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Der dunkle Punkt

Der dunkle Punkt

Titel: Der dunkle Punkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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erwartete ihn eine Enttäuschung. Kalter Tee ist nicht gefährlich.
    Stillvergnügt grinste ich vor mich hin. »Zigarette?«
    »Ja, danke.«
    Ich gab ihr Feuer. Hale rauchte eine Zigarre.
    »Wo kommt Ihr Burschen denn her?« fragte sie.
    »Mein Freund ist aus New York.«
    »Muß ein ganz nettes Städtchen sein. Ich war noch nie dort. Ich glaube, ich habe Angst davor.«
    »Warum?« erkundigte sich Hale.
    »Ach, ich weiß nicht. Große Städte erschrecken mich. Ich würde mich bestimmt fürchterlich verlaufen.«
    Hale fühlte sich als Kosmopolit. »Meiner Meinung nach findet man sich in New York sehr schnell zurecht. Chikago und Saint Louis sind viel unübersichtlicher.«
    »Mir sind alle drei zu groß.«
    »Sollten Sie jemals nach New York kommen, dann wenden Sie sich nur vertrauensvoll an mich. Ich werde schon auf Sie aufpassen.«
    Sie lachte. »Damit ich nicht verlorengehe?«
    »Ja.«
    »Oder vom rechten Weg abkomme, wie?«
    Hale warf mir einen Blick zu und schmunzelte. »Also, wenn Sie sich in meiner Gesellschaft befinden, ist das kaum zu befürchten.«
    »N-e-i-n?« fragte sie im genau richtigen Tonfall mit einem feurigen Blick.
    Hale lachte begeistert. »Ich bin wirklich froh, daß Sie mich hierhergebracht haben, Lam. Die Lokale im französischen Viertel sind so behaglich, so intim, so charakteristisch. Gerade, weil hier eine so zwanglose Atmosphäre herrscht, fühlt man sich so wohl hier.«
    Ich grinste zu Marilyn hinüber. »Haben Sie das gehört? Mein Freund ist ordentlich in Fahrt.«
    »Ja, aber Ihnen scheint’s hier nicht besonders gut zu gefallen.«
    »Wieso?«
    »Sie sind so still.«
    »Tja, ich gehöre eben zu den verschlossenen, wortkargen Typen.«
    Rosalind schlenderte an unserem Tisch vorbei. Marilyn paßte auf wie ein Kettenhund. Rosalind verzog keine Miene. Erst, als Marilyn wegsah, warf sie mir ein blitzschnelles Lächeln zu und ging dann langsam weiter. Ich drückte meine Zigarette aus, steckte die rechte Hand in die Rocktasche und schüttete alle Zigaretten bis auf eine aus dem Päckchen.
    »Ich muß sagen, das ist eines der angenehmsten Getränke, die mir jemals vorgesetzt worden sind«, gestand Hale.
    Marilyn trank den Rest ihres kalten Tees. »Sie müssen zwei oder drei direkt hintereinander trinken. Dann fühlen Sie sich erst richtig wohl. Haben Sie keine Angst. Einen Schwips bekommt man davon nicht. Das Zeug ist ganz harmlos. Es macht einen nur munter.«
    »Los, Hale, trinken Sie Ihr Glas aus«, drängte ich ihn. »Marilyn möchte, daß wir eine neue Runde bestellen.«
    Ihre Augen streichelten mich. »Woher wußten Sie das?«
    »Ich hab’ einen Blick dafür.«
    Der Kellner anscheinend auch. Er war lautlos neben dem Tisch aufgetaucht. »Dasselbe noch einmal.« Ich holte das Zigarettenpäckchen aus der Tasche und hielt es Marilyn hin. »Noch eine Zigarette?«
    »Danke.« Sie zog eine heraus, und ich stocherte mit dem Zeigefinger in dem Päckchen herum. »Ich glaube, das war die letzte«, sagte sie.
    Erstaunt schüttelte ich das Päckchen, grinste und zerknüllte es. »Na so was. Ich hole gleich eine neue Packung.«
    »Der Kellner kann Ihnen doch welche bringen.«
    »Danke, das ist nicht nötig. Da drüben ist ein Automat.«
    Ich zündete ein Streichholz an, gab ihr Feuer, stand auf und ging zum Zigarettenautomaten hinüber. Danach blieb ich vor dem Spielautomaten stehen und spielte eine Runde. Die losen Zigaretten in meiner Rocktasche zerbröckelte ich und warf sie unbemerkt in eine dunkle Ecke. Ich hatte das Glück, zweimal hintereinander ein Freispiel herauszuholen. Während die Kugel im Zickzack über das grüne Feld sauste, warf ich einen Blick zum Tisch zurück. Marilyn ließ mich nicht aus den Augen. Hale saß vorgebeugt da und redete pausenlos auf sie ein. Der Kellner hatte drei neue Drinks gebracht. Ich winkte den beiden zu und vertiefte mich wieder in das Spiel.
    Rosalind wippte an mir vorbei auf den Zigarettenautomaten zu, kramte in ihrer Handtasche nach losen Münzen und murmelte: »Sehen Sie sich nicht um.«
    Ich spielte weiter.
    »Beachten Sie mich nur nicht. Das würde mich meine Stellung kosten. Marilyn interessiert sich für Sie. Nehmen Sie sich vor ihr in acht.«
    »Warum?«
    »Sie ist ein Biest. Sie würden’s später bereuen.«
    »Danke.«
    Unmerklich wandte ich den Kopf und beobachtete Hale und Marilyn im Spiegel hinter der Theke. Marilyn starrte Rosalind an. Sie kam mir vor wie eine Schlange, die einen flügellahmen Vogel belauert und kalt ihre Chance abschätzt. Ich

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