Der dunkle Ritter (German Edition)
brauche auch dein verdammtes Mitleid nicht. Himmelherrgott, alles, was ich will, ist, dass man mich allein lässt.«
»Nein«, widersprach sie ihm starrsinnig. »Allein zu sein ist das Letzte, was dir guttäte. Ich denke, du bist schon viel zu lange allein gewesen.«
»Fordere mich nicht heraus, Emmalyn«, warnte er mit scharfer Stimme.
»Nein«, sagte sie und spürte, wie der Zorn nach ihr griff. »Heute Abend scheinst du derjenige zu sein, der herausfordern will, Cabal. Genau genommen denke ich gerade, du würdest mich für immer von dir stoßen, wenn du nur die geringste Chance dazu hättest. Deshalb hast du dich in der Halle so benommen, nicht wahr? Du hast gedacht, du könntest mich gegen dich aufbringen mit diesem schrecklichen Bericht über die Ermordung der Gefangenen. Seht mich an, Mylord. Ich bin immer noch hier.«
Sie sah, wie er zögerte und langsamer wurde, aber noch immer trugen ihn seine Schritte weiter von ihr fort – immer noch in der Absicht, ihre Liebe zurückzuweisen, genauso, wie er bisher die Zuneigung eines jeden anderen Menschen zurückgewiesen hatte.
»Verstehst du denn nicht?«, schrie sie und versuchte verzweifelt, zu ihm durchzudringen. »Du hast deinem Namen Ehre angedeihen lassen, Cabal. Die Art zu leben, die du gewählt hast, hat ihm jetzt eine neue Bedeutung verliehen. Es ist egal, was du in deiner Vergangenheit getan hast. Es ist nicht wichtig, welcher Name dir gegeben wurde.«
»Mir ist es wichtig!«
»Das also ist es?«, rief sie, als seine wütenden Schritte ihn fast außer Sichtweite trugen. »Du erwartest von mir, dass ich dich einfach so gehen lasse?«
Er antwortete nicht, und ihm nachzulaufen, würde ihn nur immer weiter von ihr wegtreiben. Emmalyn blieb stehen, der Regen durchnässte sie und ruinierte ihr Kleid, sie spürte ihn in ihrem Haar. »Cabal«, rief sie ihm nach, »Cabal, ich liebe dich!«
Er blieb stehen und wandte sich zu ihr um – und lachte. »Nein, Mylady. Ihr irrt Euch.« Wie kalt seine Stimme jetzt klang, so scharf wie eine Klinge. Sie verwundete sie, mehr jedoch noch der harte Blick seiner Augen. »Wenn du wirklich wissen willst, wer in diesen letzten Tagen dein Bett mit dir geteilt hat, dann frag die, die in der Halle versammelt sind. Frag die Königin. Sie werden dir sagen« – er klang plötzlich spöttisch – »sie werden dir sagen, wer ich wirklich bin.«
Durch den strömenden Regen blickte Emmalyn in seine freudlosen Augen und dachte an seine Zurückhaltung, an seine stete Weigerung, sich auf sie und die Burgbewohner einzulassen. Sie dachte daran, mit welcher Leichtigkeit er die Räuber getötet hatte, die sie überfallen hatten, welch kalte Entschlossenheit in seinem Tun gelegen hatte. Jetzt begann sie seine selbst auferlegte Einsamkeit auf einmal zu begreifen, sein Streben, jeden von sich zu stoßen, der ihm zu nah zu kommen drohte. Er konnte nicht wagen, Bindungen einzugehen, nicht wagen, etwas zu empfinden, weil er der war, der er war, das, wozu er ausgebildet worden war.
»Blackheart … «, hauchte sie und spürte den Kriegsnamen aus sich heraustropfen, ein kaum hörbarer Laut.
Cabal verzog den Mund zu einem unbarmherzigen Lächeln. »Und jetzt sag mir, wie sehr du mich liebst, Emmalyn.«
Er wandte sich ab und ließ sie stehen, zitternd und betäubt von dem Schock, während er in die Dunkelheit hineinging, hinter dem trüben Vorhang des Regens verschwand. Emmalyns Tränen vermischten sich mit der Nässe, die ihr über das Gesicht lief. Sie stand in der dunklen Leere des Burghofs, völlig durchnässt von dem stärker werdenden Regen, und das Gewicht ihrer nassen Röcke und die schwere Last auf ihrem Herzen waren fast unerträglich.
Sie liebte ihn. Nur der Himmel wusste, dass sie nie jemanden so sehr geliebt hatte wie diesen Mann. Diesen leidenschaftlichen, grimmigen, herrlichen, furchterregenden Mann, der so sehr davon überzeugt war, dass er niemanden brauchte.
Tief in Gedanken versunken, wandte Emmalyn sich um und ging zurück zum Turm. Ein Funkeln von Metall reflektierte schwach im Schmutz, fiel ihr ins Auge, als sie sich der vor ihr aufragenden Mauer näherte: Cabals verschmähter Ring, fast völlig im Schlamm versunken. Sie bückte sich und hob ihn auf, drückte das kalte Metall mit dem schwarzen Stein an ihre Brust – das Einzige von Cabal, das sie vielleicht jemals festhalten konnte.
24
Cabal wurde von einem schlimmen Kopfschmerz geplagt, als der Morgen des darauf folgenden Tages heraufzog. Er hatte die ganze Nacht
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