Der dunkle Punkt
wir ihn der Polizei melden.«
»Wie wollen Sie der Polente die Sache erklären?«
»Keine Bange, Lam. Ich werde mich auf die nackten Tatsachen beschränken: daß mir der Sekretär besonders auffiel, weil ich mich für schöne antike Stücke interessiere, daß ich mir die Rückseite ansehen wollte und dabei bemerkte, daß irgend etwas Schweres gegen die Wand prallte. Daraufhin kippte ich ihn nach vom und förderte dabei den Papierkram und die Waffe zutage. Natürlich möchte ich vor der Öffentlichkeit nicht als Schnüffler erscheinen, der Möbelstücke demoliert und fremde Briefe liest.«
»Aber Sie sind fest entschlossen, den Fund zu melden?«
»Ja, ja, selbstverständlich.«
»Stört es Sie denn nicht, daß die Polizei dann genauso viel über den Fall weiß wie Sie?«
»Wieso? Nein. Warum auch?«
»Vermutlich haben Sie und Ihr Klient einen ziemlich triftigen Grund für Ihre Suche nach Roberta Fenn?«
»Natürlich. Ein Geschäftsmann neigt im allgemeinen nicht dazu, sein Geld sinnlos zum Fenster hinauszuwerfen.«
»Mir scheint, Sie begreifen noch immer nicht, worauf ich hinaus will.«
»Offen gestanden, nicht. Also, was haben Sie auf dem Herzen?«
»Wir wollen mal annehmen, jemand, Ihr Klient zum Beispiel, interessiert sich für Roberta Fenn. Er läßt es sich einen Haufen Geld kosten, sie ausfindig zu machen. Sie wird gefunden. Wenig später passiert in ihrer Wohnung ein Mord, und sie verschwindet spurlos von der Bildfläche. Bisher wurde sie von der Polizei nicht verdächtigt. Man nimmt an, daß sie von dem Mörder entführt wurde oder, von Panik erfaßt, flüchtete. Gut. Jetzt tauchen Sie mit ein paar alten Zeitungsausschnitten und einem angerosteten Revolver bei der Polizei auf. Was glauben Sie, was daraufhin geschieht? Die Polizei wird den Mordfall Craig wieder aufrollen. Man wird nach Roberta Fenn fahnden, und in jedem Kaff wird ihr Foto samt Steckbrief an den Mauern kleben. Die Zeitungen werden Ihre Entdeckung in Riesenschlagzeilen in die Welt hinausposaunen, und Roberta ist uns für ewig und alle Zeiten verloren. Oder bilden Sie sich etwa ein, daß wir noch eine Chance haben, wenn die Polizei von zwei Staaten, nämlich Louisiana und Kalifornien, Jagd auf sie macht?
Vermutlich werden wir erst an sie ‘rankommen, wenn sie schon hinter schwedischen Gardinen sitzt. Falls Ihr Klient wirklich was aus ihr herausholen will, dann dürften sich die Gefängnisgitter als schwer umgehbares Hindernis erweisen.«
Er dachte ein paar Sekunden lang angestrengt nach und zwinkerte heftig mit den Augen. Plötzlich schob er mir das Schießeisen herüber. »Also, Lam, nehmen Sie es.«
»Ich nicht, danke. Ich habe nur den Auftrag, Roberta Fenn für einen Klienten zu suchen, dessen Namen ich nicht kenne. Sie sind der Obermanager.«
»Dann bleibt mir keine andere Wahl, als zur Polizei zu gehen. Als Anwalt bin ich dazu gezwungen.«
Langsam erhob ich mich und klopfte meine Hosen ab. »Gut. Ich habe Sie gewarnt. Machen Sie, was Sie wollen.«
Ich war auf halbem Wege zur Tür, als er mich zurückrief. »Vielleicht sollte ich mir die Sache doch noch ein wenig überlegen, Lam. Ich war wohl etwas voreilig.«
Daraufhin antwortete ich nichts. .
»Schließlich ist ja noch gar nicht erwiesen, daß es sich um die Mordwaffe im Falle Craig handelt. Das war eine reine Vermutung von mir. Eigentlich haben wir der Polizei keine wesentlichen Tatsachen zu berichten. Wir haben lediglich in einem alten Sekretär einige Zeitungsausschnitte und einen Revolver entdeckt. Ich frage mich wirklich, ob es sich lohnt, den Fund an die große Glocke zu hängen.«
»Fertig?«
»Wieso?«
»Na, ich meine, haben Sie sich endlich davon überzeugt, daß Sie tun dürfen, was Sie gern tun möchten?«
»Zum Kuckuck, Lam. Ich erwäge nur das Für und Wider.«
»Schön, und wenn Sie damit fertig sind, teilen Sie mir vielleicht das Resultat Ihrer Erwägungen mit. Bis dahin alles Gute.« Ich wandte mich von neuem zur Tür.
»Lam!«
Ich drehte mich um. »Ja, was ist los?«
Diesmal verzichtete Hale auf alle Ausflüchte. »Wir wollen das Ganze vergessen. Ich werde nicht zur Polizei gehen.«
»Was geschieht mit dem Schießeisen?«
»Das stopfen wir mit samt den Papierkram wieder in den Schreibtisch. Wenn wir’s brauchen, können wir es jederzeit von neuem entdecken.«
»Okay. Sie sind der Boß.«
Hale nickte und strahlte mich an. »Sie werden mir immer sympathischer, Lam. Jetzt möcht ich Sie noch um einen Gefallen bitten.«
»Und der wäre?«
»Aus
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