Der dunkle Ritter (German Edition)
fiel er zu Boden, wo er ausgestreckt und keuchend liegen blieb.
»Versucht noch einmal so etwas Dummes – irgendeiner von euch – , und ihr werdet sterben«, warnte der zweite Ritter.
Von Anstrengung und Wut keuchend, blickte Cabal ungläubig auf die blutende Wunde an seinem rechten Arm und beobachtete mit einem gewissen morbiden Vergnügen, wie der tiefe Schnitt den Ärmel seiner Tunika rot färbte. Solange er blutete, war er am Leben. Und solange er am Leben war, gab es eine Hoffnung, dass er rechtzeitig zu Emmalyn kommen würde. Aber plötzlich wurde ihm etwas klar, das seine Hoffnungen dämpfte und sein Herz schneller abkühlte als ein Schwall Eiswasser ins Gesicht.
Selbst wenn es ihm gelänge, aus diesem Gefängnis herauszukommen – würde er seinen Schwertarm vermutlich nicht benutzen können.
26
Zwei Stunden war es her, seit Bertie und die anderen Mädchen gegangen waren, und die Talgkerze in Emmalyns Zimmer brannte noch immer. Emmalyn war einer Lösung, wie sie sich alle aus dieser schrecklichen Situation befreien konnten, kein Stück näher gekommen. Sie starrte auf ihre vier Wände und wünschte sich so verzweifelt, etwas tun zu können, dass sie sich tatsächlich überlegt hatte, durch das Fenster zu fliehen. Es wäre ein Unterfangen gewesen, das sie vermutlich umgebracht hätte – gesetzt den Fall, Hughs zehn Wächter auf dem Wehrgang hätten sie nicht schon vor ihrem Sturz entdeckt.
Wo war Cabals Mittsommermagie, wenn sie sie brauchte? Wenn sie doch nur aus ihrem Gefängnis entkommen könnte wie der Löwe in seiner Geschichte. Herrgott, es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass er im Dorf am Feuer gesessen und Geschichten erzählt hatte. Und jetzt war Cabal außerstande, ihr zu helfen, sie zu ermutigen, einen Weg aus ihrem Gefängnis zu finden. Jetzt waren sie beide eingesperrt, und es würden mehr als ein Zauber und der Wunsch nötig sein, Hughs verschlagenen Plänen zu entkommen. Aber ein kleines Gebet würde wohl nicht schaden, dachte Emmalyn und sandte eine stumme flehende Bitte gen Himmel.
Sie wurde durch Schritte auf dem Gang beantwortet, die näher kamen. Dann hörte sie draußen vor ihrer verriegelten Tür die Stimme von Father Bryce.
»Ah, guten Abend, mein Sohn. Ich bin Father Bryce und dies ist Bruder George –«
»Was willst du, Priester?«, knurrte die Wache.
»Wir sind gekommen, der Lady Gottes Beistand zu bringen, mein Sohn. Ihre Mägde haben uns gesagt, dass Lady Emmalyn sehr betrübt über die Neuigkeiten ist, die sie heute erhalten hat, und dass sie Trost und Rat in der Heiligen Schrift suche.«
Es waren das Kratzen eines Stuhles zu hören, der über den Boden geschoben wurde, und das gedämpfte Klirren eines Kettenhemdes, als der Ritter offensichtlich aufstand. »Ich bitte um Verzeihung, Father. Aber ich glaube nicht, dass Lord Hugh es billigen würde, wenn … «
»Nicht billigen? Habt Ihr das gehört, Bruder?« Father Bryce’ Kichern klang ungläubig. »Was würde er nicht billigen, mein Sohn, was denkst du? Dass Lady Emmalyn Trost bei der Kirche sucht oder dass wir ihn ihr gewähren, jetzt, da sie ihn so offensichtlich braucht?«
Der Wachposten räusperte sich, als wäre ihm die Frage unangenehm. »Lord Hugh hat angeordnet, dass niemandem heute Nacht Zutritt gewährt werden darf, Father. Der Bruder und Ihr werdet jetzt gehen müssen.«
»Mein Sohn«, sagte Father Bryce sanft, »ich bin ein Mann Gottes, gebunden an meinen Schwur, meinen Schäfchen zu dienen. Solange diese Frau zu meiner Gemeinde gehört, ist es meine Pflicht, ihr zur Verfügung zu stehen. Und jetzt wären Bruder George und ich dir sehr verbunden, wenn du uns passieren ließest, damit wir uns um sie kümmern können, wie sie es erbeten hat.«
»Wenn es Euch nichts ausmacht, Father, dann halte ich es für das Beste, zuvor mit Lord Hugh zu sprechen.«
Father Bryce stieß ein ungeduldig klingendes Schnauben aus. »Sehr schön, mein Sohn. Wenn du das Gefühl hast, du kannst diese Entscheidung nicht allein treffen, dann sollte ich dir vielleicht etwas geben, was es dir leichter macht … «
Einen Moment später wurde die Zimmertür knarrend geöffnet. »Ihr habt eine Viertelstunde, Father, nicht länger.«
»Gott segne dich, mein Sohn«, sagte Father Bryce, während er und ein schlanker Mönch, dessen Kopf in der Kapuze seiner braunen Kutte fast ganz verschwunden war, die Schwelle überschritten. »Wenn es dir nichts ausmacht – dies ist eine sehr persönliche Angelegenheit.« Mit diesen Worten
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