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Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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musste. Es war eine Tatsache, die Emmalyn mehr dem Stolz des Jungen zuschrieb als seiner Unfähigkeit, seinen Schmerz zu äußern. Sie schaute in dunkelbraune Augen und sah den Glanz der Intelligenz darin, eine Gewieftheit, die ihn vermutlich vor vielen Wirrnissen gerettet hatte. Man hätte meinen können, dass er auch klug genug hätte sein müssen, dem grausamen Rohling aus dem Weg zu gehen, der ihm die schrecklichen Verletzungen zugefügt hatte – wer immer es gewesen war.
    Emmalyn wollte ihm sein Los nicht dadurch noch erschweren, dass er noch länger festgehalten wurde. »Lasst ihn los, bitte«, befahl sie Cabal.
    Sogleich wurde der Griff des Ritters etwas weniger schmerzhaft, blieb aber trotzdem fest. »Seid Ihr sicher, Mylady? Wenn er Euch wehgetan hat … «
    »Nein«, beharrte sie. »Es geht mir gut, und Ihr selbst habt versucht, mich zu warnen, ihm nicht zu nahe zu kommen. Dieser Junge hat entsetzlich große Angst. Er hat nur getan, was sein Instinkt ihm befohlen hat. Bitte, Cabal, lasst ihn jetzt los.«
    »Ich sollte ihn eigentlich dazu bringen, mich zu seinen Leuten zu führen. Dann fände die Dieberei ein rasches Ende.«
    Als der Junge heftig um sich zu schlagen begann, wusste Emmalyn, dass ihre Vermutung richtig war. Er konnte hören und sie verstehen; er zog es lediglich vor zu schweigen. »Mylord«, beschwor sie Cabal und legte ihm die Hand auf den Unterarm, »bitte lasst ihn los.«
    In dem Augenblick, in dem Cabal seinen Griff lockerte, schlüpfte ihm der Junge aus den Händen und floh auf das schützende Dickicht zu. Als er den Saum des Farnkrauts erreicht hatte, zögerte er und schaute zurück, als erwartete er, dass sie ihn verfolgen würden. Dann tauchte er in das Grün ein und verschwand, nicht mehr als ein sich zurückziehender Wirbel aus knackenden Zweigen und brechenden Ästen.
    Im nächsten Augenblick war Sir Cabal an Emmalyns Seite und half ihr auf die Beine. »Geht es Euch gut, Mylady?«
    »Ja«, sagte sie und strich sich den Rock unter ihrer wollenen Tunika glatt. »Mir geht es gut.«
    Sie begegnete seinem Blick und spürte, wie ihre Wangen sich röteten, als sie daran denken musste, was zwischen ihnen hätte geschehen können, wäre der Junge nicht gewesen. »Ich glaube, es ist das Beste, wir kehren jetzt zur Burg zurück, Mylord.«
    »Natürlich«, stimmte er zu. Seine Augen hatten nichts von ihrem unzüchtigen Glühen unter dem Glanz unbeugsamer Kampfbereitschaft verloren. »Ich werde Euch zur Burg zurückbringen und dann mit der Garnison die Gegend nach dem Jungen und seiner räuberischen Sippe absuchen.«
    »Nein«, widersprach Emmalyn, die nicht noch größeren Schaden anrichten wollte. »Sie stehlen nur Nahrungsmittel, Mylord. Ich halte es nicht für erforderlich, sie zu vertreiben.«
    Er sah sie zweifelnd an. »Ihr habt ein mitfühlendes Herz für jene, die weniger Glück haben als Ihr, Mylady. Vielleicht zu mitfühlend, denn mehr Vorsicht vor diesen Herumtreibern könnte Euch vor Gefahr bewahren.«
    »Ich würde diesen Menschen lieber helfen, wenn ich es könnte.«
    »Indem Ihr zulasst, dass sie Eure Lagerhäuser und Obstgärten plündern?« Er schüttelte den Kopf und lachte leise, als hielte er sie für eine weichherzige Närrin. Diese Reaktion hatte Emmalyn zu oft von Garrett erfahren, um sie jetzt auf sich sitzen zu lassen.
    »Ihr wollt, dass sie stattdessen hungern?«, fragte sie herausfordernd und fühlte sich fast gekränkt, dass er so gleichgültig sein konnte, wenn es um die Armen ging. »Ich werde sie nicht hungern lassen, während Fallonmours Bäume so viele Früchte tragen, dass sie auf der Erde verfaulen oder in unseren Lagern ungenießbar werden.«
    »Die Art von Hilfe, die Ihr beschreibt, wird sie nur noch weiter verderben, Mylady. Und ich sage Euch, dass sie Euch und dieser Burg nur Ärger einbringen wird. Ich habe nicht die Absicht, es so weit kommen zu lassen.«
    »Ungeachtet dessen, was ich für das Beste halte?«
    Er schwieg lange auf diese Herausforderung hin, während sie wütend wartete. »Ich werde Euch jetzt zur Burg zurückbringen, Mylady«, sagte er schließlich.
    Vielleicht musste sie mit aller Macht daran erinnert werden, dass dieser Mann nicht ihr Verbündeter, sondern ihr Bewacher war. Emmalyn blickte in seine harten grauen Augen und war auf ewig dankbar, dass sie nicht so dumm gewesen war, zu einer weiteren seiner Eroberungen geworden zu sein. Aber die Einsicht, dass sie vor wenigen Momenten noch ganz kurz davor gewesen war, sich ihm zu ergeben,

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