Der dunkle Ritter (German Edition)
prüfenden, aufmerksamen Augen an. »Ich kenne Euch«, sagte sie nachdenklich. »Ihr seid der Ritter, den man Blackheart nennt, ist es nicht so, Sir Cabal?«
Cabal verfluchte seinen schrecklichen Ruf, der dazu bestimmt zu sein schien, ihn bis an sein Lebensende zu begleiten. »Der bin ich, Eure Majestät.«
Sie betrachtete ihn lange schweigend, ihre Miene war unergründlich und nachdenklich. »Der König hat viele Male anerkennend über Euch gesprochen.«
»König Richard ist mein Oberherr«, antwortete er ohne Zögern. »Ich würde alles für ihn tun.«
»Das bezweifle ich nicht, Mylord. Ihr seid meinem Sohn gegenüber immer loyal gewesen. Aber eigentlich habe ich von meinem verstorbenen Mann gesprochen, von König Heinrich.«
Cabals Verwirrung musste sich auf seinem Gesicht widergespiegelt haben, denn Königin Eleanor lächelte mild. »Ich lebte bereits seit einigen Jahren im Exil, als er Euch nach London holte, aber ich hatte Freunde, die mich während meiner Abwesenheit über alles informierten, was am Hof vor sich ging. Und natürlich habe ich auch ziemlich viel über Euch gehört. Der verwaiste Sohn eines Tanzmädchens, auf das mein Mann einst ein Auge geworfen hatte. Oh, sie war nicht die Erste und bei Weitem nicht die Letzte«, fügte Eleanor wehmütig hinzu, als Cabal sie in ehrlicher Überraschung ansah. »Als ich von dem Ring erfuhr, den Ihr besitzt – der schwarze Brillant, der einmal Heinrich gehört hat – , vermutete ich bereits, dass seine Gründe damals, Euch nach London zu holen, tiefer liegen mussten. Dass es dabei um mehr ging als nur um die frühe Ausbildung eines weiteren Ritters für die königliche Garnison. Hätte ich Euch damals gesehen, wären alle Zweifel ausgeräumt gewesen, denn Eure Gesichtszüge können nicht täuschen.«
»Eu-eure Majestät«, begann Cabal und stotterte zum ersten Mal in seinem Leben. »Ich verstehe nicht. Warum erzählt Ihr mir das?«
Königin Eleanor lächelte. »Ich erzähle euch das, weil mein Mann seit vielen Jahren tot ist und ich ihm bald folgen werde. Und weil ich seit Langem um Eure Treue für meinen Sohn weiß und dankbar dafür bin. Aber vor allem erzähle ich es Euch jetzt, weil ich glaube, dass dieses Wissen Euch helfen wird.« Sie sah ihn mit einem klaren klugen Blick an, mit dem sie in ihn hineinzusehen schien. »Trotz aller Niedertracht, die Euch umgibt, Sir Cabal, seid Ihr kein Blackheart. Ich glaube nicht, dass Ihr das je gewesen seid. Und ich weiß, dass Ihr zu viel Ehrgefühl besitzt, um zu dem Leben zurückzukehren, das Ihr einmal geführt habt.«
»Der Krieg ist das Handwerk, auf das ich mich verstehe«, sagte Cabal und versuchte, auf sicherem Terrain zu bleiben. Er fühlte sich zu angeschlagen nach dem vergangenen Abend, um über Alternativen zu seinem bisherigen Leben nachdenken zu können. »Für mich gibt es nichts anderes. Ich kenne keine andere Art zu leben, Eure Majestät.«
»Ich denke, die kennt Ihr«, entgegnete Eleanor. »Falls es Euch hilft, Euren Weg zu finden, sollte ich Euch vielleicht sagen, dass Lady Emmalyn die Erlaubnis zugesichert worden ist, auf Fallonmour zu bleiben, solange sie lebt.« Cabals Kopf fuhr hoch, seine Brust schwoll vor Jubel an. »Sie hat außerdem das Recht zugesprochen bekommen, selbst zu entscheiden, ob sie wieder heiraten will oder nicht – und wen.«
Cabal fühlte einen bittersüßen Stich, als er diese Worte hörte. Sie würde niemals mehr ihn wählen. Nicht nach dem gestrigen Abend. Nicht, wenn er ihr das Geheimnis offenbarte, das er vor ihr noch zurückhielt, ein Geheimnis, das ihm noch mehr zu schaffen machte als die Enthüllung seiner illegitimen Abstammung. Aber es war an sich bedeutungslos, ob sie ihn dann noch nehmen würde oder nicht. Er schuldete ihr in jedem Fall die Wahrheit, und er würde nicht länger zögern, sie ihr zu sagen.
»Eure Majestät, ich danke Euch für alles, was Ihr mir heute gegeben habt, aber ich muss Euch jetzt um Erlaubnis bitten, mich zurückziehen zu dürfen. Ich muss sofort mit Lady Emmalyn sprechen.«
»Dann solltet Ihr Euch beeilen, Mylord. Sie und ihre Begleiter haben Beaucourt verlassen, gleich nachdem sie heute Morgen mit mir gesprochen hat.«
Sie war ohne ihn aufgebrochen? Obwohl er es eigentlich gut verstehen konnte, erfüllte plötzlich Furcht sein Herz. Er musste Emmalyn einholen, ehe seine Sünden ihn einholten.
Er entbot der Königin nicht mehr als den kürzesten Abschiedsgruß und stürmte aus der Burg und die Straße hinunter, die nach
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