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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Arctor, wie weit das jeweilige Polizeifahrzeug sich seinem eigenen Wagen näherte und zu welcher Abteilung oder Behörde es gehörte – zur Stadtpolizei, zur Polizei des County, zur Highway Patrol, zur Bundespolizei, wozu auch immer. Darüber hinaus empfing er die in jeder Minute abgestrahlten Piepser, die Beamten in einem parkenden Fahrzeug zur Zeitkontrolle dienten – anhand dieser Signale konnten sie feststellen, wie lange sie schon warteten, ohne dauernd auf die Uhr sehen zu müssen, was ja Verdacht erregen konnte. Das war etwa dann von Nutzen, wenn es galt, in exakt drei Minuten ein bestimmtes Haus zu stürmen. Das Piepsen im Autoradio verriet den Beamten präzise, wann diese drei Minuten verstrichen waren.
    Ebenso wusste er über den Mittelwellensender Bescheid, der pausenlos Top-Ten-Hits und ähnliches Zeug sowie eine wahre Sturzflut von DJ-Gelaber sendete – DJ-Gelaber, das zuweilen jedoch etwas ganz anderes war. Wenn jemand das Radio auf diese Station einstellte und wie üblich nur mit halbem Ohr zuhörte, dann hatte dieser Jemand in der Regel den Eindruck, einen ganz gewöhnlichen Popmusiksender erwischt zu haben – jedenfalls merkte er nicht, dass der vorgebliche DJ manchmal in genau demselben gedämpften Plauderton, in dem er sagte: »Und hier ist eine Nummer für Phil und Jane, der neue Song von Cat Stevens mit dem Titel…« plötzlich Sachen sagte, die eher klangen wie: »Blaues Fahrzeug, rücken Sie eine Meile weiter nach Norden in Richtung Bastanchury vor. Alle anderen Einheiten…« und so weiter. Arctor hatte noch nie erlebt, dass einer der Typen oder eine der Bräute, die mit ihm gefahren waren, irgendetwas davon bemerkt hatte – nicht einmal dann, wenn er aufgrund einer dienstlichen Anweisung dazu gezwungen war, den Polizeifunk laufen zu lassen, weil gerade irgendwo eine Razzia oder eine andere Aktion stattfand, in die er womöglich einbezogen werden sollte. Nun, vielleicht hatte der eine oder andere doch etwas bemerkt, aber geglaubt, auf einem Horrortrip oder paranoid zu sein, und die ganze Sache schnell wieder vergessen.
    Er erkannte auch die vielen nicht als solche gekennzeichneten Polizeifahrzeuge – alte Chevys etwa, die mit dröhnenden (und illegalen) Doppelröhren sowie Rallyestreifen aufgemotzt waren und von wild aussehenden Freaks gesteuert wurden, die sich weder um Geschwindigkeitsbeschränkungen noch um andere Verkehrsregeln kümmerten –, weil die informationstragende Statik, die aus dem Radio drang, ihm ihre wahre Natur verriet, sobald sie an seiner Stoßstange klebten oder an ihm vorbeischossen. Er achtete schon gar nicht mehr darauf.
    Wenn er die Taste drückte, mit der man normalerweise das Autoradio von Mittelwelle auf UKW umstellte, dann quoll nicht nur ein von einer ganz bestimmten Station auf einer ganz bestimmten Frequenz gesendeter Strom sich endlos wiederholender, stupider Disco-Musik aus dem Lautsprecher, sondern zugleich schaltete sich auch ein im Radio installiertes Mikrophon ein, das von diesem Zeitpunkt an alles, was innerhalb des Wagens gesagt wurde, aufnahm, zerhackte und in die Zentrale sendete, wobei die lärmende Musik mittels eines Spezialfilters unterdrückt wurde. Von der Musik – wie laut sie auch immer dudeln mochte – bekamen die Leute in der Zentrale nichts mit, sie störte ihre Abhörtätigkeit nicht im Geringsten, der Spezialfilter eliminierte sie vollständig.
    Das also, was Barris zu besitzen behauptete, hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem, was er, Bob Arctor, der Undercover-Rauschgiftermittler, tatsächlich in seinem Autoradio hatte – aber darüber hinaus waren an seinem Wagen keinerlei weitere Modifikationen vorgenommen worden, weder an der Radaufhängung noch am Motor noch sonstwo, das wäre zu plump, zu auffällig gewesen. Außerdem konnten Millionen von Autofreaks die gleichen Umbauten an ihren Wagen vornehmen – deshalb hatte er sich nur darum bemüht, einen Wagen mit möglichst viel PS zugeteilt zu bekommen, und es dabei bewenden lassen. Ein Fahrzeug mit hoher Motorleistung kann eben jeden anderen Wagen überholen und abhängen. In dieser Hinsicht redete Barris Stuss – ein Ferrari etwa verfügte schon serienmäßig über Radaufhängungen, Getriebe und eine Lenkung, gegen die keine wie auch immer gearteten ›geheimen Modifikationen‹ ankamen, also zum Teufel damit! Bullen können sich ohnehin keine Sportwagen leisten, nicht mal billige. Von Ferraris gar nicht zu reden. Letztendlich ist es das fahrerische Können, das alles

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