Der dunkle Ritter (German Edition)
reckte sich nach dem Kerzenvorrat. Ihre Finger schlossen sich um ein paar der Wachslichter, als sich Schritte dem Zimmer näherten. »Es ist schon gut, Bea, ich habe selbst welche gefunden.«
»Es ist nicht das Mädchen, Mylady.«
Beim Klang von Sir Cabals tiefer Stimme zuckte Emmalyn zusammen und verlor fast das Gleichgewicht. Nur die starken Hände des Ritters, die sich um ihre Taille legten, hielten sie auf der Leiter, während die Kerzen zu Boden fielen und in alle vier Ecken des Zimmers rollten.
»Ich halte Euch«, sagte er hinter ihr. »Geht es Euch gut?«
Emmalyn klammerte sich noch immer fest an die Leiter und wandte sich nicht um. Sie konnte es nicht, weil das Gefühl seiner starken Hände um ihre Taille ihr die Röte in die Wangen hatte steigen lassen. Zitternd, und nicht nur aufgrund des verhinderten Sturzes, sondern vor allem wegen ihrer seltsamen Reaktion auf seine Berührung, konnte sie nur stumm verharren.
»Geht es Euch wirklich gut, Mylady?«, wiederholte er, und es klang nun ein wenig besorgter.
»Ja«, sagte sie schließlich. »Es geht mir gut.«
Cabals Hände verweilten einen Herzschlag länger als nötig um ihre Taille, fast als würde er sie spüren wollen. Emmalyn versteifte sich, als sie durch den dünnen Stoff ihres Nachtgewandes die Kraft und die Macht jedes einzelnen seiner Finger spürte. Es war lange her, dass ein Mann sie berührt hatte, und sei es auch nur, um sie vor einem Sturz zu bewahren. Sie musste an die Hände ihres Ehemannes denken und entschied, dass sie es nicht gemocht hatte, von ihm angefasst zu werden.
Zu ihrer Erleichterung lockerte Cabal seinen Griff, und er ließ sie los. »Ich wollte Euch nicht erschrecken.«
»Es ist schon gut.« Sie stieg von der Leiter und ging an ihm vorbei, um die heruntergefallenen Kerzen aufzuheben. Dabei fragte sie sich beunruhigt, was gerade eben mit ihr geschehen war und warum sie sich in seiner Gegenwart immer so unsicher fühlte. Nervös, weil er sie beobachtete, kniete sie sich hin, um die letzte Kerze aufzuheben … zur selben Zeit streckte Cabal die Hand aus, um es ihr gleichzutun. Ihre Hände berührten sich. Es war eine unerwartete, wenn auch nur kurze Begegnung, die Emmalyn als zu heiß, als zu verwirrend empfand. Sie zog die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt.
»Bitte!«, bat sie bestürzt und verzweifelt. »Ich will Eure Hilfe nicht – ich brauche sie nicht!«
Sie konnte ihn nach diesem unerklärlichen Ausbruch weder ansehen noch die Kraft aufbringen, sich von den Knien zu erheben und aufzustehen. Mit stockendem Atem und vor Verlegenheit gerötetem Gesicht kniete Emmalyn auf dem Boden und drückte die zerbrochenen Kerzen an ihre Brust. Sie wünschte nichts mehr, als dass Cabal sich abwenden und das Zimmer verlassen würde. Sie betete darum, dass er nichts sagen würde, dass er sie einfach ihrem Alleinsein überließ – jetzt und für die restliche Zeit seines Aufenthaltes auf Fallonmour.
Zu ihrem Entsetzen blieb er jedoch.
Schlimmer noch, er ignorierte ihre Ablehnung, indem er seine Hand unter ihren Ellbogen legte und ihr aufzustehen half. Wortlos nahm er ihr die Kerzen ab und legte sie zur Seite – und ließ Emmalyn dastehen mit nichts, an dem sie sich hätte festhalten können, mit gar nichts zwischen ihnen. Als sie die Arme sinken ließ, zitterten ihre Hände, und sie klammerten sich an den dünnen Stoff ihres Gewands. Sie fühlte einen Sturm panikerfüllter Erwartung in sich wüten, als Cabal sich ganz nah vor sie stellte. Sein eindringlicher Blick war zu bohrend, als dass sie ihm hätte vertrauen können.
»W-was wollt Ihr?«
Sie hatte wissen wollen, warum er in das Zimmer gekommen war, aber zu ihrem Schrecken klangen die gestammelten Worte eher wie die entsetzte Frage nach seinen gegenwärtigen Absichten. Und Emmalyn musste zugeben, dass sie zu einem großen Teil auch entsetzt war. Sie fühlte sich wie eine Fliege, die ins Netz einer Spinne gelockt worden war, und wich einen Schritt zurück.
Sir Cabal bewegte sich so rasch, dass ihr erst bewusst wurde, dass er einen Schritt getan hatte, als seine breite Brust nur wenige Zentimeter vor ihrer Nase aufragte. Er legte Emmalyn die Hand unters Kinn und hob es leicht an, um sie zu zwingen, ihn anzusehen. »Warum habt Ihr solche Angst vor mir?«
»Ich … «
Sie wollte abstreiten, dass er ihr Angst einflößte, aber die Worte kamen ihr nicht über die Lippen. Dabei wusste sie, dass ihre Unfähigkeit, sie auszusprechen, sie in seinen Augen noch weniger
Weitere Kostenlose Bücher