Der dunkle Ritter (German Edition)
nicht allein sein wird, wenn ich dabei etwas zu sagen habe!«, lachte das andere Mädchen.
»Sir Cabal ist mehr Mann als jeder andere hier«, gluckste Bea. »Vielleicht sollten wir ihn uns teilen!«
Die Amme und die beiden Mädchen brachen in fröhliches Lachen aus, das sofort an Emmalyns Nerven zu zerren begann. Schließlich konnte sie das dauernde Geplapper nicht mehr länger ertragen und beschloss, ihre Arbeit am nächsten Morgen fortzusetzen. Mit der Anweisung für die Mädchen, ihre Arbeit fertig zu machen und nicht zu vergessen, anschließend die Kerzen zu löschen, verließ Emmalyn das Frauengemach und begann den kurzen Aufstieg die Wendeltreppe hinauf. Auf halbem Wege beschloss sie jedoch, nach Sir Cabal zu sehen, sei es auch nur, um sich zu vergewissern, dass er im Turm war und nicht unglückliche Bauern malträtierte, wie es seine Absicht zu sein schien.
Jeder Schritt schien eine Ewigkeit zu dauern und ließ Emmalyn genügend Zeit, sich zu fragen, ob es klug war, ihn zu so später Stunde aufzusuchen. Aber falls sie noch mehr Gründe brauchte, um ihren Besuch zu rechtfertigen, so glaubte sie, genügend davon zu haben. Im Rahmen ihrer Rechte stand es ihr zu, zu erfahren, welche Fortschritte er heute mit der Ausbildung der Garnison gemacht hatte. Und seine Meinung hinsichtlich der Sicherheit der Burg zu erfragen. Es gab also keinen Anlass für ihn, die Absicht ihres Besuches misszuverstehen.
Dennoch zögerte Emmalyn, als sie den obersten Treppenabsatz erreicht hatte. Mit nervösen Händen strich sie die von ihrer Arbeit übrig gebliebenen Wollfasern von ihrem tiefblauen Rock und kam sich wie eine Närrin vor, weil sie ein so feines Silbergewand angelegt hatte. Nicht dass sie es gewählt hatte, um ihm zu gefallen; nein, sie war ihr langweiliges grobes Gewand einfach leid geworden und hatte eine Veränderung gewollt. Und was sie empfunden hatte, als Cabal nicht zur Abendmahlzeit gekommen war, hatte gewiss nichts mit Enttäuschung zu tun gehabt, sondern eher etwas mit einer gewissen Neugier. Mit ihrem rechtmäßigen Interesse am Wohlergehen Fallonmours, das noch immer ihr Besitz war.
Nicht mehr als das.
Während Emmalyn sich mit diesen fadenscheinigen Vorwänden versah, wandte sie sich nach links und folgte dem Gang zu Cabals Kammer. Seine Tür stand gerade weit genug offen, um einen Schimmer von Kerzenlicht die Dunkelheit davor durchbrechen zu lassen. Emmalyn ging auf den flackernden Strahl goldenen Lichtes zu, ballte die Hände nervös zu Fäusten und öffnete sie wieder, als sie sich seinem Zimmer näherte.
Die Spitze ihres bestickten Schuhs hatte kaum den aus dem Zimmer fallenden Lichtstrahl berührt, als sie es hörte …
Das leise Lachen einer Frau.
Sie erkannte das kehlige weibliche Gurren, ohne hinsehen zu müssen, dennoch verleitete irgendetwas sie, in das Zimmer zu spähen. Emmalyn wagte nur einen schnellen Blick, nicht länger als einen Herzschlag, aber er war lang genug, um das Bild in seiner ganzen Lebhaftigkeit in sich aufzunehmen.
Die hübsche rothaarige Jane, die oft Garretts bevorzugter Zeitvertreib gewesen war, hatte ganz offensichtlich ihr Auge auf Sir Cabal geworfen. Der gut aussehende Ritter saß halb entkleidet auf der Bettkante. Seine gebräunte breite Brust war nackt und schimmerte im Kerzenschein wie dunkle Bronze. Den Kopf hielt er leicht nach vorn geneigt. Hinter ihm auf dem Bett kniete Jane, ihre großen Brüste quollen ihr fast aus dem geöffneten Mieder, während sie mit geübten Händen seinen Nacken und die Schultern durchknetete. In diesem Augenblick hatte sie Cabal etwas ins Ohr geflüstert, das ihn zum Lachen gebracht hatte, ein tiefes amüsiertes Grollen, das nach Emmalyns Dafürhalten die Verruchtheit des Vorschlags, den das Mädchen vermutlich gemacht hatte, nur Lügen strafen konnte.
Angewidert von sich selbst, weil sie sich zur Zeugin dieser Szene gemacht hatte, zog sich Emmalyn lautlos von der Tür zurück. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was sich als Nächstes in dem schummrigen Zimmer abspielen würde. Sie machte Jane wegen ihrer Schamlosigkeit keinen Vorwurf; als Garrett das Objekt ihres Interesses gewesen war, hatte Emmalyn fast so etwas wie Dankbarkeit für die Lüsternheit des Mädchens empfunden. Jetzt jedoch brannte sie vor Empörung lichterloh.
Es hätte ihr eigentlich egal sein müssen, wie – oder mit wem – Cabal seine Nächte verbrachte, aber seltsamerweise war es das nicht. Es machte ihr etwas aus, dass dieser Mann, der mit einem Blick
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