Der dunkle Ritter (German Edition)
schätzenswert machten. In Wahrheit hatte sie Angst vor ihm. Sie fürchtete sich, aber aus Gründen, die er niemals verstehen würde. Gründe, die sie niemals enthüllen würde. Emmalyn konnte nur sprachlos den Kopf schütteln und hilflos in diese silbernen Augen starren, die im schwachen Lichtschein hart funkelten.
»Denkt Ihr, ich sei hergekommen, um Euch wehzutun, Mylady?«
»N-nein.«
»Nein?«, wiederholte er. »Was dann? Vielleicht, um Euch zu vergewaltigen?«
Emmalyn schluckte mühsam, ihre Augen waren weit aufgerissen. »Bitte, Mylord, Ihr –«
Sie versuchte, einen Schritt zurückzuweichen, und stolperte fast. Cabal hielt sie mit sanfter Hand fest. »Ihr zittert«, sagte er ruhig.
Sie konnte kaum noch atmen. »Bitte, fasst mich nicht an.«
»Nein«, beruhigte er sie, »nicht, wenn Ihr nicht wollt, dass ich es tue.« Ein langer Augenblick verstrich, bevor seine Stimme das Dämmerlicht zerschnitt. Sie klang wie rauer Samt. »Warum seid Ihr so ängstlich? Ist Garrett der Grund für Eure Scheu im Umgang mit Männern? War er unaufmerksam, Mylady? Ungeschickt darin, Euch zu lieben?«
Emmalyn wandte den Blick ab. Sie war unfähig, es abzustreiten, doch sie wünschte verzweifelt, dass er die Schande ihrer Ehe nicht weiter ausgrub. »Mylord, Ihr geht zu weit.«
»Vielleicht«, erwiderte er, doch seine Antwort war ohne jede Entschuldigung oder Reue. Er streckte die Hand aus und strich Emmalyn eine Haarlocke hinter das Ohr. Er hob ihr Gesicht zu sich empor und zwang sie, seinem verhangenen Blick standzuhalten. »Aber ich bin nicht Garrett«, sagte er leise.
Emmalyn konnte nicht antworten. Sie mochte sich noch so dagegen wehren, aber sie konnte unter dem Ansturm seines unwiderstehlich verführerischen Blickes nicht einmal mehr atmen.
»Vielleicht haltet Ihr mich für nicht besser als ihn«, sagte Cabal mit einem grimmigen Lächeln. »Vielleicht haltet Ihr mich gar für schlimmer. Seht Ihr mich als eine Art Schurken, Lady Emmalyn? Verabscheut Ihr mich vielleicht ebenso sehr, wie Ihr dieses Ungeheuer verabscheut – diesen Blackheart?«
»Seid Ihr das?«, fragte sie atemlos.
Seine Lippen verzogen sich spöttisch. »Manchmal«, flüsterte er und ließ seine warmen festen Finger über ihre Wange gleiten.
Emmalyn zitterte bei dieser leichten Berührung. Trotz der Gefahr, die sie spürte, weil sie diesem finsteren, geheimnisvollen Mann so nah war, weil er sie so leicht verletzen konnte, fühlte sie sich ungewollt von ihm erregt.
Vielleicht war es das dämmrige, blasse Licht, das sein Gesicht so faszinierend attraktiv machte und den scharfen Schnitt seines Mundes weniger grausam aussehen ließ. Vielleicht war es ihre eigene Einsamkeit, die seine Berührung so magisch machte, die diesen harten Krieger so sanft erscheinen ließ.
Es musste ohne Frage Wahnsinn sein, was Emmalyn veranlasste zu bleiben, wenn doch jede Faser ihres Seins sie mahnte zu fliehen. Nur Wahnsinn konnte es möglich machen, seinem Blick standzuhalten, der jetzt vor kaum verhüllter Lust dunkler wurde. Nur Wahnsinn würde zulassen, dass sie reglos verharrte, als er sich langsam über sie beugte …
»Verzeihung, Mylady … ich habe Eure Kerzen.«
Beas unsichere Stimme von der Tür her zerstörte den Augenblick wie ein Hammer, der auf Glas schlägt. Emmalyn riss sich von seinem Blick los und wich vor Cabal zurück – in schierer Verblüffung darüber, was sie ihm gestattet hätte, wären sie noch länger allein gewesen. Ein Kuss, eine unerlaubte Umarmung – mochte es auch noch so verwerflich sein, aber sie hätte ihm noch mehr als das erlaubt …
Erfüllt von der Macht seines Wissens darum, blieb sein schamloser Blick auf sie gerichtet, und der Funken des Verlangens glühte noch immer in seinen Augen. Ihre bohrende Eindringlichkeit traf Emmalyn bis ins Mark und machte sie zittern. Er wusste, dass sie ihn begehrte. Er wusste, dass sie in jenem Moment bereit gewesen war und er sie hätte nehmen können. Doch am schlimmsten war, dass sie es noch immer war. Und dass er es wusste.
Emmalyn schluckte hart. Sie legte die Hand auf die Lippen, die zu ihrem Entsetzen noch immer vor Verlangen nach seinem Kuss brannten. Ohne das Mädchen zu beachten oder ein Wort der Entschuldigung zu sagen, machte sie auf dem Absatz kehrt und lief davon. Sie wagte nicht einmal, stehen zu bleiben und Luft zu holen, bis sie in ihrem Zimmer war und die Tür hinter sich verriegelt hatte.
7
Die Messe zu Ehren von Fallonmours gefallenem Lord begann am darauffolgenden Tag
Weitere Kostenlose Bücher