Der dunkle Ritter (German Edition)
engen Behausung fiel. Grimmig schickte Cabal einen der Männer nach draußen, um eine Decke vom Karren zu holen. Die große Decke war sauber und eignete sich für Emmalyn gut als behelfsmäßige Matratze. Cabals Satteltasche würde ihr als Kopfkissen dienen.
»Danke«, sagte sie, als sie ihre Stiefel auszog und sich voll bekleidet niederlegte. Als die Wachen draußen vor der Tür Posten bezogen hatten und Cabal sich neben ihrem Lager auf den Boden aus gestampftem Lehm gesetzt und gegen die Wand gelehnt hatte, richtete Emmalyn sich auf und runzelte die Stirn. »Das kann nicht sehr bequem zum Schlafen sein.«
Das Klirren von Geschirr war aus dem Hauptteil des Gasthauses zu hören, gefolgt von dem schrillen Schrei einer Frau. »Ich habe gar nicht vor, hier zu schlafen«, sagte Cabal. »Aber du solltest es versuchen. Schließ die Augen, Emmalyn. Ich werde über dich wachen.«
Langsam nahm sie ihren Platz auf dem Lager wieder ein, und rollte sich ihm zugewandt zusammen. Aus halb geöffneten Augen betrachtete sie ihn mit ruhiger Nachdenklichkeit. »Ich habe dich vermisst, nachdem du gestern Nacht fortgegangen bist.«
Er sah sie an und konnte nicht anders, als ihr liebevolles Lächeln zu erwidern. »Es war sehr schwer, von dir fortzugehen«, gab er zu. »Ich bin noch zwei Mal an deine Tür gekommen, noch bevor sich etwas im Turm geregt hat. Beide Male hatte ich meine Hand schon auf dem Riegel, um die Tür aufzustoßen und zu dir zu kommen.«
»Ich hätte dich nicht fortgeschickt.«
»Ich weiß, Mylady. Und genau das ist der Grund, warum ich nicht hineingegangen bin. Es würde die Dinge für uns nur noch komplizierter machen, wenn dein ganzer Turm erführe, dass du mich zum Liebhaber genommen hast – nachdem du erst vor Kurzem erfahren musstest, dass du Witwe bist.«
Sie wandte den Blick ab und spielte mit dem Saum der Decke. »Würde es dich schockieren, wenn ich dir antwortete, dass mich die Leute nicht kümmern? Wenn ich dir sagte, dass es mir egal ist, wer etwas über uns herausfindet?«
Cabal fühlte sich durch ihr offenes Bekenntnis zwar geschmeichelt, konnte es jedoch nicht unwidersprochen hinnehmen. »Und wie wirst du dich fühlen, wenn König Richard nach England zurückgekehrt ist und du fortgeschickt wirst, um einen seiner Gefolgsmänner zu heiraten?«
»Der König mag über meine Zukunft bestimmen, aber über mein Herz kann er nicht gebieten«, entgegnete sie leidenschaftlich. »Bis er zurückkommt, kann ich leben, wie es mir gefällt. Bis dahin bin ich frei, und kann den … und kann mit dem zusammen sein, mit dem ich es will.«
Cabal entging das Stocken in ihrer Stimme nicht, die rasche Korrektur dessen, was sie aus einem Impuls heraus hatte sagen wollen. Hätte sie fast gesagt, dass sie ihn liebte? Der Gedanke schmerzte ihn mehr, als ihn zu ermutigen, denn sollte sie etwas für ihn empfinden, dann galten diese Gefühle einem anderen Mann … dem Mann, für den sie ihn hielt. Dem Mann, der zu sein er niemals würde hoffen können.
Nachdenklich betrachtete er das wunderschöne, von Vertrauen erfüllte Gesicht von Garretts Frau. Er erinnerte sich an ihre süße Unschuld in der letzten Nacht, die samtene Wärme ihrer Berührung. Er fragte sich, was er getan hatte, um die reine Zuneigung zu verdienen, die er in ihren Augen schimmern sah. Er dachte, dass er nichts von der Glückseligkeit verdient hatte, die er gefühlt hatte, als er in ihr gewesen war. Dass er sie niemals erfahren hätte, wäre Garretts Tod nicht gewesen …
»Habe ich etwas Falsches gesagt, Cabal? Du scheinst tausend Meilen weit fort zu sein.«
»Ich habe nur nachgedacht«, sagte er, aber in Wahrheit waren seine Gedanken doch sehr weit fort gewesen. Mehr als tausend Meilen freilich, in Palästina. Sogar noch weiter entfernt.
Unverhohlene Beischlafgeräusche und das Gebrüll sich streitender Betrunkener drangen von der Straße in das Zimmer herein und brachten Cabal die Erinnerung an das zurück, was tausend Jahre her zu sein schien, an seine Kindheit. Je länger er in dieser Herberge war, umso weniger störten ihn diese Laute, wie er feststellte. Sie erinnerten ihn an die Nächte, die er als Kind verbracht hatte, von Stadt zu Stadt reisend, von Burg zu Burg, zusammen mit seiner Mutter und einer Schar von Spielleuten. Die immerwährende Gegenwart von Sex und Gewalt war ebenso sehr Teil seiner Kindheit gewesen wie essen und schlafen. Aber Emmalyns wegen fand er seine Umgebung jetzt beschämend. Das Wissen darum, dass sie wach war und
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