Der dunkle Ritter (German Edition)
quälte sie, als sie ihm in eisigem Schweigen zu den Pferden folgte.
Heilige Muttergottes, sogar jetzt, obwohl sie dagegen ankämpfte, sehnte sich ihr Mund nach seinem Kuss. Ihr Körper sang noch von der Erinnerung an seine Berührung. Mochte sie auch noch so sehr dagegen ankämpfen – trotz ihrer Furcht, trotz ihres Zorns auf ihn und alles, für das er stand, begehrte ein unvernünftiger Teil von ihr ihn noch immer.
9
Pete kauerte im knöcheltiefen Morast und hielt die Arme weit ausgebreitet. Die Mittagssonne brannte gnadenlos auf ihn herunter und fügte ihre Hitze dem Schweiß seiner Betätigung hinzu. Aber der Soldat in der Ausbildung schien es nicht zu bemerken. Er blies sich eine Haarsträhne aus den Augen und schob die weiten Ärmel seiner Tunika hoch, als er sich zu einer weiteren Runde des Kampfes bereit machte. Einige Schritte vor ihm stand sein schnaubender Gegner und begegnete Petes Entschlossenheit mit einem gelassenen Blick aus glänzenden Augen.
»Komm schon, du elender Schweinesohn«, trieb Pete seinen Widersacher an. »Lass sehen, ob du dieses Mal an mir vorbeikommst!«
Mit einem Knurren sprang er vor.
Das dicke kleine Ferkel schoss quiekend nach rechts davon, und zum x-ten Mal in der letzten Stunde vollführte Pete einen Sturz kopfüber in den breiigen stinkenden Matsch. Mit dem Gesicht nach unten lag er dort, hieb mit der Faust in den Schlamm und machte sich mit einem derben Fluch Luft, ehe er sich auf die Knie erhob und sich den Schmutz vom Gesicht wischte. Auf der anderen Seite des Pferches hatte das Ferkel inzwischen begonnen, am Zaun entlangzuschnüffeln, wobei es genüsslich die wenigen Grashalme zupfte und kaute, die zwischen den Latten hervorlugten.
Pete stand auf. Mit einem mörderischen Schrei rannte er rutschend und schlitternd durch den Pferch und stürzte sich von Neuem auf das Ferkel. Ein weiterer heftiger Angriff, eine weitere gescheiterte Gefangennahme. Über alle Maßen wütend, jagte Pete jetzt dem Tier hinterher, umrundete das kleine eingezäunte Areal wie ein schmutzverkrusteter Wahnsinniger, während das Ferkel fröhlich grunzte und Petes Windmühlenflügelarmen hakenschlagend auswich.
Cabal beobachtete die Jagd von der anderen Seite des Zaunes aus. Dabei achtete er sorgsam darauf, sich keinen seiner Zweifel anmerken zu lassen, während Pete sich wieder einmal aufraffte und einen weiteren ergebnislosen Angriff unternahm. Dieses erbarmungswürdige Geschehen wiederholte sich, bis Pete sich schließlich ergab und die Arme hob und sich zu Cabal schleppte. Er keuchte vor Erschöpfung. In der gegenüberliegenden Ecke des Pferches verkündete sein rundlicher rosafarbener Kontrahent seinen Sieg mit einer Runde überschwänglicher Grunzlaute.
»Mylord, ich bitte Euch, gebt mir den Säbel, damit ich ein für alle Mal diese Übung abschließen kann.«
Cabal zuckte unter dem üblen Geruch zusammen, den Pete verströmte, und streckte abwehrend die Hand aus, damit der Junge ihm nicht zu nahe kam. »Die Absicht ist nicht, das Ferkel zu töten, Pete, sondern es zu fangen.«
Missmutig runzelte Pete die Stirn. »Im Moment würde ich den verfluchten Verräter am liebsten ausweiden.« Er fuhr sich mit dem schmutzigen Ärmel über die Stirn und spuckte dann aus, um den Dreck aus seinem Mund loszuwerden. »Mylord, ich weiß nicht viel über Kriegführen und Ritter, aber ich verstehe nicht, wie ich etwas darüber lernen kann, wenn ich den Tag damit verbringe, hinter diesem dummen Tier herzujagen.«
»Ah, Pete, du wirst nie ein Ritter sein, wenn du deine resignierende Haltung nicht aufgibst. Und außerdem versichere ich dir, dass dieses Ferkel in der letzten Stunde sehr viel mehr Schläue gezeigt hat als du.«
Pete sah gekränkt aus.
»Ich sage nicht, dass du nicht schlau bist«, versicherte Cabal ihm. »Ich meine vielmehr, dass du lernen musst, klug zu kämpfen. Jenes Ferkel ist nur ein Tier und ganz bestimmt im Denken nicht besser als du. Du bist klüger, und du bist zehnmal größer, und doch warst du es, der am Ende aufgeben musste. Weißt du, warum?«
»Ich war müde«, brachte Pete zu seiner Verteidigung vor.
»Genau. Und damit kennst du das Geheimnis, mit dem fast jede Schlacht zu gewinnen ist, Pete.«
Der Junge schnaubte verwirrt und kratzte sich die Stirn. »Das Geheimnis, Mylord?«
»Glaubst du, dass es immer der stärkste Mann ist, der einen Kampf gewinnt?«, fragte Cabal. »Glaubst du, es ist der Mann, der das größte Können im Umgang mit einer Klinge beweist, der immer
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