Der dunkle Ritter (German Edition)
Josettes Dienerinnen und einige bewaffnete Männer ihrer Entourage. Ein schlaksiger Page löste sich aus der Gruppe und trat zu ihnen. Er trug eine Art Sonnensegel, und augenscheinlich war es seine vornehmste Pflicht, dafür zu sorgen, dass die helle Haut seiner Lady in der Vormittagssonne nicht litt, denn er trottete wie ein kleines Hündchen neben Josette her. Seine ganze Aufmerksamkeit war darauf gerichtet, ihr Haupt beschattet zu halten.
Emmalyn ging neben ihrer Schwester her und fühlte sich wie eine Bäuerin neben einer Königin. Doch trotz all ihres Pomps und Prunks war Josette so lieb und reizend wie ein Engel geblieben und war gänzlich unbeeindruckt von der immerwährenden fürsorglichen Geschäftigkeit, die ihr Besuch auf dem Markt erforderlich zu machen schien – von ihrem großen Gefolge ganz zu schweigen.
»Abgesehen davon, dass ich viel zu viel für Stephans Lieblingsgewürze ausgegeben habe«, vertraute Josette Emmalyn an, während sie die Straße hinaufgingen, »war ich schrecklich verschwenderisch und habe drei große Ballen Seidentaft gekauft, der aus Sizilien kommt. Emmalyn, du glaubst einfach nicht, wie fantastisch die Farben sind. Ein unglaubliches Scharlachrot ist dabei und verschiedene Schattierungen von Blau und Grün, aber bei Weitem der aufregendste Fund – und auch wirklich der teuerste – war das Violett. Kannst du dir das vorstellen? Oh, ich wünschte, Mutter würde noch leben. Wie sehr ihr ein Gewand aus violetter Seide gefallen hätte!«
»Ja, ganz gewiss«, stimmte Emmalyn zu.
Ihre Mutter war vor einigen Jahren im hohen Alter von siebenundvierzig Jahren friedlich entschlafen. An sie zurückzudenken ließ sie ein wenig traurig über die Familie und das Leben an sich grübeln. Sie vermisste den Rat ihrer Mutter sehr, hatte aber Trost aus dem Umstand ziehen können, dass sie Josette jetzt an ihrer Seite hatte. Ehe sie sich zügeln konnte, platzte Emmalyn mit der Mitteilung über ihre Witwenschaft und den drohenden Verlust Fallonmours heraus.
»O Emmie, das tut mir so leid!« Josette ergriff Emmalyns Hand und drückte sie an ihren Busen. »Ich weiß, dass du und Garrett nicht das ideale Paar gewesen seid, aber wie schrecklich muss es für dich sein, so früh Witwe geworden zu sein. Und ich plappere über Seide und Kleider und Gewürze. Du musst mich für schrecklich gefühllos halten.«
»Nein«, beruhigte Emmalyn ihre Schwester und tätschelte Josette die Hand. »Ich denke ganz und gar nicht so. Du konntest es doch nicht wissen.«
Es schien, dass seit ihrer Kinderzeit immer sie es war, die Josette beruhigen musste. Emmalyns Schwester war ein sonniges Kind gewesen, zwar die ältere von beiden, aber sehr emotional und bei dem kleinsten Anlass rasch in Tränen aufgelöst. Umsorgt und beschützt aufgewachsen, hätte Josette leicht verdorben werden können, doch stattdessen war sie zu einer lieblichen wunderschönen Blume erblüht, die jedermann aufgrund ihrer zarten reizenden Art mochte.
»Was wirst du jetzt tun, Emmie? Können Stephan und ich dir irgendwie helfen? Brauchst du etwas?«
»Nein«, entgegnete Emmalyn und schüttelte den Kopf. »Wirklich, ich komme gut zurecht, Josette. Bitte mach dir meinetwegen keine Sorgen.«
»Wie soll ich mir keine Sorgen machen? Ich kann mir nicht vorstellen, was ich täte, sollte ich Stephan eines Tages verlieren. Oh Emmie, du musst dich schrecklich allein fühlen.«
»Ich bin schon seit Langem daran gewöhnt, auf mich selbst gestellt zu sein. Und ich bin nicht ganz allein. Der König hat einen seiner besten Männer geschickt, um über meine Sicherheit und die Fallonmours zu wachen. Sir Cabal war mir und den anderen Burgbewohnern eine große Hilfe, seit er angekommen ist. Er ist … ein ganz besonderer Mann.«
Josettes Stirn krauste sich leicht. »Besonders … ? Vielleicht sollte ich diesen Mann kennenlernen, Emmie?«
Bei dem wissenden Ton ihrer Schwester fühlte Emmalyn Röte in ihre Wangen steigen. »Dort ist er«, sagte sie, als sie Cabal erkannt hatte, der vor der Mauer der Abtei auf und ab ging.
Je näher sie kamen, desto deutlicher erkannte sie an seiner Haltung, dass irgendetwas ihn aufgebracht haben musste. Außerdem war er bereits unzählige Male hin- und hergelaufen, den Spuren nach zu urteilen, die er auf dem Boden hinterlassen hatte. Er sah auf, als sie näher kamen, und eilte auf sie zu, aber nur, um gleich darauf innezuhalten, als sein Blick auf Josette und ihr Gefolge fiel.
»Es tut mir leid, wenn ich Euch zu lange habe
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