Der dunkle Ritter (German Edition)
stehen.«
Cabal nahm diesen Einwand mit einem lässigen Achselzucken zur Kenntnis. »Wir werden niemanden anwerben müssen. Ich glaube, dass Fallonmour genug kräftige Männer hat, um eine ansehnliche Armee aufzustellen.«
Diese Worte riefen bei einigen der Ritter verwirrte Blicke hervor. Sir Miles sah Cabal an, als habe dieser in Rätseln gesprochen. »Aber es ist genau so, wie ich es Euch gesagt habe, Mylord. Es gibt nicht mehr Männer als die, die hier versammelt sind.«
Cabal nickte und wandte sich an die Ritter. »In Palästina sind unsere Armeen auf den Widerstand einer jeden Person gestoßen, die in der Lage war, eine Waffe zu halten. Niemand war zu unschuldig oder zu niedrig geboren, um zur Verteidigung seines Landes und Glaubens zu einer Waffe zu greifen.« Unter allgemeiner Verwirrung fuhr Cabal mit seiner Erklärung fort. »Die Sarazenen haben sich zusammengeschlossen – Krieger ebenso wie einfache Männer – und dank ihrer gehört das Heilige Grab in Jerusalem noch immer ihnen.«
Ein langes Schweigen breitete sich aus, ehe einer der Ritter das Wort ergriff. »Schlagt Ihr vor, dass wir Fallonmours Bauern bewaffnen sollen?«
»Mehr als das. Ich schlage vor, dass wir sie im Kampf ausbilden.«
»Ein Leibeigener missachtet Gottes Gebot, wenn er gegen einen Edelmann die Waffe erhebt«, warnte ein Mann.
»Dann werden wir diejenigen von ihnen zu Rittern machen, die sich als fähig erweisen.« Cabal beobachtete die beleidigten Blicke, die zwischen den in ihrer Ehre gekränkten Kriegern ausgetauscht wurden, und war sich der Feindseligkeit bewusst, die er hervorgerufen hatte. Er schwieg einen Moment, um die Männer schmoren zu lassen, bevor er noch ein wenig mehr Öl ins Feuer goss. »Holt jeden gesunden Mann von seinem Acker und bringt ihn mir, und ich stehe dafür ein, dass wir einen Soldaten aus ihm machen werden. Einen besseren, das wette ich, als irgendeiner von euch es ist.«
Diese dreiste Herausforderung rief bei den Männern Hohn und Spott hervor, genau wie Cabal es erwartet hatte. Er wollte sie empört und wütend haben. Er brauchte jeden Einzelnen von ihnen stark und dazu entschlossen, ihm zu beweisen, dass er sich irrte. Denn ihr Zorn würde sie mehr befeuern als alles, was er ihnen sonst in diesem Moment hätte sagen können. Doch nur Sir Miles schien zu begreifen, was Cabal bezweckte. Der alte Captain warf ihm einen wissenden Blick zu, dann folgte er ihm an den Rand des Übungsplatzes, während die Ritter ihre Waffen aufnahmen und zu einer strammen Runde Kampfübungen ansetzten.
»Glaubt Ihr wirklich, Euer Plan wird aufgehen?«, fragte Sir Miles hoffnungsvoll, als er und Cabal allein im Schatten des Turmes standen.
»Ich glaube nicht, dass ich ein ganzes Feld voller Bauern binnen weniger Tage zu kampferprobten Rittern machen kann«, gab Cabal zu. »Aber ich werde sie ausbilden, als hätte ich genau das vor, und wenn Hugh kommt, wird er eine ganze Armee vor sich sehen, die diese Mauern bewacht.«
Der ergrauende Ritter seufzte schwer, aber in seinen Augen lag eine Spur von Respekt. »Es ist ein großes Risiko und überdies keines, das ich gewagt hätte, aber ich glaube, was Ihr sagt, ist möglich. Ich werde Euren Plan auf jede mir mögliche Weise unterstützen.«
Cabal blickte auf die ausgestreckte Hand des Captains, ein wenig überrascht über diese Geste. Er war nicht daran gewöhnt, mit anderen zusammenzuarbeiten, er zog es vor, eine Aufgabe allein zu schultern. Aber etwas in dem verschwörerischen Blick des alten Mannes berührte Cabal, und ehe es ihm bewusst wurde, hatte er Sir Miles’ Hand ergriffen und sie zur Bestätigung – und Anerkennung – seines Angebots zur Zusammenarbeit gedrückt. »Dann lasst uns anfangen«, sagte er mit einem Lächeln.
6
Als an diesem Abend das Essen aufgetragen wurde, hatte Emmalyn noch immer den Waffenlärm der Kampfübungen im Ohr. Den ganzen Tag lang hatte der Hof unterhalb ihres Zimmers vom Klirren der Waffen und den heiseren Rufen der Männer widergehallt, die für den Krieg übten. Sie runzelte die Stirn, wenn sie nur daran dachte. Weniger als ein Tag war vergangen, und Sir Cabal hatte es geschafft, fast den ganzen Frieden zu zerstören, der einmal ein so wichtiger Teil des Lebens auf Fallonmour gewesen war.
In ihrer derzeitigen Gemütsverfassung konnte sie sich kaum auf ihr Gespräch mit Father Bryce konzentrieren, dem betagten Geistlichen Fallonmours. Der Kaplan mit der Tonsur saß zu ihrer Linken am Herrentisch und sprach jetzt schon geraume
Weitere Kostenlose Bücher