Der dunkle Ritter (German Edition)
warten lassen«, sagte Emmalyn, als sie bei Cabal angekommen waren. Er grüßte mit einem höflichen Kopfnicken, sagte aber kein Wort. Emmalyn hatte seine Miene noch nie so angespannt gesehen. Cabals Lippen waren ein Strich, seine Augen musterten aufmerksam die Schar bewaffneter Wachen, die sie begleitete, seine Stirn krauste sich. »Josette. Lady Beaucourt«, verkündete Emmalyn und deutete auf ihre Schwester, »und das ist Sir Cabal.«
»Guten Tag, Sir.«
Josette bedachte ihn mit einem unschuldsvollen verwirrenden Lächeln, aber Cabal schien absolut unbeeindruckt davon zu sein. Er entbot ihr einen flüchtigen Gruß, dann sah er Emmalyn an, als wollte er sie an seine Seite ziehen und sie für ihr Zuspätkommen schelten. Doch er reichte ihr nur den Geldbeutel und räusperte sich. »Der Waffenschmied hält unsere Vorräte bereit, Mylady. Wir müssen sie nur noch abholen und können uns dann auf den Weg machen.«
»Ich habe versucht, meine Schwester zu überzeugen, dass sie bleiben und mich besuchen sollte, Sir Cabal«, warf Josette mit einem listigen Blick auf Emmalyn ein. »Sie scheint zu denken, dass sie es sich nicht leisten kann, noch eine oder zwei Nächte von Fallonmour fortzubleiben. Vor ein paar Tagen habe ich ihr eine Einladung geschickt und versucht, sie zu bewegen, zu dem großen Fest zu kommen, das ich auf Beaucourt gebe. Aber nicht einmal die Aussicht der Anwesenheit der Königin war ein ausreichender Grund, Emmalyn zum Kommen zu überreden. Vielleicht könnt Ihr sie überzeugen, dass eine kurze Abwesenheit von Fallonmours Sorgen ihr guttun wird, Sir Cabal.«
Cabal schaute von Josette zu Emmalyn. »Ich wusste nicht, dass Mylady Verwandte in Lincolnshire hat«, sagte er und sah Emmalyn misstrauisch an. »Und ich wusste ebenfalls nicht, dass Königin Eleanor hier in der Gegend erwartet wird.«
»Ich hätte es Euch gesagt –«, begann Emmalyn, aber er brachte sie mit einem versteinerten Blick zum Verstummen.
»Vielleicht sollten wir bleiben, Mylady.«
»I-ihr meint, das sollten wir?«
»Zumindest meine ich, wir sollten die Gelegenheit wahrnehmen, um die Königin auf unseren jüngsten Ärger mit Hugh de Wardeaux aufmerksam zu machen.«
»Du wirst also zu mir kommen?«, fragte Josette aufgeregt und taub gegen den kalten Unterton in Cabals Stimme. Sie wartete nicht auf eine Bestätigung, sondern wies einen ihrer Diener eilig an, sofort aufzubrechen und die Ankunft ihrer Schwester in Beaucourt zu melden.
Während Josette Anweisungen für die Vorbereitung eines Zimmers und der Zubereitung von Erfrischungen gab, warf Emmalyn Cabal einen schuldbewussten Blick zu. Seine Verstimmung war angesichts dieser Entwicklung noch größer geworden, und das meiste davon schien sich jetzt auf sie zu konzentrieren.
»Ich werde den Karren losschicken, um die Ausrüstung für die Garnison abzuholen«, sagte er. »Einer der Männer wird jedoch gebraucht, um die Nachricht von unserer verspäteten Rückkehr nach Fallonmour zu überbringen.«
»Natürlich«, stimmte Emmalyn zu.
Er wandte sich ab und ging davon, um die notwendigen Anweisungen zu geben. Emmalyn sah ihm nach, sein kalter Ton und sein brüsker Aufbruch hatten sie betroffen gemacht.
Sie wäre ihm fast gefolgt, um ihm zu erklären, was es mit Josettes Brief und ihrer Absicht, die Königin zu meiden, auf sich hatte, als sich ein Bettler aus einem Grüppchen von Leuten löste, die im Schatten der Abteimauer standen. Er kam auf Emmalyn zu und packte sie am Arm. Bei dieser unerwarteten Berührung zuckte sie zusammen. »Habt Ihr einen Denier oder zwei für einen heimgekehrten Kreuzritter, Mylady?«
Josette keuchte und presste ihre zarte Hand auf die Brust. Die Wachen eilten auf den Bettler zu, aber Emmalyn hielt sie mit einem Kopfschütteln zurück. »Es ist schon in Ordnung«, sagte sie.
»Bitte, Mylady«, krächzte der Bettler, dessen Atem nach Bier und jämmerlich vernachlässigter Hygiene stank. »Ich bin jetzt seit drei Monaten ohne Arbeit – kann mich nicht erinnern, wann ich meine letzte Mahlzeit hatte … «
»Emmalyn, wirklich, wir müssen uns jetzt auf den Weg machen«, rief Josette, die außer sich vor Entsetzen mit ansah, dass dieser dreckige Vagabund ihre Schwester am Arm festhielt.
Die schmutzige Hand auf ihrem Arm störte Emmalyn über alle Maßen, vielleicht weil sie sie daran erinnerte, wie glücklich sie sich schätzen konnte, gesund und gut genährt in einer Zeit zu sein, in der viele Menschen in England hungerten. Da sie jedoch wegen ihres
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