dem Bürgersteig standen Neugierige herum, steckten die Köpfe zusammen und schwatzten. Hale holte tief Luft. »Lam, ich hab’s mir überlegt. Ich fahre nach New York zurück. Sie können die Ermittlungen hier weiterführen und mir ab und zu Bericht erstatten.«
»Sie sollten sich lieber ein Zimmer nehmen und mal ordentlich ausschlafen.«
»Na ja, aber ich fürchte, hier käme ich doch nicht richtig zur Ruhe.«
»Warum denn nicht? Die Wohnung, die Mrs. Cool gemietet hat, steht Ihnen jederzeit zur Verfügung. Sie können da sofort einziehen und sich aufs Ohr legen, wenn Sie Lust haben. Niemand wird Sie stören. Sie brauchen nur die Tür hinter sich abzuschließen, und Sie haben Ihre Ruhe.«
Mein Vorschlag schien ihm einzuleuchten.
»Außerdem«, fügte ich nach einer Pause hinzu, »ist die Wohnung auch sonst recht interessant. Roberta Fenn hat dort ein paar Monate lang gewohnt - unter dem Namen Edna Cutler.«
Er fuhr hoch und starrte mich verblüfft an. »Haben Sie sie auf diesem Wege ausfindig gemacht?«
»Ich bekam da einige Hinweise, ja.«
Hale sah mich beunruhigt an. »Es ist direkt unheimlich, Lam, wie Sie sich an die Dinge heranpirschen - wie eine Eule. Als könnten Sie im Dunkeln sehen.«
Ich lachte.
»Vielleicht wissen Sie viel mehr über Miss Fenn, als Sie mir mitgeteilt haben.«
»Sie haben mir den Auftrag gegeben, sie aufzuspüren, oder?«
»Gewiß.«
»Gut, ich habe sie aufgespürt. Unser Geschäftsprinzip ist, Resultate zu liefern und unseren Klienten langweilige Rechenschaftsberichte zu ersparen.«
Er lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. »Sie sind wirklich ein höchst ungewöhnlicher junger Mann, Lam. Es ist mir schleierhaft, wie Sie es fertiggebracht haben, in so kurzer Zeit so viel herauszubekommen.«
»Hier müssen wir aussteigen. Das letzte Stück laufen wir. Es sind nur noch fünf Minuten.«
Hale war von der Einrichtung und den altmodischen, hohen Räumen sehr angetan. Er trat auf den Balkon hinaus, besichtigte die Blumen Und die nähere Umgebung, probierte die Matratze aus und murmelte: »Ja, ich glaube, hier werde ich gut schlafen. Riesig gemütliches Quartier. Hier hat also auch Roberta Fenn gehaust - das war wirklich eine gute Idee von Ihnen, Lam!«
Ich verabschiedete mich, eilte die Treppe hinunter, suchte eine Telefonzelle auf und machte mich an die Arbeit. Nach einer halben Stunde hatte ich über eine Detektei in Little Rock herausgebracht, daß die Anschrift, die Edna Cutler auf ihrem Brief an Roberta angegeben hatte, nur eine Deckadresse war. Das Turpitz-Gebäude war ein Bürohaus, und im Zimmer Nummer 935 hauste ein junges Mädchen, das Schreibtische an kleine Geschäftsleute vermietete, Schreibarbeiten übernahm und seine Adresse zur Verfügung stellte. Die tatsächliche Anschrift seiner Kunden war ein streng gehütetes Geheimnis.
Ich sagte dem Mann in Little Rock, wir würden ihm einen Scheck schicken, und begab mich dann auf die Suche nach einem Vervielfältigungsbüro. Der Angestelltenstab bestand lediglich aus einer jungen Frau, die mich fragend anblickte. »Ich brauche tausend Werbeschreiben. Allerdings würde ich vorher gern ein Muster davon haben.«
»Aber sicher.«
»Gut. Wem könnte ich den Brief diktieren?«
Das Mädchen lächelte mir zu, griff nach Stenogrammblock und Bleistift und sagte: »Sie können beginnen. Ich bin nicht nur die Empfangsdame, ich bin auch die Schreibkraft.«
»Also dann! Auf geht’s. Bitte schreiben Sie:
>Sehr verehrte gnädige Frau!
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