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Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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Stimme des Jungen hinter sich, ein erstickt klingendes Krächzen.
    »Warum hasst Ihr mich, Sir Cabal?«
    Cabal erstarrte. Dann, sehr langsam, wandte er sich zu dem Jungen um. Bei Gott, aber er fühlte sich wie der größte Rohling auf Erden, als er den Kummer in Wats Augen sah. Der Junge war klein für sein Alter – das Cabal auf sieben oder acht Jahre schätzte – , und er war schrecklich dünn und blass, wie ein Bettlerkind aus dem schlimmsten Elendsquartier. Wats Narben begannen zu verheilen, seitdem er nach Fallonmour gekommen war, und Emmalyn hatte dafür gesorgt, dass er so sauber und gut gekleidet war wie jeder andere ihrer Burgpagen. Aber abgesehen von alledem war Wat noch immer ein unsicheres ängstliches Kind, und seit Cabal ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte er sich ihm gegenüber nicht besser benommen als der dämlichste aller edlen Rohlinge.
    Ohne auf eine Antwort zu warten – oder die Möglichkeit, geschlagen werden – , wandte der Junge sich ab, um zu den Ställen zu gehen.
    »Warte«, sagte Cabal, bevor er davonlaufen konnte. »Wie alt bist du, Wat?« Die Augenbrauen des Jungen zogen sich zusammen, und er zuckte mit den Schultern. »Du weißt es nicht?«
    »Nein, Sir.«
    »Meinst du, dass du alt genug bist, auf einem Pferd zu reiten?«
    »Weiß nicht, Sir. Hab ich noch nie gemacht.«
    »Noch nie?« Cabal runzelte leicht die Stirn, als er nachdachte. »Nun, wenn du es schaffst, mir mein Pferd zu bringen, ehe ich meine Meinung wieder ändere, dann nehme ich dich heute vielleicht mit und bringe es dir bei.«
    Cabal hatte die Worte kaum ausgesprochen, da rannte Wat auch schon wie der Blitz davon. In seiner Aufregung und in seiner Eile, in den Stall zu kommen, verschüttete er einen Großteil des Wassers in seinem Eimer. Cabal wandte sich um, holte Wasser aus dem Brunnen hoch und begann sich zu waschen. Er fühlte sich ein wenig besser, weil er Wat den Vorschlag gemacht hatte. Er schätzte, dass er dem Jungen diese kleine Freude schuldete. Und sich selbst vermutlich auch.
    Ein Festtag war auch ein Tag, an dem die Burgbewohner ihre üblichen Pflichten für kurze Zeit einmal vergessen durften. Da die Dienerschaft dabei half, im Dorf die Mittsommerfeier vorzubereiten, hatte Emmalyn die ungewohnte Ruhe des Wohnturms ganz für sich. Außer ihr und Bertie war niemand da, um die Laken auszuschütteln und auszubessern, und Emmalyn empfand die Stille als Trost. Sie hatte bemerkt, dass die Garnison während des größten Teils des Vormittags ihren Übungen auf dem Hof nachgegangen war, aber seit einigen Stunden lag er jetzt verödet da, abgesehen von der gelegentlichen Ablösung der Soldaten, die auf dem Wehrgang patrouillierten. Bald würde die Dämmerung einsetzen und über das Land kriechen, und aus dem Dorf würde der Festlärm zu hören sein.
    Schon jetzt trug der Wind hin und wieder den Klang aufbrandenden Gelächters und tiefer Stimmen heran. Die Männer waren dabei, die Freudenfeuer vorzubereiten, die den Nachthimmel erhellen und die Luft mit dem schwindelig machenden Geruch von Buchenholz und dem verlockenden Duft von gewürztem geröstetem Fleisch erfüllen würden. Wie Emmalyn es an jedem Sankt-Johannis-Abend tat, hatte sie den Dorfbewohnern genügend Wildbret und Hammelfleisch zur Verfügung gestellt, um alle doppelt satt zu machen, dazu noch einige Fässer Rotwein und Bier.
    Aber während die Dorfbewohner wie die Lords feierten, begnügte Emmalyn sich mit einem leichten Abendessen aus kaltem Fleisch und Käse, ein Mahl, das sie sich mit Bertie in der Frauenkemenate teilte. Die Geräusche des Festes drangen in das Zimmer, und die alte Amme legte die Wolle beiseite, die sie gerade verspinnen wollte, und trat an das geöffnete Fenster.
    »Oh! Seht doch, Mylady«, rief sie mit einem Lachen, als Emmalyn keine Anstalten machte, zu ihr zu kommen. »Die Männer haben gerade das große Rad auf den Südhügel gebracht. Kommt schnell, Mylady, sonst werdet Ihr die Sommersonnenwende verpassen.«
    Emmalyn seufzte und legte ihre Arbeit aus der Hand, ging durch das Zimmer und stellte sich zu Bertie an das Fenster, auch wenn das Ritual, das wie jedes Jahr dort draußen durchgeführt wurde, ihr vertraut war. Die Männer des Dorfes hatten ein altes Karrenrad angezündet und ließen es den steilsten Hügel hinunterrollen. Das war nicht nur das Zeichen für den Beginn der nächtlichen Feier, sondern es symbolisierte auch den bevorstehenden Wechsel der Jahreszeiten. An diesem Tag hatte die Sonne ihren höchsten Stand

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